Altensteig

Juli 2009

In der Gemeinde Altensteig ist der größte Windpark des Landes Baden-Württemberg in Betrieb. Im Nordschwarzwald drehen sich hoch über dem Tannenwald 14 Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 28 Megawatt. Die Anlagen stammen vom dänischen Hersteller und Weltmarktführer Vestas, der auch in Deutschland produziert. Die Betreiber des Windparks freuen sich über den hohen Ertrag von etwa 64 Millionen Kilowattstunden. Damit können rund 20.000 Vier-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt und an die 55.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart werden.  „Wind weht nicht nur am Meer. Auch bei uns im Schwarzwald kann er wirtschaftlich genutzt werden“, stellt Gerhard Feeß, Bürgermeister der 11.000 Seelen-Gemeinde Altensteig, fest.

Umweltministerin vom Land Baden-Württemberg weihte Windpark ein

Die Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, Tanja Gönner, kam extra am 4.Oktober 2007 für die Eröffnung des Windparks. „Der Windpark ist ein Leuchtturmprojekt für die Nutzung der Windenergie in Baden-Württemberg“, betont die Umweltministerin bei der Eröffnung.

Die Umweltministerin weist auf der Internetseite des Ministeriums darauf hin, dass die Potenziale zur Nutzung der Windenergie in Baden-Württemberg bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Ausgehend von 0,4 Prozent Anteil der Windenergie im Jahr 2005 soll bis zum Jahr 2020 eine Verdreifachung - also etwa 1,2 Prozent Windenergie am Stromanteil - erreicht werden. Weiter betont die Umweltministerin die Chancen, die in der Windkraft auch in Baden-Württemberg liegen. Windkraftanlagen könnten einen noch höheren Beitrag zum Klimaschutz und zur Unabhängigkeit von Energieimporten leisten. Außerdem wachse die Zahl der Beschäftigten in diesem Hochtechnologiesektor: “Es geht darum, in der Zukunftsbranche der Umwelttechnologien technisches Know-how, Wertschöpfung und damit Arbeitsplätze im Land zu halten und weiter auszubauen. Deshalb werbe ich für eine noch höhere Akzeptanz der Windkraft“, verspricht Tanja Gönner auf dem Landesportal Baden-Württemberg.    

Windpotenziale in Baden-Württemberg liefern Spitzenerträge

Baden-Württemberg hat hervorragende Vorraussetzungen für die Nutzung der Erneuerbaren Energien: Die Sonneneinstrahlung ist deutschlandweit Spitze, große Wälder und landwirtschaftliche Flächen ermöglichen die Nutzung der Bioenergie, das Wasserkraftpotenzial ist dank vieler Flüsse hoch und im Oberrhein auf der Schwäbischen Alb lässt sich die Erdwärme gut nutzen. Doch auch die Potenziale der Windenergie sind in Baden-Württemberg durchaus vorhanden. So sind beispielsweise die Flächen auf den Höhenrücken des Nordschwarzwalds und auch die Hangkante zum Rheintal interessante Standorte für binnenlandoptimierte Windparks. An guten Standorten können Windkraftanlagen daher auch in Baden-Württemberg Spitzenerträge liefern.

Entwicklungsland Baden-Württemberg

Doch trotz der guten Potenziale und des Engagements einiger Kommunen rangiert das drittgrößte Bundesland bisher mit gerade einmal 400 Megawatt installierter Windleistung (Jahr 2008) auf dem drittletzten Platz im bundesdeutschen Vergleich. Brandenburg kommt auf mehr als 3.500 Megawatt installierter Leistung. Und selbst das sehr kleine Bundesland Bremen hat mehr als doppelt so viel Windenergie installiert wie Baden-Württemberg.

