Energie-Kommune des Monats: Soest

Juni 2021

Blick auf das historische Stadtzentrum von Soest (Foto: Gero Sliwa /Stadt Soest) Als erstes stechen den Besucher*innen der westfälischen Kreisstadt Soest die Türme des St.-Patrokli-Doms und der St.-Petri-Kirche oder die pittoresksten Fachwerkhäuser der Altstadt ins Auge. Erst wenn man hinter die historischen Fassaden der Kreisstadt mit fast 50.000 Einwohner*innen blickt, erkennt man, mit welchen Ambitionen sich die Stadt und ihre Bürger*innen auf die Herausforderungen durch den Klimawandel vorbereiten. Bereits mehrmals wurde die Stadt mit dem European Energy Award – ein europäisches Gütezertifikat für die Nachhaltigkeit der Energie- und Klimaschutzpolitik von Gemeinden – ausgezeichnet. Zuletzt erhielt die Stadt die Auszeichnung im Jahr 2020 in Gold unter anderem für das strategische Zukunftsprogramm Vision Soest 2030, die Maßnahmenpakete der Stadt im Bereich erneuerbare Mobilität und eine seit 2019 in Bau befindliche Solar- und Klimaschutzsiedlung. Die Einzigen, die noch höhere Ansprüche an eine möglichst schnelle Erreichung der Klimaneutralität stellen als die Stadtverwaltung, sind die Soesterinnen und Soester, die unter anderem auf einer Internetplattform lokal Interessierte über den Fortschritt der Energie- und Wärmewende sowie Klimaschutzmaßnahmen der Stadt auf dem neusten Stand halten.

Erneuerbare Energien, energetische Sanierungen – mit dem Klimapakt 2030 zur Klimaneutralität

Klimaneutrales Soest bis 2030, das soll laut dem Masterplan Klimapakt der Stadt, der am 28. April diesen Jahres beschlossen wurde, möglich sein. „Wir setzen dazu Sofortmaßnahmen um und bereiten die Umsetzung der 47 Maßnahmensteckbriefe vor, die im Plan enthalten sind. 2020 starteten wir z. B. die Förderung des Photovoltaik-Ausbaus und legen 2021 mit unserem kommunalen 2000-Dächer-Programm nach. Derzeit werden drei Sanierungsmanager eingestellt, um die energetische Sanierung noch stärker bewerben zu können. Wir haben mit unserem Masterplan Klimapakt den Schlüssel für die Zukunft“, erklärt Uwe Dwornik, Klimaschutzbeauftragter der Stadt.

WähFörderung von PV-Anlagen (Foto: Thorsten Bottin /Stadt Soest)rend zwischen 2013 und 2018 bei den Privathaushalten und in Dienstleistungs- und Handelsgewerben energetische Einsparungen von 22 bzw. 38 Prozent realisiert werden konnten, bremst die weiterhin hohe Abhängigkeit von fossilen Energieträgern im Verkehrssektor noch höhere Einsparungen. Dennoch konnte in diesem Zeitraum der Endenergieverbrauch der Stadt um 8 Prozent im Durchschnitt über alle Sektoren hinweg verringert werden. Ähnliche Einsparungen konnten im gleichen Zeitraum bei den CO2-Emissionen erreicht werden. Durch energetische Sanierungen konnten außerdem die Wärmebedarfe der Haushalte um fast 10 Prozent gesenkt werden. Damit lag Soest mit 118 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter Wohnfläche 2018 über 12 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt von 140 kWh im Vergleichsjahr. Einsparungen werden durch den Ausbau nachhaltiger Alternativen zur Wärmeerzeugung vervollständigt. Über Solarthermieanlagen, Umweltwärme und Biomasse wird heute bereits 7 Prozent des städtischen Wärmebedarfs gedeckt.

Im Stromsektor stammen aktuell 15 Prozent der in Soest produzierten Energie aus Wind-, Solar und Bioenergie. Dieser Anteil soll in den nächsten Jahren konstant ansteigen. Über den Klimapakt 2030 soll der Ausbau von Solar- und Windenergie besonders gefördert werden. Hausbesitzer*innen können seit diesem Jahr eine Förderung über das „2000-Dächer-Programm“ für Solaranlagen und stationäre Energiespeicher in Höhe von 500 Euro beantragen. Das Solarkataster des gleichnamigen Kreises hilft Interessierten, sich einen ersten Überblick über das Potenzial des eigenen Daches zu verschaffen. Außerdem sollen Freiflächen konsequent für den Ausbau der Solarenergie genutzt werden. Das theoretische Potenzial im Stadtgebiet beträgt insgesamt 169 Megawatt Peak. Vorrang haben hier zunächst die Randstreifen an Autobahnen sowie Schienenwegen. Zusätzlich dazu wird geprüft, inwieweit innerhalb des Stadtgebietes Potenziale für Agro-Photovoltaik bestehen. Darunter versteht man eine Doppelnutzung von Flächen für landwirtschaftliche Zwecke sowie zur Erzeugung von Strom durch Photovoltaikanlagen (PV-Analgen). Rein rechnerisch würden hier bereits 5 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen der Stadt ausreichen, um deren aktuellen Strombedarf zu decken. Allerdings müssten für die Umsetzung einer solchen doppelten Bodennutzung noch verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Einsatz dieser Technologien für Landwirt*innen attraktiv zu machen.

