Energie-Kommune des Monats: Beckum

Dezember 2015

Die Stadt Beckum befindet sich im südöstlichen Münsterland, im südlichen Teil des Kreises Warendorf. Aufgrund bodennaher Kalksteinvorkommen hatte sich die Stadt mit Beginn der Industrialisierung zu einem bedeutenden Zentrum der Zementindustrie entwickelt. Mit 32 Zementwerken im Jahr 1930 erreichte der Bestand seinen Höhepunkt, so dass das Beckumer Zementrevier in dieser Zeit als größte „Zementmulde“ der Welt galt. 2015 sind noch zwei Zementwerke mitten in der Stadt in Betrieb und wichtige Arbeitgeber für die 36.000-Einwohner-Stadt. Die Landschaft ist aufgrund dieser Entwicklungen bis heute von großen Steinbrüchen, ehemaligen rekultivierten oder naturbelassenen Abbauflächen sowie ausgedehnten Fabrikanlagen geprägt.

Klimaschutzziele für Beckum
Die Stadt Beckum hat sich das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß der Gemeinde bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Ausgangsjahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig soll der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch im Jahr 2020 bei 25 bis 30 Prozent und beim Wärmeverbrauch bei 14 Prozent liegen.

Um die eigenen Ziele zu erreichen, wurde 2010 ein integriertes Klimaschutzkonzept veröffentlicht. Neben der Analyse der Treibhausgasbilanz der Kommune beinhaltet es insgesamt 52 Maßnahmen, mit denen die Beckumer ihre Ziele erreichen können. Der Stadtrat hat zudem sieben Leitprojekte benannt, die seitdem umgesetzt werden und den Klimaschutz in der Gemeinde fördern.

Die sieben Leitprojekte im Überblick:

  • eine Allianz und Kampagne „Klima für Klimaschutz in Beckum“
  • die Entwicklung eines Bürgerklimafonds bzw. einer Bürgerenergiegenossenschaft
  • ein Modellprojekt CO2-freie Schule
  • die Entwicklung einer Potenzial- und Umsetzungsstudie für regenerative Energien
  • die Entwicklung eines Förderprogramms „Faktor 5“ für private Sanierungsmaßnahmen
  • das Projekt Baubetriebshof
  • die Stärkung des Radverkehrs mit dem Ausbau des Wegenetzes, der Öffentlichkeitsarbeit, der Elektromobilität, etc.

2013 lag der Gesamtenergieverbrauch innerhalb des Stadtgebiets von Beckum mit den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr bei 1.380.000 Megawattstunden. Das entspricht einer Energieeinsparung von acht Prozent im Vergleich zu 1990. Während der Anteil der Erneuerbaren Energien im Bereich Strom 2015 schon bei knapp 40 Prozent liegt und damit die Ziele für 2020 bereits erreicht sind, liegen die Werte für erneuerbare Wärmeenergie und für den Verkehrsbereich noch zurück. „Somit gilt es, vor allem in den beiden Handlungsfeldern Wärme und Verkehr, neue Wege und Lösungen zu entwickeln, um die Ziele bei Energieeffizienz und Einsatz Erneuerbarer Energien auch in diesen Bereichen zu verwirklichen“, erklärt Tobias Illbruck, Klimaschutzmanager der Stadt. Er hat sein Amt seit 2011 inne und unterstützt die Stadt dabei, die gesteckten Ziele zu überprüfen und eine Erfolgskontrolle der Projekte rund um den Klimaschutz durchzuführen.

Interkommunaler Baubetriebshof
2010 stand die Aufgabe an, den bisherigen Baubetriebshof Beckums und zwei Gärtnereien an einem zentralen Standort zusammenzulegen. Als Lösung ergab sich, zusätzlich auch den Standort des Baubetriebshofes des Kreises Warendorf auf Beckumer Stadtgebiet in dem Neubau unterzubringen und so ein interkommunales Kooperationsprojekt zu realisieren. Dem Bürgermeister, Kämmerer und Umweltdezernent, Landrat, die Leitungen des jeweiligen Amtes für Umweltschutz sowie die Betriebsleiter der Bauhöfe ging es am Anfang vor allem um Synergieeffekte bei Arbeitsabläufen und Ausstattung. Das Aufgabengebiet des Baubetriebshofes beinhaltet die Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten an öffentlichen Einrichtungen,  Reinigungsarbeiten an öffentlichen Grünanlagen und Plätzen sowie den Winterdienst.

Schon in der Planungsphase wurde schnell deutlich: Wird die Wärmeversorgung des neuen Betriebshofes mit seiner Fläche von rund 1.100 Quadratmetern auf Erneuerbare Energien umgestellt, verringern sich der Treibhausgasausstoß und die Kosten für den Einkauf fossiler Energieträger. Seit der Fertigstellung 2013 erzeugt eine Hackschnitzelheizung mit einer Leistung von 126 Kilowatt Wärme und Warmwasser. Die Anlage verwendet ausschließlich Holzabfälle, die bei der Straßen- und Begleitgrünpflege der Stadt Beckum anfallen. Während der Wärmebedarf der alten Standorte in den Jahren 2010 bis 2012 im Mittel bei jährlich 540.000 Kilowattstunden lag, betrug der Wärmebedarf im Jahr 2014 noch 167.000 Kilowattstunden und damit rund 75 Prozent weniger als in den Vorjahren.

