KOM-Vorschlag zur Deckelung von Strommarkterlösen: Pauschale Deckelung würde zum Einbruch der Stromerzeugung aus Biomasse führen!

Berlin, 9. September 2022 - Die Europäische Kommission hat den Vorschlag unterbreitet, bei Erneuerbare-Energien-Anlagen alle Erlöse abzuschöpfen, die die Anlage am Strommarkt über einen Wert von 20 ct/kWh hinaus erzielt.

Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert im Namen der Bioenergieverbände: „Der Vorschlag der Europäischen Kommission (KOM), die Strommarkterlöse von Erneuerbare-Energien-Anlagen pauschal auf 20 ct/kWh zu deckeln, ist ein verheerendes Zeichen für die Bioenergiebranche und in Bezug auf Bioenergieanlagen offensichtlich nicht zu Ende gedacht. Es gibt entscheidende betriebs- und energiewirtschaftliche Unterschiede zwischen der Stromerzeugung aus Biomasse und der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie, die der Vorschlag schlichtweg ignoriert.

Zum einen haben Bioenergieanlagen Brennstoffkosten, die seit Beginn des Ukrainekriegs mit dem extremen Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Ressourcen, Düngemittel, Kraftstoffe und Technik ebenfalls stark gestiegen sind. Mit einer Deckelung der Strommarkterlöse bei 20 ct/kWh können die meisten Anlagen nicht mal ihre Brennstoffkosten decken, geschweige denn Rücklagen für Ertüchtigungsinvestitionen bilden. Das Ziel der Bundesregierung zur Überbrückung der Gasmangellage mehr Biogasstrom in den Markt zu bringen und mehr erneuerbare Wärme bereitzustellen, wird nicht nur konterkariert. Vielmehr droht eine Teilstilllegung des Anlagenbestands.

Zum anderen verlieren Bioenergieanlagen jeden Anreiz ihre größte energiewirtschaftliche Stärke auszuspielen: Die flexible, an den Bedürfnissen des Strommarkts orientierte Fahrweise. Diese stabilisiert nicht nur das Gesamtsystem, sondern dämpft auch den Anstieg der Börsenstrompreise in Zeiten, in denen Wind- und Solarenergie wenig Strom liefern können. Flexibilitätsanreize entstehen, wenn durch eine Verlagerung der Stromerzeugung in Zeiten mit hohen Börsenstrompreisen höhere Erlöse erzielt werden können. Nur so lohnen sich Investitionen in die Anlagenflexibilisierung. Aktuell liegen die Börsenstrompreise sowohl in Zeiten mit hoher als auch in Zeiten mit niedriger Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie über 20 ct/kWh. Eine Abschöpfung aller Mehrerlöse nähme folglich Bioenergieanlagen den Anreiz, ihre Stromerzeugung zu verlagern.

Holzheizkraftwerke verfügen zudem zum Teil über Wärmespeicher, um die Strom- von der Wärmebereitstellung zu entkoppeln. Dies hat den Vorteil, dass z.B. in Zeiten hoher PV-Einstrahlung (Mittagszeit) die elektrische Leistung zurückgefahren werden kann und die Energie (über den Bedarf hinaus) als thermische Leistung dem Wärmespeicher zugeführt wird. In Zeiten hoher Stromnachfrage und gleichzeitiger niedriger Erzeugungskapazität können Holzheizkraftwerke dann vermehrt Strom bereitstellen und die Wärmekunden werden in dieser Zeit über den Speicher versorgt. Um den hohen Investitionsbedarf für Wärmespeicher und eine Flexibilisierung der Energieerzeugung zu decken, sind ökonomische Anreize über den Strompreis nötig.

Die Bundesregierung muss deshalb unbedingt bei der Ausgestaltung der Erlösabschöpfung die Spezifika von Bioenergieanlagen berücksichtigen und sie von der pauschalen Deckelung der Strommarkterlöse bei 20 ct/kWh ausnehmen. Die Bioenergieverbände arbeiten bereits an konstruktiven Vorschlägen.“

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Jörg Schäfer
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