Tuningen

1. Die Kommune

1.1 Strukturelle und sozioökonomische Ausprägungen

Die baden-württembergische Gemeinde Tuningen liegt im Süden des Landes. Als Teil des Schwarzwald-Baar-Kreises verfügt sie über ausgedehnte Waldflächen, die Touristen*innen und die 2.932 Einwohner*innen zum Verweilen einladen. Auf einer Fläche von 15,59 Quadratkilometer (km2) breitet sich die Gemeinde aus. Mit einer Bevölkerungsdichte von 188 Personen pro km2 ist die Gemeinde vergleichsweise dünn besiedelt. Das durchschnittliche verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in Tuningen beträgt 23.851 Euro, womit es über dem Durchschnitt des Landes liegt . Kern der Gemeinde ist das Dorf Tuningen, das von acht angrenzenden Höfen umschlossen wird: Birkenhof, Erlenhof, Haldenhof, Lindenhof, Lochenrain, Obere Mühle, Schonwiesen und Untere Mühle.

1.2 Lokale politische Entscheidungsstrukturen

Bürgermeister der Gemeinde ist seit März 2019 Ralf Pahlow (CDU), der zuvor beim Straßenverkehrsamt des Kreises angestellt war. Sein Vorgänger, Jürgen Roth (CDU), wurde zum Oberbürgermeister von Villingen-Schwenningen gewählt. Der Gemeinderat besteht aus zwölf Mitgliedern, von denen sieben der Freien Liste Tuningen und fünf der Liste für Bürgerbeteiligung und Umwelt (LBU) angehören. Der Gemeinderat entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, sofern nicht der Bürgermeister Kraft Gesetz oder nach der Hauptsatzung  zuständig ist. Der Gemeinderat war bei der Umsetzung des Solarparks treibende Kraft.

1.3 Politische Rahmenbedingungen

Der Anteil der Erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg an der Bruttostromerzeugung betrug 2019 31 Prozent. Damit standen die Erneuerbaren Energien 2019 erstmals an zweiter Position im baden-württembergischen Strommix.  Im Energiemix des Landes haben Photovoltaik-Anlagen (9,7 %), gefolgt von Wasserkraft (8,2 %) und Windenergieanlagen (5,3 %) sowie Biogasanlagen (5,0 %) die größten Anteile an der Bruttostromerzeugung durch erneuerbare Technologien. Auch im Bereich Wärme konnte der Anteil der Erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch auf 15,9 Prozent gesteigert werden.

Foto: EnBWSeit 2012 ist Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) Ministerpräsident des Landes. Bis 2016 regierten die Grünen gemeinsam mit der SPD. Nach den Landtagswahlen 2016 wechselte der Koalitionspartner, sodass Kretschmann seitdem eine Koalitionsregierung aus Grünen und der CDU anführt. Im Koalitionsvertrag 2021 („Jetzt für Morgen“) wurde ein Sofortprogramm für Klimaschutz und Energiewende formuliert, das umfangreiche Maßnahmen und finanzielle Mittel in Aussicht stellt. In diesem Zuge sollen etwa Kommunen stärker unterstützt und zur Wärmewende befähigt werden, Freiflächen-Photovoltaik und Netzte sollen ausgebaut und die Genehmigungsprozesse für Windenergie vereinfacht werden. Für Windräder und Solaranlagen sollen mindestens zwei Prozent der Landesfläche vorrangig reserviert werden und auf Gebäuden soll es eine Solaranlagen-Plicht geben. Um die eigenen Klimaziele zu schaffen, ist nach Berechnungen der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg die jährliche Inbetriebnahme von 110 Windturbinen der 5-MW-Klasse notwendig. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr sind im Bundesland lediglich zwölf Windturbinen mit 37 MW Leistung neu ans Netz gegangen.

Mit dem novellierten Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG), das am 1. Juli 2015 in Kraft trat, soll der Anteil Erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung gesteigert und gleichsam die Energieeffizienz erhöht werden. Beim Einbau oder Erneuern von Zentralheizungen verlangt das Gesetz einen Erneuerbaren-Anteil von 15 Prozent. Dieser Anteil kann beispielsweise durch die Beimischung von Bioöl oder Biogas zum fossilen Brennstoff erfüllt werden oder alternativ auch durch die Installation einer Solarthermieanlage oder eine Holzpellet-Heizung. Auch ergänzende Maßnahmen, wie etwa zur Wärmedämmung, können bei der Anrechnung berücksichtigt werden. Die Gebäudeeigentümer*innen müssen ihre getroffenen Maßnahmen der zuständigen Baubehörde nachweisen.


