Energie-Kommune des Monats: Kreis Nordfriesland

September 2016

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen, darunter Stadtwerke, Gemeinden, Tourismusverbände, Einzelhandel und der Kreis selbst, baut seit 2010 ein dichtes Netz an Stromtankstellen im Landkreis Nordfriesland auf. Die Idee dahinter ist, dass ein Angebot an Tankstellen die Nachfrage nach E-Fahrzeugen steigert. Denn: Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist eng verbunden mit der Verfügbarkeit eines flächendeckenden Angebotes von Lademöglichkeiten.

Ein dichtes Netz von Stromtankstellen

„Viele potenzielle Nutzer*innen von Elektrofahrzeugen sorgen sich um die geringe Reichweite. Deshalb schaffen wir mit einem dichten Netz von einfach zugänglichen Stromtankstellen Abhilfe“, erläutert Kreis-Klimaschutzmanagerin Marei Locher. 2016 sind im Kreis rund 70 Ladestationen vorhanden. Rund 40 Prozent aller Stromtankstellen Schleswig-Holsteins steht somit im Kreis Nordfriesland. Zum Vergleich: Die Anzahl der Benzintankstellen im Kreis beträgt 48. Das Konzept, die Lade-Infrastruktur zu verbessern, hat bereits Erfolg: Mehr als 200 elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge sind bereits im Kreisgebiet angemeldet, – viermal mehr als der bundesdeutsche Durchschnitt.

Elektromobilität als ein Faktor für Klimaschutz in Nordfriesland

„Die Küstenregionen werden den Klimawandel als Erste zu spüren bekommen“, weiß Landrat Dieter Harrsen. „Daher setzen wir uns in Nordfriesland in besonderem Maße für den Klimaschutz ein.“ Insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien, allen voran der Windkraft, ist Nordfriesland ein bundesweit führender Kreis. 2016 betrug die Stromproduktion aus Biomasse, Sonnen- und Windenergie im Kreisgebiet bereits mehr als das Fünffache des Verbrauchs. Dennoch setzt der Kreis weiterhin auf den Ausbau Erneuerbarer Energien. Nordfriesland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020 Deutschlands klimafreundlichster Kreis zu werden. Das eigene Klimaschutzkonzept trägt mit seiner Bestands- und Potenzialanalyse sowie dem daraus abgeleiteten Maßnahmenkatalog dazu bei, das Ziel planvoll umzusetzen. „Bei der Einsparung von Klimagasen konzentrieren wir uns derzeit auf die Bereiche mit den größten, bisher noch nicht gehobenen Potenzialen: Gebäudeheizung und Verkehr“, erklärt Harrsen. Der Vorteil der Elektromobilität liegt darin, dass sie den regenerativen Strom mit dem Verkehrssektor verbinden kann.

Genossenschaft zur Stärkung der Elektromobilität

Nach dem Motto „Strom vom Deich statt Öl vom Scheich“ setzt sich die Kreisverwaltung für den Ausbau der Elektromobilität ein. Dabei kooperiert sie unter anderem mit der Genossenschaft ee4mobile, die ihren Sitz in der nordfriesischen Stadt Bredstedt hat. Unterstützt mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes, arbeitet die Genossenschaft daran, mehr Nutzer*innen für die Elektromobilität in der Region zu begeistern und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Den Leitsatz der Genossenschaft erklärt Projektmanager Stephan Wiese: „Nordfriesland produziert so viel Strom, dass wir ihn nicht loswerden können. Also gehört der Strom in den Tank – das ist preiswert und von hier.“ Dabei ist Wiese auch klar, dass es sich derzeit um ein bilanzielles Gegenrechnen von Stromerzeugung und Verbrauch durch Elektromobilität handelt. Für ihn ist der Aufbau einer E-Mobilflotte aber der erste wichtige Schritt. Dass alle Fahrzeuge Ökostrom beziehen, ist der Zweite. „Derzeit wollen wir mit unserer Arbeit einen Bewusstseinswandel hervorrufen“, erklärt Wiese.

