Energie-Kommune des Monats: St. Wendel

Dezember 2014

Der Landkreis St. Wendel liegt im nördlichen Saarland an der Grenze zu Rheinland-Pfalz und erstreckt sich mit seiner Fläche vorwiegend über den 2.055 km² großen Naturpark Saar-Hunsrück, der mit seiner reizvollen Natur- und Kulturlandschaft ein attraktives Ziel für viele Besucher darstellt. Schon lange vor der politisch ausgerufenen Energiewende hat sich der Landkreis auf den Weg gemacht, erster „Null-Emissions-Landkreis“ im Saarland zu werden. Ein Zukunftsprojekt, das gemeinsam mit den Kommunen und der regionalen Wirtschaftsförderungs-gesellschaft im Rahmen der Initiative „Null-Emission Landkreis St. Wendel“ vorangetrieben wird. Landrat Udo Recktenwald betont: „Verfolgt werden dabei drei Ziele: Klimaschutz durch Reduzierung von Treibhausgasen, regionale Identität durch Akzeptanz und Teilhabe der Bevölkerung und regionale Wertschöpfung und damit aktive Wirtschaftsförderung.“ Mit der Zielsetzung Richtung Klimaschutz will St. Wendel bis 2030 den CO2-Ausstoß um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 verringern, bis 2050 soll die Energieversorgung dann CO2-neutral sein. Schon jetzt wird der Strombedarf der knapp 90 000 Einwohner zu circa 35 Prozent aus Erneuerbaren Energien gedeckt. 

Strategien zur Steigerung der Wertschöpfung
Der dezentrale Ausbau und die Nutzung von Erneuerbaren Energien schützen nicht nur das Klima, sondern können auch Kaufkraft in den Kommunen generieren. Durch die Einbindung von regionalen Unternehmen, Banken sowie Investoren und vor allem mit Hilfe von Bürgern erzielen Kommunen höhere Steuer- und Pachteinnahmen während Unternehmensgewinne und Beschäftigungspotenziale zunehmen. Zudem profitieren Kommunen durch Einsparungen bei den Energiekosten, da durch die Nutzung von Erneuerbaren Energien fossile Energieträger substituiert und damit die Abhängigkeit von Importen gestoppt werden kann. Landrat Udo Recktenwald hebt hervor: „Die Energiewende bietet für den ländlichen Raum enorme Chancen, etwa durch die Erzeugung der Energie vor Ort, vorzugsweise mit regionalen Partnern, um Investitionen und Renditen in der Region zu lassen.“ Um die Wertschöpfung in der Region zu halten, nutzt der Landkreis St. Wendel verschiedene Strategien zur Steigerung der Wertschöpfung von Erneuerbaren Energien.

Einbindung lokaler Akteure
Wenn Kommunen direkt in Sonne, Wind & Co. investieren, bleiben die erzielten Gewinne vor Ort. Durch die Stadtwerke investierte die Stadt Sankt Wendel etwa direkt in den Ausbau von Erneuerbaren Energien, unter anderem durch eine 50-prozentige Beteiligung bei der Solarpark Sankt Wendel GmbH und durch eine Beteiligung am Windpark Oberthal. Der Windpark Oberthal, ein rein regionales Projekt, besteht aus vier Anlagen mit einer jeweiligen Leistung von 3 Megawatt. „Ich bin überzeugt, dass die regionalen Betriebe eher profitieren, wenn wir als Kommunen dafür sorgen, dass die Wertschöpfung hier bleibt und nicht die Großunternehmen aus anderen Teilen der Republik hierher kommen, die dann den Rahm abschöpfen und denen die Region relativ egal ist. Wir müssen durch unsere Maßnahmen dazu verleiten, dass regionale Betriebe ins Geschäft kommen“, meint Udo Recktenwald, Landrat in St. Wendel.



Durch die Verpachtung ihrer Flächen können Kommunen den Ausbau von Erneuerbaren Energien verstärkt fördern. Die meisten Kommunen konzentrieren sich hier auf die Dachflächen kommunaler Gebäude zum Ausbau von Photovoltaikanlagen. Beispielsweise hat die Gemeinde Oberthal im Kreis St. Wendel drei ihrer Dachflächen verpachtet, auf denen Solaranlagen mit einer jährlichen Einspeisung von etwa 95.000 kWh Strom betrieben werden. 


Kommunen können außerdem Strom und Wärme direkt beziehen. Der Landkreis St. Wendel nutzt in eigenen Gebäuden Hackschnitzelheizungen und ein Kindergarten im Landkreis bezieht einen Teil seines Stroms vom eigenen Dach aus einer Solarstromanlage der örtlichen Energiegenossenschaft. Zudem nutzten die Sanitärgebäude am Bostalsee, dem größten Freizeitsee im Südwesten Deutschlands, die Solarthermieanlagen auf dem Dach zur Warmwasserbereitung.



Durch die eingetragene Energiegenossenschaft können sich die Menschen vor Ort direkt an Projekten der Erneuerbaren Energien beteiligen. Die Bürger Energie Genossenschaft (BEG) St. Wendeler Land eG errichtet nicht nur Photovoltaikanlagen (auf insgesamt 13 öffentlichen Gebäuden wurde in der Gemeinde Freisen bis März 2013 eine Solarleistung von circa 332 KW realisiert), sondern hält auch Anteile an der Windpark Oberthal GmbH bzw am Solarpark Freisen Auf der Schwann GmbH. Als nächstes Ziel hat sich die Energiegenossenschaft ein Nahwärmeprojekt vorgenommen. Landrat Udo Recktenwald betont: „Wir als Landkreis möchten Vorreiter im Klimaschutz sein. Dazu fördern wir die intensive Vernetzung zahlreicher Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Hierbei ist vor allem die aktive Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger wichtig.“

Eine erfolgreiche Einbindung der Menschen vor Ort zeichnet sich durch direkte Kommunikation und durch das Aufzeigen von Möglichkeiten und Vorteilen der Beteiligung aus. Mit Hilfe der verschiedenen Netzwerkpartner wurden Strategien in Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit umgesetzt. So unterstützt insbesondere die Kultur-Landschaft-Initiative St. Wendeler Land, eine Lokale Aktionsgruppe im LEADER-Programm der Europäischen Union, die Initiative mit ihrem Netzwerk und ihren Fördermitteln. Mit zahlreichen Aktionen, Messeauftritten, Workshops und Arbeitsgruppen werden die Bürger informiert und mit eingebunden. Das vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement vom Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier erstellte Klimaschutzkonzept, die Entwicklung eines Logos für die Initiative, der Aufbau einer Internetseite und zahlreiche Printprodukte, sowie Presseartikel sorgen für eine breite Sichtbarkeit und eine gemeinsame Strategie. Außerschulische Lernorte und die Einbeziehung von weiterführenden Schulen ermöglichen ein breites Bildungsangebot. Durch das Zukunfts-Energie-Netzwerk und die Energie-Projekt-Gesellschaft St. Wendeler Land werden verschiedene Projekte im Landkreis koordiniert. Als Vernetzungsstelle zwischen den verschiedenen Akteuren agiert der Klimaschutzmanager des Landkreises, Michael Welter. Udo Recktenwald ist sich sicher: „Der weltweiten Klimaerwärmung kann nur wirksam begegnet werden, wenn auch auf kommunaler Ebene alle Anstrengungen für eine Energiewende unternommen werden“.