Während die Agro-Photovoltaik wohl noch auf sich warten lässt, gab der Stadtentwicklungsausschuss in diesem Mai grünes Licht für zwei geplante Solarfelder der Soester Stadtwerke in den ländlich geprägten Stadtteilen Ampen und Hattrop. In Zukunft soll dort Strom für circa 1.000 Haushalte produziert werden. Durch das Maßnahmenpaket sollen neue PV-Anlagen mit einer Kollektorfläche von insgesamt drei Quadratkilometern entstehen. Damit würden bis 2030 Investitionen in PV-Dach- sowie Freiflächenanlagen in Höhe von 255 Millionen Euro angestoßen werden. Zusätzlich zur Solarenergie ist der Bau sechs neuer Windenergieanlagen im Stadtgebiet mit einer Gesamtleistung von 30 Megawatt geplant. Wichtig ist für die Stadtwerke auch der Einbezug der Soester*innen. Diese sollen sich an den Anlagen finanziell beteiligen können und so direkt vom Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort profitieren. Von regional und nachhaltig produziertem Strom profitiert in Zukunft auch die Stadtverwaltung: Diese versorgt seit dem 1. Januar all ihre Liegenschaften sowie die städtische Straßenbeleuchtung über den Tarif Regionalstrom der Stadtwerke. Die Gebäude wurden zwar schon zuvor vollständig mit Ökostrom versorgt, seit der Umstellung werden die ungefähr 100 Gebäude aber ausschließlich mit Ökostrom aus regionalen Anlagen versorgt. Die Stadt erhält nun Windkraft aus dem angrenzenden Bad Sassendorf, Wasserkraft aus dem 15 Kilometer entfernten Möhnsee und Sonnenstrom direkt aus Soester Anlagen. Strom, der mittelfristig auch zur Fortbewegung eingesetzt werden soll. Im Bereich nachhaltige Mobilität will die Stadt durch die Umstellung der städtischen Fahrzeuge auf nachhaltige Antriebsalternativen wie Elektrofahrzeuge Akzente setzen.

Energieeffizient Wohnen dank der Klimaschutzsiedlung Soest

Stadtvillen der Klimaschutzsiedlung Soest (Foto: Merkur Bau- und Projektentwicklung GmbH & Co KG)Modernes und nachhaltiges Wohnen, genau das verspricht die Soester Klimaschutzsiedlung Soest, die am südöstlichen Stadtrand auf dem Gelände einer ehemaligen Glühlampenfabrik entsteht. Seit 2019 wird das ehemalige Fabrikgebäude saniert und in Wohnungen und gewerbliche genutzte Flächen umgewandelt. Ergänzt wird das Bauvorhaben um mehrere Mehrfamilienhäuser sowie Reihenhäuser, insgesamt sollen so 118 Wohneinheiten zuzüglich Gewerbeeinheiten entstehen. Das Besondere am Projekt ist dessen energetisches Konzept. Im denkmalgeschützten Fabrikgebäude kommen Blockheizkraftwerke zum Einsatz, in den angrenzenden Neubauten Wärmepumpen. In Kombination mit dem Dreiliter-Standard – das entspricht einem maximalen Wärmebedarf von 35 kWh pro Quadratmeter pro Jahr – als Dämmstandart sowie dem konsequenten Einsatz von PV-Anlagen auf den Flachdächern der Gebäude soll die Siedlung neue Maßstäbe im Bereich Energieverbrauch sowie CO2-Ausstoß in Soest setzten. 2020 wurde mit dem Bau der an das Fabrikgebäude angrenzenden Häuser begonnen. Im Moment befinden sich bereits 25 Wohneinheiten in Bau, beziehungsweise stehen kurz vor der Fertigstellung. Für alle in Bau befindlichen Bauwerke konnte die Erfüllung der Anforderungen an die energetischen Standards des Projektes bereits bestätigt werden. Läuft alles nach Plan, wird das Bauvorhaben 2024 abgeschlossen sein und den Soester*innen energieeffizientes Wohnen auf insgesamt 9.000 Quadratmetern ermöglichen. Zusätzlich dazu sorgen Parkplätze mit Ladestationen dafür, dass nachhaltiges Wohnen mit nachhaltiger E-Mobilität verbunden werden kann. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Klimaschutzsiedlung Soest als eine von hundert Klimaschutzsiedlungen ausgewählt, die dabei helfen sollen, zu zeigen, wie der CO2-Ausstoß durch den Einsatz von moderner Technik verringert werden kann.

