"Wenn Deutschland die Klimaziele auch im Wärmemarkt erreichen will, kommt man um moderne Holzenergie nicht herum"

Frau Schmidt-Menig, diesen Sommer wurden Sie erneut zur Vorsitzenden des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands e.V. (DEPV) gewählt. Welche Aufgaben übernimmt der Verband?

DEPV-Vorsitzende-Beate-Schmidt-Menig-DEPV_Vors._Beate_Schmidt-Menig_Wald_neu_72dpiDer DEPV vertritt die moderne Energieholzbranche mit Pellets-, Scheitholz- und Hackschnitzelanlagen – effiziente Anlagen, die emissionsarm und umweltfreundlich den heimischen Rohstoff Holz nutzen. Unsere Mitglieder bilden den gesamten modernen Markt ab: Vom Pelletproduzenten über Händler und Dienstleister bis hin zu Feuerungsherstellern und Lageranbietern – auch Sanitär-Heizungs-und Klimatechnik-Betriebe können über eine Fördermitgliedschaft dabei sein. Unser Tochterunternehmen, das Deutsche Pelletinstitut (DEPI) übernimmt das Dachmarketing und kommuniziert rund um das Heizen mit Pellets und moderner Holzenergie, bietet Weiterbildungen für Heizungsbauer an und stellt die Brennstoffqualität für Pellets, Hackschnitzel und Briketts über die Zertifizierung ENplus sicher.

Sie hatten dieses Amt bereits vom Jahr 2005 bis 2011 inne. Wie hat sich die Branche seitdem verändert?

Die Pelletbranche hat sich schnell entwickelt, wie unsere Aktivitäten rund um eine professionelle Marktdokumentation mit Preisstatistik und Produktionszahlen zeigen, genauso wie die umfassende Qualitätssicherung für Brennstoff und Handwerk. Anders als zu Beginn des Jahrtausends, als das Interesse an Pellets nur dem Reiz des Neuen geschuldet war, präsentieren wir uns heute zeitgemäß und professionell. Das Produkt „Heizen mit Pellets“ erlaubt sowohl mit Heizkessel als auch mit Pelletkaminofen eine nahezu CO2-freie, günstige Wärmegewinnung bei vergleichbarem Komfort zu fossilen Heizungen. Dazu gehört eine hochmoderne, das heißt effiziente und emissionsarme Verbrennungstechnik, genauso wie Premiumpellets – hier ist heute das ENplus-Zertifikat für Produktion und Anlieferung Standard.

Am 5. Oktober beginnt die Woche der Wärme, in der die Erneuerbaren-Verbände über die Möglichkeiten fossilfreier Wärmeerzeugung informieren. Welche Rolle spielen die Holzpellets in der Wärmewende?

Die energetische Holznutzung erzeugt rund zwei Drittel der Erneuerbaren Wärme in Deutschland, Pellets steuern insgesamt 6,4 Prozent des Erneuerbaren-Anteils bei. Mit modernen, automatisch betriebenen Holzfeuerungen, wie z.B. mit Pellets, wird die größte Möglichkeit an CO2-Einsparung im Gebäude ermöglicht. Dazu harmonieren wir perfekt mit anderen erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik, Wärmepumpe oder Solarthermie.

Wenn Deutschland die Klimaziele auch im Wärmemarkt erreichen will, kommt man um moderne Holzenergie nicht herum. Wir haben im Frühling 2020 die 500.000ste Pelletheizung eingeweiht und können problemlos aus den in Deutschland anfallenden Sägespänen 1 Million Anlagen nachhaltig und regional versorgen.

Zu geringe Förderung, rechtliche Rahmenbedingungen und zu wenig spezifische Kenntnisse im Handwerk, um nur einige Punkte zu nennen: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Hemmnisse der Wärmewende?

Die Förderlandschaft ist es sicherlich nicht, da ist Deutschland weltweit führend! Die seit Jahresbeginn neue Förderung mit bis zu 45 Prozent beim Ölkesseltausch über das Marktanreizprogramm (MAP) hat Holzheizungen 2020 richtig gepusht. Der Regelsatz beträgt 35 Prozent für Anlage, Einbau und fast alle Umfeldmaßnahmen wie Lager, Schornstein und Entsorgung der alten Anlage. Das hat dazu geführt, dass der Absatz für Pelletfeuerungen in der Corona-Zeit funktionierte.

Heizungsbauer schult das DEPI seit 2011 zu allem rund um die kleinen Presslinge. Im Herbst starten wir zusammen mit dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) zudem ein E-Learning „Erneuerbare Wärme“ für Auszubildende im SHK-Handwerk.

Wie wird mit Standards und Zertifikaten sichergestellt, dass Pellets emissionsarm verbrennen und gegenüber den Emissionen von Heizöl und Erdgas gut abschneiden?

