Energie-Kommune des Monats: Mühlenfließ-Schlalach

Dezember 2010

Vom neuen Windpark profitiert das ganze Dorf
In Brandenburg gelingt ein Paradebeispiel für planerische Bürgerbeteiligung. In der kleinen Gemeinde Mühlenfließ-Schlalach produzieren mittlerweile 16 Windkraftanlagen der Firma Enercon 60mal mehr Strom als die rund tausend Einwohner verbrauchen. Mehr als 70.000 Tonnen umweltschädliches Kohlendioxid jährlich können dadurch vermieden werden. Neben dem Klimaschutz profitiert die kleine Kommune im Landkreis Potsdam-Mittelmark auch wirtschaftlich vom Windpark. „Wir sind eine landwirtschaftlich geprägte Region und haben wenig gewerbegenutzte Fläche“, erklärt der Ortsbürgermeister Marcel Just. „Daher stellt der Windpark eine Möglichkeit dar, Steuereinnahmen zu generieren.“

Kommunale Wertschöpfung durch den Windpark
Die Firma Enercon als Bauherr und Betreiber des Windparks sieht die Investition als Beitrag zur regionalen Wertschöpfung. „Für uns ist es eine Herzensangelegenheit, dass Wertschöpfungsmöglichkeiten durch den Windpark in die Region zurückfließen“, so die verantwortliche Projektleiterin Dr. Vera Sibler. In der Betriebszeit von 20 Jahren fallen allein durch die 16 Anlagen mehr als 3,3 Millionen Euro Gewerbe- und Einkommensteuern für den kommunalen Haushalt an. Neben den kommunalen Steuereinnahmen und Aufträgen an das lokale Handwerk bietet die Verpachtung von kommunalen Flächen als Standort für Windenergieanlagen eine attraktive Zusatzeinnahme. Für eine 2,3-Megawatt-Anlage zahlt der Betreiber eine jährliche Pacht von 18.000 Euro. Ab dem 16. Jahr sogar 22.000 Euro. Somit ergeben sich Brutto-Pachteinnahmen von durchschnittlich 304.000 Euro jährlich.

Bürger und Betreiber arbeiten eng zusammen
Die Planung des Windparks reicht weit zurück. Bereits 2002 wurde durch die Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming die Fläche bei Schlalach als Eignungsfläche ausgewiesen. Die Fläche ist im Besitz von 135 Grundstückseigentümern. Diese Kleinteiligkeit machte ein besonderes Vorgehen notwendig. Um die Interessen aller Grundstückseigentümer zu gewähren, gründeten die Bürger die Arbeitsgruppe „Windkraft in Schlalach“. Mitglieder der Arbeitsgruppe sind 15 Bürger mit und ohne Grundstück im Eignungsgebiet. „Wir einigten uns auf ein Flächenpachtmodell, das eine gerechte Aufteilung der Pachteinnahmen an alle Beteiligten garantiert“, erklärt Hartmut Höpfner von der Arbeitsgruppe Windkraft in Schlalach, die den Vertragsabschluss mit Enercon in die Wege leitete. „Entscheidend für den Zuschlag an Enercon war, dass Aufbau, Planung und Betrieb komplett aus einer Hand kommt.“ Das Flächenpachtmodell sieht vor, dass über einen Verteilerschlüssel alle Grundstückseigentümer im Eignungsgebiet einen Anteil an der Pacht erhalten. Hierdurch werden die Erträge gerecht vor Ort verteilt, ohne dass es zu einer Bevorzugung einiger weniger Eigentümer kommt. 20 Prozent der Gesamtsumme gehen an die Eigner, auf deren Grund und Boden eine Anlage steht. Die restliche Summe wird an alle anderen Grundstückseigentümer nach ihrem prozentualen Anteil an der Gesamtfläche ausgezahlt. Auf Wunsch der Schlalacher verwaltet der Betreiber Enercon den Flächenpachtfond. Auch die Einwohner, die keinen Gewinn aus der Verpachtung erzielen, bedachte die Arbeitsgruppe beim Vertragsabschluss. Eine Bürgerstiftung wurde gegründet, die 0,75 Prozent der Einspeisevergütung vom Betreiber erhält. Das sind umgerechnet etwa 50.000 Euro pro Jahr. Damit finanziert die Stiftung in Zukunft gemeinnützige Projekte, zum Beispiel in der Jugendarbeit, der Seniorenbetreuung und zur Unterstützung der gemeinnützigen Vereine im Ort.

Ausgleichsmaßnahmen sinnvoll eingesetzt für Mensch und Natur
Darüber hinaus wurden Ausgleichsmaßnahmen mit einem Volumen von über 700.000 Euro in Abstimmung mit der Gemeinde auf Flächen in der Region umgesetzt. Das Wegenetz ist ebenfalls so geplant und gebaut, dass nach Inbetriebnahme des Windparks die Anwohner und Landwirtschaftsbetriebe einen Nutzen davon haben.

Vorrang für die Netze, Netze für den Vorrang
Da, wo viel Strom produziert wird, müssen die richtigen Transport- und Verteilersysteme installiert werden. Um die großen Mengen an Windstrom auch transportieren zu können, wurde in Schlalach ein neues Umspannwerk im Windpark und eine unterirdisch verlegte 110 Kilovolt-Trasse errichtet. Von hier aus besteht eine Verbindung zum 380 Kilovolt-Netz der Vattenfall Europe Transmission. „Das Unternehmen Enercon hat für den Netzanschluss in der Region Teltow-Fläming mehr als 40 Millionen Euro in etwa 300 Kilometer Erdkabel investiert“, so Vera Sibler.

Eine Technik mit Tradition
Die Nutzung der Windkraft hat in der Region schon lange Tradition. Eine alte Holländerwindmühle bei Haseloff ist ein Wahrzeichen der Gemeinde. Auch in Schlalach gab es bis zum Ende des zweiten Weltkrieges eine Bockwindmühle, die damals leider abbrannte. Mühlenfließ-Schlalach knüpft an die Vergangenheit an und ist gleichzeitig für die Zukunft gerüstet. „Auch in Zukunft wird die Landwirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Allerdings werden wir die Erneuerbaren Energien als zweites Standbein ausbauen“, meint Ortsbürgermeister Just. „Neben dem Windpark wird die bioenergetische Nutzung der landwirtschaftlichen Produkte zur wichtigen Einnahmequelle werden.“ Zudem plant die Gemeinde gemeinsam mit Enercon die Errichtung von sechs weiteren Windrädern, so dass der Windpark dann auf 22 Anlagen anwächst. Zusätzlich haben Grundstückseigentümer und Bürger die Möglichkeit, eine Windkraftanlage schlüsselfertig zu erwerben und diesen in Eigenregie zu betreiben. Gespräche zwischen dem Betreiber, Gemeinde sowie der Arbeitsgruppe „Windkraft in Schlalach“ laufen bereits. Ein weiterer großer Schritt für die kleine Gemeinde hin zu einem überregionalen Energiestandort.