Für die Stromversorgung des Baubetriebshofs ist außerdem eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 119 Kilowatt peak installiert worden. Die Jahresabrechnung für 2014 hat gezeigt, dass mit einem Eigenanteil von 26 Prozent (28.000 Kilowattstunden) mehr als ein Viertel des erzeugten Stroms selbst genutzt werden konnte. So werden zum Beispiel die von den Mitarbeitern gefahrenen Elektrofahrräder mit dem Strom vom Dach geladen. Der Rest (rund 42.780 Kilowattstunden in 2014) wird ins öffentliche Netz eingespeist. Somit erzeugt, der Bauhof mehr Strom als er verbraucht. Mit dem Gemeinschaftsprojekt sparen die Stadt Beckum und der Kreis Warendorf im Vergleich zu den ehemaligen Standorten pro Jahr rund 136 Tonnen Treibhausgas und jeweils rund 100.000 Euro Betriebskosten ein.

Schule als Vorbild für Gebäude mit Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz
Ein weiteres Vorzeigeobjekt ist das Gebäude der Kettelerschule. Der Gebäudebestand stammt aus den 1960er Jahren und wurde nach 2010 energetisch saniert. Während das Nebengebäude mit einer Fläche von 64 Quadratmetern weiterhin mit einer Gasheizung versorgt wird, liefert seit 2010 eine Holzpelletheizung Wärme und Warmwasser für das Hauptgebäude und die Turnhalle (zusammen rund 2.200 Quadratmeter zu beheizende Fläche). Die energetische Sanierung sowie die Umstellung von Gas auf Pellets haben dazu geführt, dass die Wärmeversorgung nun 90 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als früher. Auf dem Dach der Schule betreibt die Bürgerenergiegenossenschaft Beckum (BEB) eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 70 Kilowatt.

Windenergie im Zusammenwirken mit energieintensiver Zementindustrie
Im Gebiet der Stadt gibt es zwei Vorranggebiete für Windenergie, auf denen in den 1990er Jahren 20 Windenergieanlagen errichtet wurden. In der Gemeinde gibt es seit 2012 Bestrebungen, einen neuen Bürgerwindpark mithilfe einer Genossenschaft zu realisieren. Die Planungen hierzu sollen voraussichtlich bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Auch das vor Ort verwurzelte Familienunternehmen, das eines der beiden Zementwerke betreibt, hat den Plan entwickelt, auf einer ehemaligen Steinbruchfläche Windräder zu errichten, um den dort erzeugten Ökostrom direkt im Zementwerk zu nutzen. Im Zuge des Masterplanprozesses überprüft die Stadt Beckum grundsätzlich das Potenzial der vorhandenen Zementwerke für die hiesige Energiewende. Gelänge es, ihren Energiebedarf variabler zu gestalten, ergäbe sich ein großes Potenzial als Ausgleich fluktuierender regenerativer Energieerzeuger.  Darüber hinauserzeugen die Werke Wärme, die mittels eines Nahwärmenetzes genutzt werden könnten.

Integriertes Klimaschutzkonzept
Das Integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Beckum sieht neben der CO2-Einsparung auch die Förderung und Stärkung Erneuerbarer Energien vor. Das darin genannte Leitprojekt „Potenziale für regenerative Energien“ beinhaltet den Masterplan Erneuerbare Energien. Er betrachtet den Außenbereich des Stadtgebiets und trifft Aussagen, welche Potenziale Windenergie, Freiflächen-Photovoltaik und Biogasnutzung in Beckum haben. Die größten Potenziale liegen im Bereich der Windenergie durch Repowering von Windenergieanlagen und zusätzliche Neuanlagen. Weitere Potenziale  sind im Ausbau von Biogasanlagen, der  Errichtung von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen skizziert.

Das Klimaschutzkonzept zeigt auf, welche Maßnahmen die Beckumer Klimabilanz verbessern. Dazu zählen der Aufbau von Förderprogrammen für den Klimaschutz über Information, Beratung und Beteiligung der Öffentlichkeit mit Kampagnen bis hin zur Einrichtung von Arbeitskreisen und Netzwerken. Maßnahmen der Stadtverwaltung sind z.B. Gebäudesanierung, Steigerung der Energieeffizienz, Erhöhung des Anteils regenerativer Energien, Stärkung des Radverkehrs und Aufbau von Aktions- und Beratungsstrukturen. Bei der Ausnutzung vorhandener Potenziale könnten pro Jahr insgesamt etwa 41.000 Tonnen Treibhausgase eingespart werden.

Um das integrierte Klimaschutzkonzept weiterzuentwickeln, arbeitet die Stadt an einem Masterplan „100 % Klimaschutz“ und bewirbt sich um eine Förderung im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Als Masterplan-Kommune würde sich Beckum verpflichten, die eigenen Treibhausgasemissionen bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 zu senken und den Verbrauch an Endenergie in diesem Zeitraum zu halbieren.