Gutes Klima für den Klimaschutz

Pfaffenhofen an der Ilm und der Landkreis Regen tauschen sich zur kommunalen Wärme- und Energiewende aus 

Die Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm in Oberbayern engagiert sich bereits seit vielen Jahren intensiv für die Energiewende und den Klimaschutz. Auch der Landkreis Regen im Bayerischen Wald nahe der tschechischen Grenze treibt den Ausbau Erneuerbarer Energien voran. Im Rahmen des Projekts Forum Synergiewende trafen sich nun Vertreter*innen beider Kommunen, um sich über ihre Ansätze in der kommunalen Energie- und Wärmewende auszutauschen. Das Format bringt jeweils zwei Kommunen zusammen, die konkrete Themen und spezifische Fragestellungen diskutieren und somit von den Erfahrungen der anderen Kommune profitieren können. Ziel des Austauschs ist es, neue Impulse zu setzen, um Herausforderungen zu bewältigen und die Energiewende vor Ort voranzutreiben.

© AEEDurch die räumliche Nähe der beiden Kommunen konnte der Austausch direkt vor Ort stattfinden. Eine Gruppe aus dem Landkreis Regen machte sich hierfür auf den Weg ins Pfaffenhofener Rathaus. Mit 15 Teilnehmenden – überwiegend aus dem kommunalen Klimaschutzmanagement sowie Vertretern der Stadtwerke und Energiegenossenschaften – begann ein abwechslungsreicher und praxisnaher Programmtag. Nach einem herzlichen Willkommen durch die Gastgeber zeigte eine kurze Vorstellungsrunde schnell die unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und die vielfältige Expertise im Raum. Anschließend eröffnete die Stadt Pfaffenhofen den Austausch mit einem umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der lokalen Energiewende sowie Einblicken in künftige Aktivitäten und Projekte. Schritt für Schritt wurden zentrale Themenfelder beleuchtet: vom Stromsektor über die Wärmeversorgung bis hin zu Mobilitätsansätzen. Eine wichtige Rolle spielten zudem Beteiligungs- und Akzeptanzmaßnahmen sowie planerische, regulatorische und kommunikative Herausforderungen, denen die Kommune begegnet – und die Lösungen, die sie dafür bereits entwickelt hat.

100 Prozent erneuerbarer Strom 

© AEEPfaffenhofen deckt seinen Strombedarf bereits vollständig aus Erneuerbaren Energien. Neben Biomasse tragen dazu im Wesentlichen die fünf Windenergieanlagen sowie eine hohe Photovoltaik-Dichte auf Gebäuden bei. Auf dem Weg dorthin mussten jedoch auch einige Hürden überwunden werden. Der Bau des Windparks beispielsweise erforderte viel Geduld – von der ersten Idee und anfänglichen Planungen über langwierige Genehmigungsverfahren bis zur finalen Inbetriebnahme. Dank starkem Engagement und Durchhaltevermögen sowie der Unterstützung aus Verwaltung und Bevölkerung konnten die Anlagen im Jahr 2024 schließlich fertiggestellt werden. Im Gespräch wurde jedoch auch deutlich: Angesichts des steigenden Stromverbrauchs wird die Kommune künftig weitere Anlagen benötigen. Prognosen zufolge dürfte sich der Strombedarf bis 2035 infolge der zunehmenden Elektrifizierung im Verkehrs- und Wärmesektor noch verdoppeln. Dabei hat Pfaffenhofen im Wärmebereich bereits beachtliche Fortschritte erzielt. Mit rund 40 Prozent erneuerbarer Wärme liegt die Kommune weit über dem bundesweiten Durchschnitt. In diesem Zusammenhang wurden auch die Wärmenetzkonzepte durch die Stadtwerke Pfaffenhofen vorgestellt. Als Wärmequellen wurden verschiedene Technologien der Sektorenkopplung betrachtet, darunter eine KWK-Anlage, eine derzeit entstehende Luftwärmepumpe sowie Forschungen zu Power-to-X-Anwendungen. Die Teilnehmenden erhielten detaillierte Einblicke in den Wärmenetzausbau, die Beweggründe hierfür und die verschiedenen Projektphasen – von der ersten Konzeptentwicklung bis zur Umsetzungsphase. Auch konkrete Fragestellungen sowie wertvolle Praxiserfahrungen wurden in diesem Zusammenhang näher beleuchtet, z. B. der Umgang mit einer Photovoltaik- oder Gründachpflicht und einem Anschlusszwang ans Wärmenetz in Neubaugebieten. Gerade beim Bau von Wärmenetzen ist es entscheidend, die einzelnen Projektphasen durch eine verständliche, umfassende und gut abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit zu begleiten. Gleichzeitig müsse ausreichend Zeit eingeplant werden, um potenzielle Kund*innen zu gewinnen und eine hohe Anschlussquote zu erreichen, damit das Vorhaben letztlich wirtschaftlich realisiert werden kann. Auch die Nutzung von Synergieeffekten wurde angesprochen. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, Straßenbauarbeiten und den Ausbau von Wärmenetzen zu verknüpfen: Wenn ohnehin eine Baustelle eingerichtet wird, lassen sich gleichzeitig auch andere Maßnahmen effizient umsetzen, wodurch sowohl finanzielle als auch zeitliche Ressourcen eingespart werden können. Dieses Vorgehen erfordert ein hohes Maß an Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren.

