Über den Zusammenhang von Strompreisen und Konzernabwanderungen

chemie_strompreisDie Auswirkung der Strompreise auf den Industriestandort Deutschland ist ein Dauerthema der Wirtschaftsressorts und daher auch in der Sommerpause im Fokus. So nimmt zum Beispiel der BASF-Vorstandschef Kurt Bock in einer Kommentarreihe des Manager Magazins das Thema auf, wenn er ausführt, wie unattraktiv der deutsche Industriestandort aufgrund der hohen Energiepreise geworden sei. Energie sei in Deutschland im weltweiten Vergleich teuer. BASF-Kunden seien allerdings nicht bereit, einen Energiezuschlag auf Produkte "Made in Germany" zu zahlen. Während in den vergangenen Jahren noch ein Drittel der weltweiten Investitionen von BASF nach Deutschland floss, würde es in den nächsten fünf Jahren nur noch ein Viertel sein. Ein Artikel in der FAZ zwei Tage später beleuchtet nicht nur die Position der chemischen Industrie, sondern geht auch die Standortentscheidungen von Autobauern wie VW oder BMW ein. Jörg Rothermel, Chef des Branchenverbands EID, ist hier Zitatgeber: Das grundsätzliche Problem der steigenden Energiekosten in Deutschland sei nicht gelöst. Die Verdoppelung der EEG-Mindestumlage auf 0,1 Cent je Kilowattstunde im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung belaste die Unternehmen. Nicht wenige Betriebe mit hohem Stromverbrauch wie Stahl-, Baustoff-, Chemie- oder Papierhersteller überlegten laut Rothermel, in den Vereinigten Staaten draufzusatteln. Leser erfahren in diesem Text weiterhin vom Problem der schleichenden Deindustrialisierung. Gegenpositionen dazu fehlen in diesem Text, diese finden sich erst in einem weiteren Gastkommentar in der Süddeutschen Zeitung. Dieses Mal äußert sich Claudia Kemfert, Wirtschaftsexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Sie bringt einige Zahlen in die Diskussion ein: Stromkosten machten im Schnitt etwa drei Prozent des Unternehmensumsatzes aus. Einzelne – energieintensive – Unternehmen hätten in der Tat hohe Energiekosten; genau die seien sie aber umfassend von politisch motivierten Zahlungen, wie Ökosteuer oder EEG-Umlage, ausgenommen. Kemfert unterstreicht: „Wenn Unternehmen tatsächlich Abwanderungspläne hegen, dann ganz sicher nicht wegen der Strompreise, sondern wohl eher wegen Lohn- oder Produktionskosten, weil im Ausland Steuererleichterungen locken oder weil die zentralen Absatzmärkte inzwischen nicht mehr in Deutschland oder Europa liegen.“ Sie verweist darauf, dass gerade energieintensive Unternehmen derzeit von historisch niedrigen Strompreisen an der Börse profitierten.

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