Verfehlte Ausbauziele und hoher Stromexport: Was läuft in Deutschland schief?

Deutschland wird nach aktuellem Stand seine Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien verfehlen. Das moniert auch der Europäische Rechnungshof. Zusätzlich steht die Bundesrepublik in der Kritik, weil sie Strom in Milliardenhöhe ins Ausland exportiert. Ein Überblick.

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Der EU-Rechnungshof beanstandet, was seit einiger Zeit in der Erneuerbaren-Energien-Branche und der Öffentlichkeit klar ist: Deutschland liegt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zurück. Das EU-Ziel ist ein Anteil an Erneuerbaren von 20 Prozent bis 2020. Deutschland und sieben andere Staaten müssten noch zwei bis vier Prozentpunkte zulegen, um das zu schaffen. Die Bundesrepublik liege vor allem beim Heizen und Kühlen mit Erneuerbaren zurück. Sechs weitere Staaten werden ihre Ziele sogar absehbar verfehlen, darunter die Niederlande, Frankreich, Großbritannien und Polen. „Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz galt einst als Muster. Doch hohe Kosten zwangen zu Reformen. Jetzt lahmt der Ausbau von Ökoenergien“, schreibt etwa ZDF heute. Die Branchenverbände hatten bereits Alarm geschlagen und mehr Anstrengung beim Ausbau der Erneuerbaren gefordert: „Die Bundesregierung sollte bei ihren anstehenden klima- und energiepolitischen Entscheidungen die Kritiken des Europäischen Rechnungshofs und der Energiewende-Expertenkommission berücksichtigen und das Tempo der Energiewende wieder deutlich erhöhen“, sagt etwa Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE).

Hindernisse müssen abgebaut werden

Die Debatte über den Ausbau erneuerbarer Energiequellen ist in Deutschland auch deshalb so brisant, weil Energiekonzerne Strom in Milliardenhöhe ins Ausland exportieren. Grund dafür sind die Überkapazitäten auf dem deutschen Strommarkt, die sowohl aus fossilen als auch regenerativen Energiequellen stammen, wie ntv berichtet. Der Stromaustauschsaldo Deutschlands betrug im Jahr 2018 rund minus 50 Terawattstunden (TWh). Das bedeutet: Deutschland hat vergangenes Jahr etwa 50 Terawattstunden mehr exportiert als importiert. Das zeigen die Daten von Statista. Die Deutsche Welle setzt diese Menge ins Verhältnis und schreibt, dass sie ausreichen würde, um ganz Portugal ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Auch die Energy Charts des Fraunhofer ISE zeigen neue Monatsrekorde bei Stromerzeugung und -export. Deutschland war demnach im Januar 2019 der größte europäische Stromexporteur (7,2 TWh). Danach folgten Russland (1,4 TWh), Tschechien (1,2 TWh), Frankreich (1,1 TWh) und Schweden (1,1 TWh). Die größten Importeure waren Italien (2,9 TWh), Finnland (2,3 TWh), Großbritannien (1,5 TWh) und Ungarn (1,0 TWh).

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Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix lag im Jahr 2018 bei 38,2 Prozent. Mit rund 226 Milliarden Kilowattstunden lieferten Erneuerbare Energien mehr als ein Drittel der deutschen Bruttostromerzeugung, wie die Grafik der AEE zeigt. Sie sind damit der wichtigste Energieträger zur Stromproduktion. Den größten Teil trug die Onshore-Windenergie mit 14,4 Prozent bei. Biomasse und Photovoltaik produzierten je 8,0 Prozent und 7,2 Prozent. Deshalb liegt die Forderung vieler Verbände und Politiker*innen nahe, die Hindernisse bei den Ausbauzielen zu beseitigen: Dazu gehören restriktive Raumordnungsvorschriften, langwierige Verwaltungsverfahren und Unzulänglichkeiten der Stromnetze. Auch eine breite kommunikative Begleitung des Ausbaus ist wichtig, um Akteur*innen vor Ort zu überzeugen. Der BEE fordert des Weiteren höhere Ausschreibungsmengen.


Dieser Artikel wurde im Renews, dem Newsletter der Agentur für Erneuerbare Energien, veröffentlicht.

Foto: Jeswin Jomon/Unsplash

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