Bürger*innenenergie und Power-to-Gas-Forschung

Pfaffenhofen teilte darüber hinaus umfangreiche Erfahrungen im Bereich der Bürger*innenenergie – ein besonders relevanter Aspekt für den Landkreis Regen, wo in diesem Jahr eine eigene Energiegesellschaft gegründet wurde. Die Bürgerenergie Pfaffenhofen ist bereits seit 2012 aktiv, um die Energiewende vor Ort aktiv mitzugestalten und Bürger*innen eine demokratische und finanzielle Beteiligung an der örtlichen Stromerzeugung zu ermöglichen. Zahlreiche Projekte wurden seitdem umgesetzt, aus denen die Teilnehmenden wertvolle Einblicke erhielten. Dabei wurden auch ganz konkrete Fragen angesprochen: Wie wird man Mitglied? Wie ist das Stimmrecht geregelt? Welche Reaktionen kommen aus der Bevölkerung? Besonders bemerkenswert war die Beobachtung, dass die Mitgliederzahlen gerade dann anstiegen, wenn die Aktivitäten der Energiegenossenschaft zunächst auf Gegenwind stießen. Ausschlaggebend dafür war die aktive Auseinandersetzung mit Vorbehalten, Sorgen oder Fragen sowie eine transparente Kommunikation, die überzeugende Argumente und nachvollziehbare Vorteile darstellte.

Ein weiterer Programmpunkt war ein Vortrag über Pfaffenhofen als „Reallabor der Energiewende“. Dabei wurde die wichtige Rolle von Forschung und Erprobung für die Energiewende deutlich: Technologien werden unter realen Bedingungen getestet und auf ihre Praxistauglichkeit hin geprüft. So lässt sich frühzeitig erkennen, welche Konzepte für einen Einsatz im größeren Maßstab geeignet sind. Ein Baustein des Handlungsstrangs und übergreifenden Vorgehens in Pfaffenhofen ist die Forschungsstation für potenzielle zukünftige Power-to-Gas-Anwendungen, die derzeit auf dem Gelände der Pfaffenhofener Kläranlage betrieben wird. Sie soll u. a. Erkenntnisse darüber liefern, wie überschüssiger erneuerbarer Strom künftig effizient in speicherbare Energieträger umgewandelt werden könnte. Auf aktuelle technische Herausforderungen und mögliche Einsatzgebiete ging der Vortrag ebenso ein wie auf die sinnvolle Verknüpfung mit anderen Technologiepfaden in der Region.

Maßnahmen des Landkreises Regen 

Den Abschluss des Programms bildete ein Beitrag über die Energieberatung des Landkreises Regen, der sogenannten „Energieroas“. Die Kampagne bringt die Beratung direkt zu den Hauseigentümer*innen, mit dem Ziel, die Sanierungsrate im Gebäude spürbar zu erhöhen. Durch Postwurfsendungen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit wurde auf das Angebot aufmerksam gemacht. Die neutrale Beratung wird von den Bürger*innen gut angenommen: Die Nachfrage ist hoch und auch die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen verdeutlicht den Erfolg des Angebots im kommunalen Klimaschutz.

Mehrfach wurde deutlich, wie stark die Lokalpolitik in Pfaffenhofen die Energiewende und den Klimaschutz unterstützt. Diese Rückendeckung erleichtert die Arbeit vor Ort und viele Prozesse erheblich. So kann die Stadt unter anderem eine besonders intensive Öffentlichkeitsarbeit rund um das Thema Heizungstausch leisten und umfassende Energieberatungen anbieten. Zudem verfügt die Stadt Pfaffenhofen als einzige Kommune im gleichnamigen Landkreis über ein großes Klimaschutzteam. Auch im Landkreis Regen wurden vor rund drei Jahren Stellen im Klimaschutzmanagement geschaffen, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien besser zu koordinieren. Zwar werden die Erneuerbaren, insbesondere Photovoltaik-Anlagen, stark ausgebaut, doch fehlte bislang eine gemeinsame strategische Planung und Umsetzung. Dadurch blieben wichtige Potenziale der Stromerzeugung und der Wärmeversorgung ungenutzt. Mit dem Klimaschutzmanagement des Landkreises kann in enger Zusammenarbeit mit den Klimaschutzmanager*innen der einzelnen Kommunen die Entwicklung nun gezielter gesteuert und langfristig verstetigt werden. Ein wichtiger Baustein dafür ist auch die Gründung der Energiegesellschaft ARBERLAND Energie GmbH, die größere Projekte anstoßen und in die Umsetzungen bringen und gleichzeitig Teilhabe für die Bürger*innen ermöglichen soll.

Im Verlauf der Gespräche rückten immer wieder auch Kommunikationsstrategien und die Bedeutung wirksamer Akzeptanzarbeit in den Fokus. Themen wie Klimaschutz und eine unabhängige Energieversorgung erscheinen vielen Bürger*innen zunächst abstrakt. Überzeugender sind häufig Botschaften, die konkrete Vorteile der lokalen Energiewende sichtbar machen – alltägliche und nachvollziehbare Effekte direkt vor der eigenen Haustür infolge der regionalen Wertschöpfung. Zum Abschluss des Treffens blieb noch ausreichend Zeit, um offene Fragen zu klären und weitere Erfahrungen auszutauschen. In kleinen Gesprächsrunden entstanden intensive Dialoge, die Perspektiven eröffneten und den Wissenstransfer vertieften.

Der Austausch zwischen der Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm und dem Landkreis Regen hat deutlich gezeigt, wie wertvoll direkte Einblicke in die andere Praxis sein können. Durch das Engagement und Interesse der Kommunen sind konkrete Anregungen und bestärkende Impulse für die Gestaltung der Energie- und Wärmewende vor Ort entstanden.