Energie-Kommune des Monats: Odenwaldkreis

Januar 2013

Im südhessischen Odenwaldkreis arbeiten die 100.000 Einwohner der 15 Gemeinden gemeinsam an der energetischen Modernisierung und dem Umbau der örtlichen Energieversorgung. Der Kreisverwaltung ist dabei besonders wichtig, dass die Bürger bei der Energiewende vor Ort mitmachen können. „In der Kreispolitik begrüßen wir es, wenn unser Ziel, die Region nach und nach auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umzustellen, mit Leben gefüllt wird“, berichtet der Landrat des Odenwaldkreises, Dietrich Kübler. Daher haben die Gemeinden und Städte des Kreises die Gründung der Energiegenossenschaft Odenwald eG (EGO) Anfang 2009 mit vereinten Kräften unterstützt. Einlagen von bisher rund fünf Millionen Euro ermöglichen die Realisierung vieler Projekte. Insgesamt erzeugen die 70 Photovoltaikanlagen und zwei Windkraftanlagen der Genossenschaft im Jahr rund 17,3 Millionen Kilowattstunden - genug für die Versorgung von rund 4.500 Haushalten mit Strom aus der Region.

Impulse für die Region

Aktuell sind etwa 1.400 Mitglieder in der Genossenschaft vertreten mit Einlagen von 100 bis 5.000 Euro. „Unseren Mitgliedern gewährleisten wir dadurch eine einfache, demokratische und transparente Möglichkeit, sich finanziell und ideell an der Energiewende vor Ort zu beteiligen“, erklärt EGO-Vorstandsvorsitzender Christian Breunig. Jedes Mitglied kann sich über eine jährliche Rendite von 3,5 Prozent freuen. Zudem ist es seit Januar 2013 für Genossenschaftsmitglieder möglich, EGO Naturstrom zu 25,2 Cent pro Kilowattstunde zu beziehen. Der Strompreis liegt somit unter dem des regionalen Energieversorgers. Die bisherigen Anlagen erzeugen genug Strom für rund 4.500 Haushalte und damit mehr als die Haushalte und Gewerbebetriebe in der Genossenschaft verbrauchen. Was sie nicht benötigen, wird ins Netz eingespeist und kommt anderen Verbrauchern zugute. Bilanziell deckt die installierte Leistung im Odenwaldkreis die benötigte Menge Strom.



Die EGO ist im Odenwaldkreis jedoch nicht nur Impulsgeber für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, sondern auch für Energieeffizienz, Energieeinsparung und regionale Wertschöpfung. Unter dem Namen „Meine Immobilie – Mein Projekt“ bietet sie Bürgern und Unternehmen etwa eine kostenlose Gebäudeanalyse unter dem Aspekt der Energieeinsparung an. „Dafür wurde eigens ein Netzwerk regionaler Handwerker und Energieberater aufgebaut“, so Breunig. Um die heimische Wirtschaft zu fördern, vergibt die EGO nach Möglichkeit Aufträge ausschließlich an regionale Firmen. In den letzten vier Jahren wurden Investitionen von 25 Millionen Euro in der Region getätigt. Mehr als 1.000 Aufträge wurden über die Plattform der Energiegenossenschaft an regionale Handwerksbetriebe vergeben und somit ein Auftragsvolumen von 6,5 Millionen Euro vor Ort gehalten. Die Kommunalverantwortlichen im Odenwaldkreis stehen hinter dem Engagement für die Energiewende, auch wenn sie selbst nicht an der EGO beteiligt sind: „Es ist gut, wenn sich Akteure wie zum Beispiel die EGO dafür so beherzt einsetzen“, findet Landrat Kübler.

Gemeinsame Ziele, gemeinsames Wachstum

Das gemeinsame Ziel der Gemeinden im Landkreis Odenwald ist es, den Energieproduktionsstandort weiter zu entwickeln und das Wachstumspotenzial der Erneuerbaren Energien auszuschöpfen. Dieses liegt laut Potenzialanalyse vor allem im Bereich der Biomasse sowie Wind- und Solarenergie. Gemeinsam mit der Region Starkenburg (Energie-Kommune des Monats September 2012) hat man auf der Neutscher Höhe das Bürgerwindrad WindStark 1 in Betrieb genommen. Die Genossenschaftsmitglieder beider Regionen profitieren von den Erträgen dieser interkommunalen Zusammenarbeit und wurden auch im Planungsprozess aktiv an den Entscheidungen beteiligt. Beim Kauf und der Sanierung eines viele Jahre leer stehenden Brauerei-Komplexes im Industriegebiet zwischen den Städten Erbach und Michelstadt wurden ebenso vorhandene Synergien genutzt wie bei der gebäudetechnischen Sanierung der Eigenheime. Nach dem Umbau zum „Haus der Energie“ befindet sich mittlerweile nicht nur die Geschäftsstelle der Genossenschaft im Gebäudekomplex. Öffentliche Institutionen der Kreisverwaltung wie das Bauamt, das Umweltamt des Landkreises sowie der Eigenbetrieb Bau- und Immobilienmanagement des Odenwaldkreises haben ihren Sitz ebenfalls hierhin verlegt.



Auf neuen Pulthallen und Car-Ports wurden bereits Photovoltaikanlagen installiert. In die neu entstandenen Büroräume und Hallen ziehen nach und nach Unternehmen aus den Bereichen Erneuerbare Energien, nachwachsende Rohstoffe und Energieeffizienz ein. Interessierte Bürger finden hier alle Ansprechpartner und Informationen zu Energie-, Bau- und Sanierungsfragen an einem Ort. Im „Haus der Energie“ ist seit 2012 auch das vom hessischen Wirtschaftsministerium geförderte Clusterprojekt der EGO beheimatet. Es bietet eine gemeinsame Plattform für rund 45 südhessische Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen aus den Bereichen regenerative Energien und Energieeffizienz. Das Netzwerk koordiniert den Wissenstransfer innerhalb der Branche und unterstützt seine Partner dabei, Kooperations-Projekte auf den Weg zu bringen und Fördermittel zu akquirieren.