Baunatal

August 2008

In der nordhessischen Stadt Baunatal (28.000 Einwohner) gehen die Verringerung des Energieverbrauchs und die Nutzung Erneuerbarer Energien Hand in Hand. Ein konsequentes Energiemanagement für die städtischen Liegenschaften, eine wirkungsvolle Energieberatung sowie ein beispielhaftes Baugebiet zeichnen das städtische Klimaschutzengagement aus.

Energiemanagement und Klimaschutz in kommunalen Liegenschaften

Im Jahr 2005 begann mit der Ernennung eines Energiebeauftragten das Energiemanagement der Gemeinde. Seitdem werden die Energieverbrauchsdaten der städtischen Liegenschaften systematisch erhoben, überwacht und bewertet. Die Verwaltung erhält durch jährliche Energieberichte konkrete Handlungsempfehlungen.

Anhand von Schwachstellenanalysen werden Verbesserungsmaßnahmen ausgearbeitet und Energiesparprojekte durchgeführt. So konnte durch den Austausch von 20 Heizkesseln durch moderne Anlagen in den Jahren 2003-2007 eine Menge Energie eingespart werden. Daneben wurden Regelungen für Lüftungsanlagen erneuert, Wärmedämmungen angebracht und Fassaden saniert.

Für eine effiziente Wärmeversorgung von ca. 190 Häusern sorgen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Eine davon steht im ansässigen VW-Werk. Während VW den Strom selbst nutzt, wird die Wärme seit 1996 in das Leitungsnetz der Stadtwerke gespeist und zu den Abnehmern geleitet. Weitere Blockheizkraftwerke sind im städtischen Schwimmbad und der Kläranlage installiert.

Ausbau der Solarenergie

Die Nutzung der Sonnenenergie ist Baunatal ein besonderes Anliegen. Ziel ist es, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Solarthermie- und Photovoltaikanlagen gehören inzwischen selbstverständlich zum Stadtbild. Die Fläche, auf der Solarwärme gewonnen wird, hat sich zwischen 2005 und 2008 auf 1.900 Quadratmeter verachtfacht. Die Leistung der Photovoltaikanlagen hat sich von 254 kWp (2005) auf ca. 1.800 kWp (2008) mehr als versechsfacht. Rechnerisch kann der Baunataler Stadtteil Guntershausen bereits ausschließlich mit Sonnenstrom versorgt werden.

Für die Solarstromerzeugung vermietet die Stadt auch Dachflächen an private Investoren. Derzeit wird eine Bürgerbeteiligungsmöglichkeit erarbeitet.

Seit Oktober 2005 wird die Stromversorgung auf der Erdaushubdeponie in Großenritte mittels einer Photovoltaikanlage sichergestellt. Das Projekt wurde von der Stadt Baunatal und den Unternehmen SMA Technologie AG aus Niestetal und SolarCent aus Kassel ins Leben gerufen. Das besondere an der Anlage ist, dass der erzeugte Strom nicht ins öffentliche Netz eingespeist wird, sondern zur Selbstversorgung dient. Deutschlandweit gibt es heute nur wenige solcher Inselsysteme. Eine Schautafel auf dem Gelände bringt den Bürgern die Möglichkeiten der Photovoltaik näher. Darüber hinaus nimmt Baunatal am Wettbewerb „Solarbundesliga“ und der Aktion „Solarlokal“ teil.

Klimaeffizientes und ökologisches Baugebiet

Im Baugebiet „Am obersten Heimbach“ entwickelt und gestaltet die Stadt Baunatal ein klimaeffizientes Wohngebiet. Dafür wurde in Zusammenarbeit mit dem Kompetenznetzwerk für dezentrale Energientechnologien (DeENet e.V.) ein zukunftsweisendes Energiekonzept erarbeitet.

