Wie in der Energieregion Nordwest Sektorenkopplungsprojekte intelligente Energiesysteme vorantreiben

Der Nordwesten Deutschlands nimmt heute bundesweit eine Schlüsselposition in der Umsetzung der Energiewende ein. Mit über 55.000 EEG-Erzeugungsanlagen hat die Region die bundesweiten Ziele der Energiewende für 2050 bereits 2012 erreicht. Die Entwicklung großer Teile der regionalen Energiewirtschaft ist auf innovative Impulse aus der ansässigen Forschungslandschaft zurückzuführen, die mehr als 800 Beschäftigte zählt.

Der Oldenburger Energiecluster OLEC e.V. ist dabei das größte technologieübergreifende Energienetzwerk im Nordwesten. Der Cluster bindet verschiedenste Unternehmen und Forschungseinrichtungen entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette ein und ermöglicht hierdurch einen systemorientierten Austausch aller an der Umsetzung der Energiewende beteiligten relevanten Partner. Mit der Förderung ganzheitlicher Innovationsprojekte wird unter anderem ein Beitrag zur Entwicklung intelligenter Regionen geleistet. Das Netzwerk versteht sich zudem als Dialogplattform für die Energiewende in ganz Niedersachsen. Für den Know-how-Transfer werden auch die grenznahen Verbindungen zu den niederländischen und dänischen Partnernetzwerken Energy Valley in Groningen und dem Cleantec-Cluster in Kopenhagen genutzt.

Exemplarisch zeigen zwei Praxisprojekte wie OLEC die Sektorenkopplung in der Region Nordwest vorantreibt.

Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst (ENaQ)
Im Rahmen der Förderinitiative „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt realisiert ein Konsortium von 21 Partnern aus Industrie und Forschung unter der gemeinsamen Koordination der OLEC-Mitglieder Informatikinstitut OFFIS und der Stadt Oldenburg ein klimafreundliches Wohnquartier auf einer Teilfläche des stillgelegten Fliegerhorsts in Oldenburg. ENaQ beschäftigt sich speziell mit der Frage, wie eine lokale Energiegemeinschaft aus sozialer und betriebswirtschaftlicher Sicht ausgestaltet sein muss, um eine hohe Akzeptanz bei Anwohnern, Besitzern der Erzeugungseinheiten und Dienstleistern zu erlangen und auch langfristig attraktiv sowie betriebswirtschaftlich tragbar zu sein.

Unter dem Motto „Energie von Nachbarn für Nachbarn“ entsteht ein Smart City Wohnquartier mit etwa 110 Wohneinheiten, in dem der Energiebedarf zum größten Teil aus lokal erzeugter Energie gedeckt werden wird. Das dabei entstehende Quartierskonzept stellt dabei einen Verbund an Erzeugern und Verbrauchern dar, die in direkter Interaktion miteinander stehen. Überschüssige Energie kann dabei in andere Energieformen umgewandelt und gespeichert werden. Das Konzept verfolgt den Gedanken, die Energieeffizienz zu steigern, indem „Abfallenergie“ vermieden und eine Maximierung des lokalen Verbrauchs von nachbarschaftlich erzeugter Energie angestrebt wird. Hierfür ist geplant, ein Infrastrukturkonzept zu erarbeiten und umzusetzen, das die physischen Infrastrukturen Strom, Wärme und alternative Antriebsformen mit Hilfe von Energiekopplern miteinander in einem Sektor übergreifenden Versorgungsnetz verbindet.

Perspektivisch soll das ENaQ-Quartier zu einem „Smart City Reallabor“ ausgebaut werden. Dieses Versorgungsnetz soll später auf weitere, für Norddeutschland typische Bestandsquartiere mit steigender Eigenversorgung übertragbar sein: Die Anwohner werden über ein Community-Portal als Energieproduzenten und Verbraucher in die Konzeption von Anreizmodellen für die Bildung lokaler Energiegenossenschaften einbezogen, ebenso in die daraus abgeleiteten Geschäftsmodelle für Dienstleister, zum Aufbau und Betrieb von weiteren Energetischen Nachbarschaftsquartieren.

Power to flex
Das Projekt Power to Flex, welches sich durch das Förderprogramm INTERREG VA finanziert, zielt darauf ab, Lösungen für das Energiesystem der Zukunft, welches von Sektorenkopplung geprägt sein wird, zu erarbeiten: Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden aus dem Norden der Niederlande und Nordwestdeutschland entwickeln Versuchsanlagen für die Speicherung erneuerbarer Energien.

Sonne und Wind erzeugen mal zu viel und mal zu wenig Strom. Angebot und Nachfrage lassen sich dadurch schwer in Einklang bringen. Das Projekt Power to Flex will Lösungen bieten und realisiert innovative Pilotprojekte für die Speicherung nachhaltig erzeugter Energien. Die Energiespeicherung erfolgt in Form von Wasserstoffgas, Wärme, Elektrizität und Biogas, sowohl in kleinem (Einzelhaushalte) als auch mittelgroßem Maßstab (Unternehmen, Wohnblocks und Mobilität). OLEC unterstützt das Projekt im Kommunikations- und Netzwerkaufbau.