Der Bundesverband Windenergie hat errechnet, dass in Baden-Württemberg problemlos 10 Prozent des Stroms aus umweltfreundlicher Windenergie wirtschaftlich bereitgestellt werden kann. Dass die attraktiven Flächen in Baden-Württemberg häufig ungenutzt bleiben und die Windräder heute nur 0,5 Prozent des Strombedarfs decken liegt nicht an den Windverhältnissen, sondern an schwierigen Rahmenbedingungen von Seiten der baden-württembergischen Regionalplanung. „Der Aufgeschlossenheit gegenüber den vielen möglichen Mosaiksteinen einer dezentralen Energieversorgung sollte in der Landespolitik eine noch größere Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden. Dieses Zukunftsthema dürfen wir nicht verschlafen, auch wenn wir große Energieproduzenten im Land haben. Sie müssen mit ins Boot“, bewertet Bürgermeister Feeß vorsichtig die politischen Rahmenbedingungen in Baden-Württemberg.

Einsprüche im Planungsprozess

Schon im Jahr 2003 hatte die Verwaltungsgemeinschaft Altensteig mit den umliegenden Gemeinden und Landkreisen einen gemeinsamen Bereich für die Ansiedlung von Windenergienanlagen auf der Gemarkung Simmersfeld und Seewald ausgewiesen. Damit sollte die Ansiedlung von Windenergienlagen gebündelt und möglichen Investoren Flächen zur Verfügung gestellt werden. Der Regionalverband Nordschwarzwald berücksichtigte diesen Bereich in Form einer Vorrangfläche in seinem Regionalplan und bestätigte die Eignung des Standortes. Die Projektentwickler des über 40 Millionen Euro teueren Projektes gaben daraufhin alle nötigen Studien in Auftrag. Besonders viel Wert wurde auf die Umweltverträglichkeitsstudie gelegt, in der sowohl der Einfluss der Anlagen auf den Menschen als auch auf Flora und Fauna detailliert untersucht wurde. Trotz der positiven Ergebnisse der Studie und auch einer umgehenden Vorabinformation, unterstützt durch die beteiligten Kommunen, bildete sich 2004 eine Bürgerinitiative, die den Planungsprozess äußerst kritisch begleitete und im Jahr 2005 den Petitionsausschuss des Landes Baden-Württemberg anrief. Ziel war es, die Anlagen zu reduzieren oder gar zu verhindern. Nach langer Beratung und Prüfung im Petitionssausschuss lehnte dort eine Mehrheit den Windpark im Februar 2006 ab, ohne aber nachvollziehbare Gründen zu präsentieren. Entgegen dieser Entscheidung stimmte jedoch Ende Februar 2006 der Landtag Baden-Württemberg dem Vorhaben zu, worauf umgehend durch das Landratsamt Calw die Genehmigung erteilt wurde.

Technische Herausforderung für Mensch und Maschine

Das Gießen der Fundamente und die eigentliche Turmaufstellung hat ungefähr ein Jahr gedauert. Über 150 Betonmisch-Ladungen waren dafür nötig. Die Aufstellung der Anlagen von Vestas - 4 Anlagen V 80 – 2 MW mit einer Nabenhöhe von 100 Metern und 10 Anlagen V 90 – 2 MW mit einer Nabenhöhe von 125 Metern - war eine technische und logistische Herausforderung für alle Beteiligten. Es gab einen engen Zeitplan, knapp gehaltene Flächen für Zufahrt und Aufstellung im Wald sowie 125 Meter Türme mit Pilotcharakter. Zur Aufstellung der 125 Meter Türme wurde ein Aufbaukran mit einer Länge von 145 Metern verwendet. Für die Anlieferung der über 4,5 Meter Durchmesser großen Basisteile musste eine ganze Flotte von Schwertransportern angeheuert werden. Parallel zu den Baumaßnahmen auf dem Windparkareal wurde eine 20 KV Elektrokabelleitung unterirdisch vom Windpark bis nach Altensteig in die Netzanbindestation verlegt.  Die Auswahl des Standortes auf dem Gelände des ehemaligen Munitionsdepot hat dazu geführt, dass die Eingriffe in den Wald so gering wie möglich gehalten werden konnten und auf Grund der exponierten Lage auf dem Hügel zeigt sich eine überdurchschnittliche Windausbeute.