Es ist unser größtes Anliegen, in Kreisläufen zu denken

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Frau Kelly, Sie sind in diesem Jahr zur Landwirtin des Jahres gewählt worden? Haben Sie das schon verinnerlicht?

Noch nicht 100 Prozent, aber es wird von Tag zu Tag mehr. Es ist eine überragende Auszeichnung, über welche ich mich sehr freue und auch ein klein bisschen stolz auf mich und meine ganze Familie bin.

Insgesamt bewirtschaften Sie zusammen mit Ihrer Familie eine Fläche von 292m2. Zum Teil auch mit Feldfrüchten wie Mohn Weizen, Lein, Gerste, Ackerbohnen, Sonnenblumen, Mais, Erbsen, Buchweizen und Lupinen. Wollten Sie schon immer Landwirtin werden?

Ich bin auf dem Hof aufgewachsen und war immer schon voll mit dabei, auch beim Traktor fahren. Vor 19 Jahren habe ich das erste Lehrjahr Vollzeitschule Landwirtschaft abgelegt, mich aber dann erst mal für eine Industriekauffrau-Ausbildung entschieden, weil ich damals schon wusste, dass man auf einem Hof auch im Büro Bescheid wissen muss. Den Rest der Ausbildung zur Landwirtin habe ich aktuell von 2017 bis 2019 nebenher absolviert. Für mich war schon immer klar, dass ich die Heimat und das von den vorherigen Generationen Erschaffene weiterführen möchte.

Sie sind die erste Frau die den großen Gesamtpreis des Ceres-Award gewonnen haben, ist das für Sie relevant?

Aber natürlich, da ich damit ein Vorbild für andere Frauen sein kann. Passend dazu wurde ich auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur „Vorbild-Unternehmerin“ von der Initiative „FRAUENunternehmen“ ausgewählt. Mir ist es auch ein Anliegen, jungen Frauen zu zeigen, dass man sich auch in der Landwirtschaft als Frau selbst verwirklichen kann.

Sie produzieren auch Biolandheu für die Pferdehaltung, Öhmd und Grassilage für die Rinderhaltung. Stroh und Chinaschilf als Einstreumaterial und Hackschnitzel für Ihre eigene Hackschnitzelheizung, wie wichtig ist Nachhaltigkeit für Ihre Arbeit?

Es ist unser größtes Anliegen, in Kreisläufen zu denken und zu wirtschaften. Jeder Betriebszweig von Unternehmerin_LindaKelly_TJR_0690uns ist durchdacht und schließt unsere Kreisläufe. Unsere Nachhaltigkeit wird auch durch die Bioland-Richtlinien zum Ausdruck gebracht.

Derzeit wird die Landwirtschaft stark mit in die aktuelle Klimadebatte einbezogen, es kommt viel Kritik. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Landwirte?

Die Landwirte werden leider für Vieles verantwortlich gemacht. Leider wird das positive Tun der Landwirte total in den Hintergrund gestellt, wie hochwertige Lebensmittelproduktion, Landschaftspflege, Gestaltung der Landschaft, Nachhaltigkeit, vielfältige Fruchtfolgen, Erhalt von Streuobst, Wälder, etc. Wir können als Landwirte selbst aktiv werden, um unser Image zu verbessern. Es wäre jedoch endlich an der Zeit, dass die Politik hinter Ihren Landwirten stehen würde.

Was würde der Landwirtschaft helfen, weniger CO2 auszustoßen?

Weniger Massentierhaltung mit angepassten Produktpreisen, angepasste Landtechnik, geförderte Begrünungen, etc.

Was sind Ihrer Meinung nach gerade die drängendsten drei Fragen, die sich hinsichtlich stärkerer Nachhaltigkeit stellen?

Warum werden noch Genehmigungen für Massentierhaltungsställe erteilt?

Warum können Verbraucher ein Volksbegehren unterschreiben, ohne selbst nachhaltig zu leben?

Warum wird nicht jeder Bürger in die Nachhaltigkeit mit einbezogen bzw. verpflichtet?

Wo sehen Sie die Landwirtschaft im Jahr 2030?

Hoffentlich in einer besseren Situation für die jetzigen Landwirte und für die nächste Generation. Nur wenn auch der Verbraucher sein Verhalten ändert, hat die familiäre Landwirtschaft noch eine Zukunft.

Seit vielen Wochen gehen auch in Deutschland Schüler jeden Freitag unter dem Motto „Fridays for Future“ auf die Straße. Was würden Sie den jungen Menschen gern sagen?

Es ist toll, dass so viele junge Menschen so für unsere Zukunft kämpfen. Ich bin mir aber sicher, dass nur noch ein geringer Teil mitziehen würde, wenn es samstags in der Freizeit auf die Straße gehen würde. Nichtsdestotrotz haben sie was bewegt und die Maschinerie in Gang gesetzt, welche man nur so auf diesem Weg bringen konnte. Sie dürfen nur nicht die Realität aus den Augen verlieren.

Welche Persönlichkeiten bzw. Menschen haben Sie inspiriert – inspirieren Sie?

Meine Familie inspiriert mich, weil wir alle an einem Strang ziehen und jeder von uns diesen Beruf mit Leidenschaft und Herzblut ausübt. Natürlich inspirieren mich auch andere Powerfrauen und damit meine ich nicht, nur bezogen auf die finanzielle Leistung, sondern eher die Persönlichkeit und deren Stärke.

Welches Medienformat bevorzugen Sie, wenn Sie sich zu Themen der Nachhaltigkeit auf dem Laufenden halten wollen?

Ein wichtiges Medium ist unsere Bioland-Zeitschrift und viele andere Zeitschriften und Newsletter. Natürlich kann man auch im Netz einiges nachlesen, hier ist es jedoch wichtig auf die Quellen zu achten.