Im Norden der Stadt entsteht zeitgleich eine Mustersiedlung, deren klimafreundliche Wärmeversorgung über ein kaltes Nahwärmenetz sichergestellt wird. In Kombination mit hohen Dämmstandards sowie der Nutzung von Photovoltaik leistet das Wohngebiet Neuer Soester Norden seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2030. Klimagerechtes Bauen ist für die Stadt jedoch keine Neuheit. Im Stadtteil am Ardey gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren eine Solarsiedlung aus energieoptimierten Einfamilienhäusern. Klimafreundlicher Neubau wird von Sanierungsmaßnahmen der städtischen Altbestände flankiert. In diesem Bereich strebt die Stadt eine Teilsanierungsquote bis 2030 von 40 Prozent an. Dazu gehört auch die Ausstattung der Gebäude mit Wärmepumpen, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

Soester Bürger*innen für die Energiewende

Redaktion Klimanotstand Soest (Foto: Klimanotstand Soest)Für den Erfolg der Energie- und Wärmewende spielt die lokale Akzeptanz der Anwohner*innen eine entscheidende Rolle. Das haben auch engagierte Bürger*innen der Stadt erkannt und deswegen die Internetplattform „Klimanotstand Soest“ ins Leben gerufen. „Unsere Plattform soll in erster Linie die Soester*innen über den Klimanotstand informieren und motivieren, aktiv beim Klimaschutz mitzumachen. Wir verstehen uns als Treffpunkt für Akteur*innen und Interessierte, möchten auf Klimaschutz-Aktionen aufmerksam machen und über positive Beiträge zum Klimaschutz aus der Region berichten, die zum Nachahmen einladen“, erklärt Andreas Scheffer, Mitglieder der Redaktion der Plattform. Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gibt die Plattform immer wieder Anstöße, wie man bestehende Probleme angehen könnte, wie beispielsweise einer Solar-Anlagenpflicht auf städtischen Gebäuden oder die verstärkte Beteiligung der Bürger*innen beim Bau von Windenergieanlagen. Das bedeutet nicht, dass alle Forderungen umgesetzt werden können, jedoch wird sichergestellt, dass die Stadt sich auf Erreichtem nicht ausruhen kann und stetig aufs Neue herausgefordert wird. Manche Forderungen finden letztendlich aber schon ihren Weg in die städtische Planung, so hat die verstärkte finanzielle sowie planerische Beteiligung der Bürger*innen beim Bau von neuen Windenergie- oder PV-Anlagen Einzug in das Maßnahmenpaket des Klimapaktes 2030 gefunden.

Gleichzeitig dient die Plattform der Vernetzung und stellt einen digitalen Raum bereit für zivilgesellschaftliche Organisationen wie dem Klimatreff Soest – ein überparteiliches Netzwerk von im Klimaschutz engagierten Menschen –, der Fridays für Future Bewegung oder etwa der Ortsgruppe Soest des VDC, dem Verkehrsklub Deutschland, der sich deutschlandweit für die Verkehrswende einsetzt. Als kritischer Beobachter sowie als Sammelpunkt für die lokalen Macher*innen der Energiewende stärkt die Internetplattform den Klimaschutz und verankert die Energie- und Wärmewende in der Mitte der Stadtgesellschaft.

Wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Zivilgesellschaft ist, betont auch Uwe Dwornik: „Klimaneutralität kann nur gemeinsam erreicht werden. In Soest wollen wir zusammen mit der Bürger*innenschaft, den Unternehmen und den Organisationen die Klimaneutralität vor Ort schaffen.“ Eine klimaneutrales Soest zu gestalten, ist und bleibt damit vor allem eine Herausforderung, die nur gemeinsam gelingen kann. Auch deswegen hat die Stadtverwaltung mit dem KlimaNetz eine Organisation ins Leben gerufen, die unter dem Motto „Gemeinsam für den Klimaschutz“ unterschiedliche Soester Initiativen und engagierte Bürger*innen zusammenbringt.

Das Foto können sich Pressevertreter*innen für journalistische Zwecke in hochauflösender Qualität hier herunterladen.
Disclaimer:
Melden Sie sich bitte bei Thorsten Bottin (t.bottin@soest.de), um das hier abgebildete erste und zweite Foto der Stadt Soest zu veröffentlichen.