Biomethan - in Europa gefördert, in Deutschland ausgebremst
31.07.2025, Freising - Mit 21 Neuanlagen war der Zubau 2024 so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Insgesamt stehen damit 272 Biogas-Einspeiseanlagen in Deutschland, die knapp 1,4 Mrd. Kubikmeter Biomethan pro Jahr ins Gasnetz einspeisen. Das entspricht rund einem Drittel der in Deutschland geförderten Erdgasmenge oder 1,6 Prozent des deutschen Gasverbrauchs.
Dieser Anstieg sei jedoch marginal im Vergleich zu den enormen Anstrengungen, die im restlichen Europa unternommen werden, relativiert Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas, auf der heutigen Pressekonferenz, und gibt zu bedenken: „Dieses kleine Zwischenhoch kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Weltmarktführer Deutschland beim Biomethan allmählich den Anschluss verliert.“
Denn während die Europäische Union seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine mit ihrem RePowerEU-Plan die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland reduzieren und den Übergang zu sauberen Energien beschleunigen will, würde die Biogasproduktion in Deutschland seit Jahren ausgebremst, betont Seide.
Die von der EU veröffentlichte Roadmap zur Beendigung russischer Importe sieht eine Diversifizierung des für 2040 und 2050 prognostizierten Gasbedarfs in der EU von 100 – 150 Mrd. Kubikmeter pro Jahr vor: Biogas, Biomethan und Bio-LNG werden dabei explizit genannt. Der Europäische Biogasverband (EBA) geht davon aus, dass dieser Bedarf perspektivisch nahezu vollständig über Biogas bereitgestellt werden kann.
Damit Deutschland seinen Beitrag innerhalb der europäischen Zielvorgaben leisten kann müsse dringend an den administrativen Schrauben gedreht und Perspektiven geschaffen werden, fordert Seide. Die Gasnetzregulierung für Biomethan in der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) war ein zentraler Treiber für den bisherigen Ausbau der Biomethaneinspeisung in Deutschland und Voraussetzung für zahlreiche Projekte, die sich noch in Planung und Umsetzung befinden. Zum 31.12.2025 endet die GasNZV. Auch wenn die aktuelle Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eine Übergangsregelung vorsieht, fehlt den Betreibern eine langfristige Perspektive – für Projekte, die in der Regel mehrjährige Planungsphasen haben und viele Millionen Euro kosten.
Erschwerend hinzu kommt ein von falsch deklarierten Kraftstoffmengen und Mehrfachanrechnungen zerrütteter Treibhausgas-Quotenhandel im Kraftstoffsektor, der für einen drastischen Preisverfall und eine massive Verunsicherung in der Branche sorgt.
„In Zeiten, in denen teure neue Gaskraftwerke und LNG-Terminals gebaut werden, Klimaschutzmaßnahmen und Speicherkapazitäten händeringend gesucht sind, wird der Biomethanmarkt sträflich vernachlässigt. Das ist für uns völlig unverständlich“, beklagt Seide.
„Für die EU prognostiziert der europäische Biogasverband EBA einen Zubau von 900 Biomethan-Anlagen in den kommenden 5 Jahren“, ergänzt Christoph Spurk, Vizepräsident des Fachverbandes Biogas und Vertreter der Firmen im Verband. Wovon einerseits zwar auch die deutschen Firmen profitieren, denn ohne den florierenden Export würden viele gar nicht mehr existieren. „Andererseits ist es ein Trauerspiel, mitansehen zu müssen, wie das Mutterland der Biogasnutzung immer weiter den Anschluss verliert – und Biomethan im Ausland gleichzeitig so viel Potenzial entfaltet.“ Noch sei „Biogastechnologie Made in Germany“ ein Qualitätskriterium und weltweit gefragt; man dürfe nicht auch noch die letzte verbleibende deutsche Erneuerbare Energien Technik verlieren, mahnt Spurk.
Deshalb fordert der Fachverband Biogas zeitnah eine dauerhafte Nachfolgeregelung für die GasNZV. Ebenso müsse die Treibhausgas-Quote und der Mindestanteil für fortschrittliche Kraftstoffe, speziell für das Jahr 2027, angehoben und wirksam Betrug verhindert werden.
Nicht zuletzt bedarf es spätestens nach der Notifizierung des Biomassepakets einer umfangreichen EEG-Novelle, die die Biomethanpotenziale realistisch ins Auge fasst und damit auch die flexible Vor-Ort-Verstromung hebt. Horst Seide unterstreicht: „Biogas ist volkswirtschaftlich immer günstiger als neue fossile Gaskraftwerke, schneller verfügbar und klimafreundlich. Durch die stärkere Nutzung von Biomethan und Bio-LNG werden Anlagen zudem dunkelflautenfähig.“
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