Ziel ist es, dass Grundstückseigentümer Gebäude errichten, die Erneuerbare Energien nutzen und einen möglichst geringen CO2-Ausstoß verursachen. Baunatal gibt durch den Bebauungsplan und einen städtebaulichen Vertrag Ziele und Rahmen vor. Die Baufamilien entscheiden selbst, wie sie den Rahmen ausfüllen. So erhalten sie die Chance ein energetisch effizientes Haus zu bauen, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Das Energiekonzept für das Baugebiet besteht aus drei wesentlichen Bausteinen: der Festlegung eines energetischen Mindeststandards, der Verpflichtung zur Nutzung Erneuerbarer Energien oder einer besonders effizienten Heiztechnik und die Unterstützung durch einen Energieberater.

Der Energiebedarf der Gebäude muss die Werte der Energieeinsparverordnung (ENEV) um mindestens 15 Prozent unterschreiten. Welches Heizsystem eingesetzt wird, entscheidet die Baufamilie selbst. Damit ein hoher Ausnutzungsgrad für Solaranlagen gewährleistet ist, sind die Baufelder im Bebauungsplan entsprechend angeordnet. Lediglich bestimmte Baumarten dürfen gepflanzt werden, damit die Gebäude nicht verschattet werden. Die Inanspruchnahme eines Energieberaters ist verbindlich, um die kommunalen Förderprogramme in Anspruch nehmen zu können. Der Energieberater informiert über die verschiedenen technischen Möglichkeiten, über Förderprogramme und Wirtschaftlichkeit. Wenn der Energieberater nach dem Bau zu dem Ergebnis kommt, dass alle Arbeiten im Sinne der energetischen Ziele fachgerecht umgesetzt sind, ist die Voraussetzung zum Abruf der Fördermittel erfüllt.

Fordern und Fördern

Durch die Kombination von Beratung und Förderung setzt die Stadt auf Überzeugungsarbeit. Einen finanziellen Anreiz gibt das kommunale Förderprogramm in Form eines zinsfreien Darlehens. Die Höhe des Darlehens bestimmt sich nach dem energetischen Standard des Gebäudes. Je energiesparender gebaut wird, umso mehr Bonuspunkte bescheinigt der Energieberater. Insgesamt hat die Stadt bis 2010 dafür ein Budget von 450.000 EUR vorgesehen.

Um die Nutzung der Sonnenenergie voranzutreiben, fördert die Stadt Baunatal Solarthermie- und Photovoltaikanlagen. Seit 2005 sind bereits über 250 Anträge bewilligt worden und die starke Nachfrage hält an. Die kommunalen Förderregelungen sind so gestaltet, dass sie sich mit anderen Förderprogrammen (z.B. „Ökologisch Bauen“ der KfW) kombinieren lassen.

Das Land Hessen fördert die Entwicklung und Umsetzung des Musterbaugebietes. Für ihre Vorreiterrolle wurde die Stadt durch die Zeitschrift Demo und durch das Hessische Umweltministerium mit überregionalen Preisen ausgezeichnet.

Energieberatung und Öffentlichkeitsarbeit

Ein Bestandteil des Klimaschutzengagements ist der Energieberatungsservice für Privathaushalte. Der Energiebeauftragte ist Ansprechpartner und Koordinationsorgan für Energiefragen in der Stadt. Die Bürger können sich unter anderem zu Themen wie energetischer Altbausanierung, Heizungsmodernisierung, Energieeinsparverordnung und Einsatz regenerativer Energien beraten lassen. Bei Bauvorhaben ist es Ziel, das Grundstück optimal und energieeffizient zu nutzen. Die Energieberatungsstelle informiert zudem über Fördermöglichkeiten und stellt den Kontakt zu Energieberatern und Fachleuten aus der Region her.

Daneben organisiert die Stadt Informationsveranstaltungen, Ausstellungen und Besichtigungen. Durch die Mitgliedschaft in Umwelt- und Energieagenturen wie Energie 2000 und deENet sorgt die Stadt für Vernetzung und Expertise.