2. Charakterisierung der Erneuerbare-Energien-Projekte

2.1 Beschreibung des Fallbeispiels

Im Juni 2017 wurde der Solarpark Tuningen in der gleichnamigen Gemeinde, beidseitig der Autobahn A 81, fertiggestellt . Der Park besteht aus einem östlichen Teil, der mit 3,8 Hektar (ha) etwas größer ausfällt, als der westliche Teil der Anlage, der 2,5 ha umfasst. Im Mai wurden die 16.500 Solarmodule von der Göppinger Fachfirma „Habdank“ installiert. Verbaut wurden kristalline Module mit einem Wirkungsgrad von 16,28 Prozent auf einer Unterkonstruktion mit einer Neigung von 21 Grad, um eine optimale Stromausbeute zu gewährleisten. Jedes Modul des Solarparks verfügt über eine individuelle Leistung von 270 Watt, sodass das gesamte Solarkraftwerk eine Leistung von 4,5 Megawatt bereitstellt. Pro Jahr wird eine Stromernte von beinahe fünf Millionen Kilowattstunden erwartet. Damit versorgen die auf einer Fläche von 5,9 ha installierten Module bis zur 1.400 Durchschnittshaushalte mit Strom (womit Tuningen rein rechnerisch energieautark wäre). Dieser Wert entspricht einer jährlichen Einsparung von 3.400 Tonnen CO2.

Foto: EnBWDer Park ist so konzipiert, dass eine Doppelnutzung durch die Beweidung der Fläche durch Schafe möglich ist. Außerdem wurden bewusst Flächen freigelassen, die in Zukunft aufgrund der entfallenden Landwirtschaftlichen Nutzung speziell für Störche ein gutes Nahrungsangebot versprechen. Über eine Laufzeit von 25 Jahren soll das Projekt der EnBW Tochtergesellschaft, die Bauherr und Eigentümer der Anlage ist, EnBW Solar GmbH betrieben werden. Die Unternehmenstochter hatte bereits 2015 über das Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur den Zuschlag für die Errichtung des Parks bekommen. Im Januar 2017 wurde der Bau schließlich im Gemeinderat beschlossen.

2.2 Arten der finanziellen Beteiligung

Eigentümer des Solarparks Tuningen ist die EnBW Solar GmbH. Beteiligen konnten sich aber auch Privatpersonen in Form eines „Nachrangdarlehens“ (Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt) mit einem Gesamtvolumen von einer halben Millionen Euro aus Tuningen sowie den Nachbargemeinden Villingen-Schwenningen, Bad Dürrheim, Durchhausen und Talheim. Pro Person konnte bis zu 10.000 Euro investiert werden. Die Laufzeit eines Darlehens beträgt fünf Jahre bei einer jährlichen Verzinsung von 2,5 Prozent. Eine Kündigung während der Laufzeit ist nicht möglich. Verwaltungskosten oder Provision fallen nicht an .

2.3 Portrait des Projektträgers

Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, welche auch den Solarpark Tuningen betreibt, zählt zu den vier größten Energieversorgern in Deutschland. Ursprünglich stammt das Stromangebot des Unternehmens überwiegend aus konventionellen Kraftwerken. Im Jahr 2012 leitete die Aktiengesellschaft mit Sitz in Karlsruhe infolge des politisch beschlossenen Atomausstiegs einen Umbau des eigenen Portfolios ein. Ende 2022 wird die letzte noch in Betrieb befindliche Atomkraftanlage in Neckarwestheim außer Betrieb gehen. Unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Frank Mastiaux investierte die EnBW großflächig in Erneuerbare Energien, sodass im Jahr 2020 insgesamt 39 Prozent ihrer produzierten Energie aus nachhaltigen Quellen stammte. Dies entspricht einer Produktion von rund 4,9 Gigawatt (GW) installierter Leistung.  Bis 2025 soll das Erzeugungsportfolio der aus 50 Prozent Erneuerbare Energien bestehen. Das Unternehmen strebt eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 an.

Den Steckbrief von Tuningen finden Sie hier auch im PDF-Format.