Da kommt Verschiedenes zusammen – Holz verbrennt zwar klimaneutral, ist aber ein komplexer Naturbrennstoff. Das fängt bei der automatischen Brennstoffzufuhr und Regelung der Verbrennung an. Die moderne Technik holt mit Pelletheizungen und -kaminöfen höchst effizient das Letzte aus den Presslingen heraus. Dafür ist regelmäßige Wartung durch einen qualifizierten Pelletfachbetrieb notwendig. In der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) werden für Pelletfeuerungen besonders strenge Grenzwerte für Staub und Kohlenstoffmonoxid (CO) festgelegt, die in der Praxis eingehalten bzw. sogar deutlich unterschritten werden. Im Gegensatz zu Kaminöfen werden Pelletheizungen alle zwei Jahre im Praxisbetrieb überprüft.

Dazu kommt ein hochwertiger, standardisierter Brennstoff, mit dem diese feinen Einstellungen überhaupt erst möglich sind. In Deutschland entsprechen fast alle hergestellten Pellets der Qualität ENplus-A1, gehen also über die internationale Norm DIN EN ISO 17225-2 hinaus. Werden sie dann noch fachgerecht und schonend von einem ebenfalls zertifizierten Händler in ein professionell geplantes Lager eingeblasen, ist das die andere Hälfte der Miete.

Die deutschlandweite Verteilung von Pelletheizungen zeigt, dass sie vermehrt im Süden der Republik installiert sind. Was können die Bundesländer tun, um Pelletheizungen zu fördern?

Förderprogramme auf Landesebene waren in der Vergangenheit zusätzlich zur Bundesförderung immer ein kleiner Marktanreiz. Mit dem neuen Marktanreizprogramm (MAP), das kommendes Jahr durch die Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG) abgelöst wird, wäre es wichtiger, dass die Länder ihre Kommunikation zum Heizungstausch und die Fortbildung des Handwerks intensivieren.

Dürfen wir Ihnen zum Abschluss zwei persönliche Fragen stellen: Wer inspirierte Sie zu Ihrem Berufsweg und wie kam es zu Ihrem Interesse an den Erneuerbaren Energien?

Bereits in den 90er Jahren hatte ich Kontakte zur Biomasse-Branche in NRW und der damaligen Landesinitiative Zukunftsenergien, der heutigen Energieagentur. Die meisten Projekte, die unser Ing.-Büro damals im Rahmen der Biomassestrategie NRW umsetzte, hatten die energetische Holznutzung zum Schwerpunkt. Bei einem Termin im Wirtschaftsministerium erfuhr ich von Frau Dr. Wieschenkämper, dass die Landesregierung eine Werbekampagne zum Heizen mit Holzpellets plante. Sie hat mich damals dazu motiviert, mich für die Kampagnenleitung zu bewerben.

Wir waren dort sehr erfolgreich und hatten einflussreiche Unterstützer, wie beispielsweise Bärbel Höhn, die sich als NRW-Umweltministerin intensiv für Pellets engagierte und auch mit gutem Beispiel voranging, das heißt, selbst mit Pellets heizte.

Nach vier Jahren im Umweltministerium und dem damaligen Regierungswechsel reizte mich dann die Industrie. Ich wechselte zum Pelletkesselspezialisten ÖkoFEN und zog nach Bayern. Seit 2009 bin ich dort in der Geschäftsleitung und verantworte die Bereiche Marketing und Vertrieb.

Wo möchten Sie die Erneuerbaren im Jahr 2030 sehen und welche Rahmenbedingungen müssen dafür geschaffen werden?

Der DEPV hat im Frühjahr 2020 die 500.000ste Pelletheizung vorgestellt. In den nächsten Jahren müssen noch über 5 Millionen Ölheizungen ersetzt werden. Wir haben also eine gute Perspektive, mit Pelletheizungen und anderen modernen Holzfeuerungen davon einen großen Anteil zu ersetzen. Das heißt, bis zur einmillionsten Pelletfeuerung in Deutschland soll es deutlich schneller gehen. Bei der aktuellen Wachstumsgeschwindigkeit visieren wir 2030 an.

Ordnungsrecht wie das GEG mit Einschränkungen für den Einbau von neuen Ölheizungen ab 2026 und der CO2-Preis für fossile Brennstoffe schon ab dem nächsten Jahr sind sicherlich Anreize, dass Heizungsbesitzer sich überhaupt mit dem Thema befassen. Dass diese Maßnahmen ausreichen, wage ich aber zu bezweifeln.

So lange aber, wie momentan, noch mehr neue Öl- als Pelletheizungen eingebaut werden, wird es mit den Klimazielen schwierig!

Foto: DEPV