In gemeinsamer Arbeit mit dem Klimaschutzmanagement des Kreises hat die Genossenschaft an verschiedenen Standorten erfolgreich für die Errichtung von Stromtankstellen geworben. Die Projektpartner*innen sprechen unter anderem die Inhaber*innen geeigneter Standorte direkt an und erklären, wie unkompliziert das Errichten einer Stromtankstelle ist. „Die Kosten sind so gering, dass diese beispielsweise schon aus Werbeeinnahmen etwa durch Banner gedeckt werden können“, erläutert Wiese.

Weiterhin organisiert die Genossenschaft auch Beratungen, Testfahrten, Testwochen für Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen. Darüber hinaus vermittelt sie dank Kooperation mit Hersteller*innen auch Elektrofahrzeuge zu günstigen Konditionen. So kommt es, dass von 200 Neuwagen eines bestimmten Elektromobiltyps, die ein*e Autohersteller*in im Jahr 2015 bundesweit abgesetzt hat, 61 in Nordfriesland zugelassen sind. Wieses Ziel ist es, im Jahr 2016 mindestens 100 Nordfriesen vom Kauf eines Elektroautos zu überzeugen.

Aufbau von Schnellladesäulen

Damit die Bürger*innen des Kreises auch die Stadt Hamburg mit einem Elektroauto erreichen können, braucht es auf den längeren Strecken Schnellladesäulen. Der Kreis Nordfriesland hat daher mit den südlichen Nachbarkreisen Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg und der Projektgesellschaft Norderelbe ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die besten Standorte für Schnellladesäulen entlang der gesamten Westküste von Dänemark bis Hamburg herausarbeitet. Fahrzeugbesitzer*innen sollen an den Schnellladesäulen innerhalb von rund 20 Minuten ihren Akku für die nächsten 100 bis 150 Kilometer aufladen können. 2016 wurde die erste Schnellladesäule an einem aus der Studie herausgearbeiteten optimalen Standort errichtet. Für das kommende Jahr stehen weitere Installationen von Schnellladesäulen kurz vor dem Abschluss.

Energieberatungs-Partys für die Wärmewende

Der Klimaschutz im Gebäudebereich mittels gesteigerter Energieeffizienz und der Nutzung Erneuerbarer Energien ist neben der Mobilität ein weiteres wichtiges Thema, das der Kreis bearbeitet. Mithilfe energieeffizienter Beleuchtung, Telekommunikation und Heizungssystemen ist es bereits gelungen, den Energieverbrauch der kreiseigenen Gebäude um mehr als ein Drittel senken. Nun geht es Klimaschutzmanagerin Locher darum, auch die privaten Hausbesitzer*innen zu mobilisieren. Um sie über Dämmen, Heizen und Stromsparen zu informieren, wurde die Idee der Energieberatungs-Party geboren. Hausbesitzer*innen laden Freunde*innen und Bekannte ein sowie eine*n Energieberater*in zu einem Treffen in lockerer Runde ein. Der Berater nimmt dabei einen Check des gesamten Hauses vor und zeigt auf, wie für möglichst wenig Geld ein höchstmöglicher Effekt erzielt werden kann. Der Fachmann arbeitet im Auftrag der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) und wird durch das Klimaschutzmanagement des Kreises vermittelt. Kosten entstehen bei der Energieberatungsparty für die Gastgeber*innen nicht, denn das Kooperationsprojekt wird von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und der gemeinnützigen Gesellschaft für Energie und Klimaschutz (EKSH) gefördert. „Der Vor-Ort-Termin baut Hemmschwellen ab und fördert den Austausch von Ideen und Informationen untereinander“, sagt Marei Locher. Wenn das Format gut ankommt, wird es demnächst vielleicht auch außerhalb des Kreises Nordfriesland Anwendung finden.