Energie-Kommune des Monats: Zschadraß

März 2010

Für die sächsische Gemeinde Zschadraß, im Städtedreieck Leipzig – Chemnitz – Dresden gelegen, sind die Erneuerbaren Energien eine gute Investition in die Zukunft. Die Erträge aus der Wind- und Sonnenenergie fließen in kommunale Projekte wie den Kindergarten, ein Sommerlager oder den Gemeindefahrdienst. Treibende Kraft hinter dem Ausbau der Erneuerbaren Energien ist der seit 20 Jahren im Amt befindliche Bürgermeister Matthias Schmiedel: „Das Thema Erneuerbare Energien hat etwas mit Zukunftssicherung zu tun. Wir übernehmen heute Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. Außerdem können wir jetzt schon mit Erneuerbaren Energien Geld sparen und die eigene Wertschöpfung ankurbeln.“

Energieautonom bis 2050
Die Idee einer nachhaltigen Energieversorgung auf Basis der Erneuerbaren Energien hatte Bürgermeister Schmiedel schon im Jahr 2000. Nicht nur ökologische Fragen waren für das Umdenken maßgeblich. Die Gemeinde musste sparen und war gezwungen neue Einnahmequellen zu erschließen, denn eine Steigerung der Steuereinnahmen durch neue Gewerbe war in der strukturschwachen Kommune nicht zu erwarten. Daher schlug der Bürgermeister den 3300-Einwohnern ein Energiekonzept vor, das die Gemeinde bis zum Jahr 2050 energieautonom machen soll. „Dadurch sollen langfristig die Energiekosten gesenkt und Einnahmen mit der Energieproduktion vor Ort erzielt werden“, erklärt Bürgermeister Schmiedel.

Das Energiekonzept sieht vor, den Bedarf an Strom, Wärme und Kraftstoffen vor Ort mit Hilfe der Sonnen-, Wind- und Bioenergie zu gewinnen. Dem 100-Prozent-Ziel ist die Gemeinde schon ein gutes Stück nähergekommen. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch lag im Jahr 2007 schon bei 24 Prozent. Im Strombereich sind es jetzt schon weit über 100 Prozent. Anfangs wurden der Bürgermeister und seine Mitstreiter noch für ihr Engagement belächelt. Mittlerweile bauen viele der anfangs noch skeptischen Dorfbewohner privat auch Photovoltaikanlagen auf ihre Dächer oder erzeugen mit Hilfe von Sonnenkollektoren Warmwasser zum Duschen.

Kommune betreibt Windrad
Über den Verein „Ländliches Leben“ und die Stiftung „Ökologisch-Soziale Stiftung Zschadraß“ betreibt die Gemeinde im sächsischen Muldentalkreis seit Oktober 2009 eines der größten Windräder in der Region. Der Ökostrom wird in das deutsche Stromnetz eingespeist und über das Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet. Die 138 Meter hohe Anlage hat eine installierte Leistung von 2,2 Megawatt. Die Investitionssumme liegt bei ca. 3,2 Millionen Euro. Die Gemeinde ist über den Verein und die Stiftung mit ca. 20 Prozent am Windrad beteiligt. Die restliche Investitionssumme wird von einem privaten Betreiber aus dem Dorf übernommen. Noch muss die Gemeinde erstmal mit den Einnahmen die Kredite für die Anlage abzahlen. Doch nach rund 15 Jahren wird die Kommune den Kredit abbezahlt haben und Einnahmen aus dem Windrad erzielen. Diese Einkünfte sollen dann wieder der Gemeinde zu Gute kommen. „In Zukunft sollen alle Kinder von Zschadraß kostenlos einen Platz im Kindergarten bekommen, bezahlt mit den Erträgen aus dem Windrad“, stellt Bürgermeister Schmiedel fest.

Sonnenerträge für die Kinder in der Gemeinde
Aber die sächsische Gemeinde investiert nicht nur in die Windkraft. Auf fast allen öffentlichen Gebäuden wie der Schule, der Feuerwache oder der Gemeindeverwaltung befinden sich Photovoltaikanlagen. Die Anlagen gehören der Gemeinde und werden über die Stiftung betrieben. Der Strom aus der Sonnenenergie wird in das Stromnetz eingespeist und füllt die kommunale Stiftungskasse jährlich mit rund 17.000 Euro. Dies ermöglicht der Gemeinde einen finanziellen Spielraum. So werden mit diesem Geld jährlich ökologische Projekte für Kinder gefördert, Kindern von einkommensschwachen Eltern das Schulessen bezahlt, im Sommer ein Ferienlager organisiert oder ein Gemeindefahrdienst angeboten.

Verein und Stiftung als Betreiber der kommunalen Energieanlagen
Kommunen dürfen selbst nicht Gewinne aus Erneuerbaren-Energie-Anlagen erwirtschaften. Daher gibt es in vielen Städten und Gemeinden Stadtwerke, die wiederum der Kommune gehören. So können Gemeinden sich um die Energieversorgung ihrer Bürger kümmern und mit den Gewinnen andere öffentliche Aufgaben, wie beispielsweise die Kinderbetreuung, finanzieren. Ähnlich ist es auch in Zschadraß. Da die Errichtung eines Stadtwerkes für die 3300-Einwohner-Gemeinde aus personellen und finanziellen Gründen nicht wirtschaftlich ist, hat Bürgermeister Schmiedel die Energieerzeugung in einen Verein und eine Stiftung ausgegliedert. „Für eine kleine Kommune ist es rechtlich schwierig, Anlagen zur Energieerzeugung zu betreiben. Doch in meinen Augen muss eine moderne Kommune sich auch wirtschaftlich betätigen, um ihren Bürgern Perspektiven zu bieten“, erklärt Bürgermeister Schmiedel.