Dahlenburg

Februar 2009

Die niedersächsische Gemeinde Dahlenburg mit ihren fünf Mitgliedsgemeinden und weiteren fünf anliegenden Kommunen (insgesamt rund 10.000 Einwohner) kann sich nicht nur zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien versorgen, sondern erzeugt gleich 200 Prozent des eigenen Strombedarfes mit Erneuerbarer Energie.

Windenergie und Bioenergie machen es möglich

Das kleine Elektrizitätswerk Dahlenburg AG mit 25 Mitarbeitern hat in den letzen Jahren hauptsächlich in die Errichtung von Erneuerbaren Energienanlagen investiert. „Im Notfall sind wir in der Lage unser Netz, an das neben Dahlenburg noch 40 weitere kleinere Ortschaften angeschlossen sind, selber mit eigenem Strom zu versorgen“, betont Vorstandschef Rolf Bannehr.  Besonders Wind- und Bioenergie tragen zur rechnerischen Vollversorgung bei. Neben einem Windpark mit 18 Anlagen der Zwei-Megawatt-Klasse betreibt das E-Werk ein Biogaskomplex mit drei Blockheizkraftwerken à 526 Kilowatt elektrischer Leistung. Zusammen produzieren die Anlagen mehr als 82 Millionen Kilowattstunden aus Erneuerbaren Energien. Dazu kommen noch Beteiligungen an Windparks in Köthen (Sachsen-Anhalt), Gremersdorf (Mecklenburg-Vorpommern) und in Wismar (Brandenburg).

Elektrizitätswerk übernimmt ökologische und wirtschaftliche Verantwortung

Dahlenburg liegt 25 km östlich von Lüneburg, südlich der Elbe. Nicht weit vom Wendland entfernt, rollen jährlich die Castortransporte durch die Region. Die Internetseite des E-Werks hebt die Vorteile von Erneuerbaren Energien gegenüber der Atomkraft hervor: „Windenergieanlagen brauchen Platz, sie sind unübersehbar. Aber von ihnen geht keine Gefährdung durch atomare Strahlung aus, sie hinterlassen den folgenden Generationen keinen vergifteten Müll und Windmühlen können – anders als Atomkraftwerke – nach dem Betriebsende problemlos abgebaut werden.“  Aber nicht nur ökologische Gründe sind ausschlaggebend für das Engagement. Dank der Erneuerbaren Energien konnte das E-Werk die betriebswirtschaftliche Unabhängigkeit  bewahren. Als verhältnismäßig kleines Energieversorgungsunternehmen brauchte das E-Werk ein zweites wirtschaftliches Standbein, um im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb auf dem Energiemarkt zu bestehen. Langfristig war abzusehen, dass ein lokaler Versorger mit bloßem Stromverkauf und Durchleiten nicht mit den großen Energieriesen konkurrieren kann. Deshalb begann vor einigen Jahren der schrittweise Umbau des E-Werks. Die 1908 eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Ziel war es, in eigene Erzeugungskapazitäten zu investieren und dadurch unabhängiger von der Konkurrenz zu werden. Aufgrund des dezentralen Charakters und den geringen Investitionskosten, entschied sich das E-Werk für die Erneuerbaren Energien.

Windenergie 

Im Mai 2001 begann die Planung des ersten Windparks für 18 Anlagen vom Typ Vestas V 80-2,0 MW. Die Anlagen erzeugen genug Strom, um 20.000 Menschen und die Unternehmen in der Region zu versorgen. Das lokal verwurzelte Unternehmen sieht sich selbst als ein regionales Wirtschaftsprojekt. Mit diesem Selbstverständnis wurde der Windpark geplant und errichtet. Unter Einbeziehung der Bürgermeister der umliegenden Gemeinden, des Samtgemeindebürgermeisters sowie des Landrats wurde der Beschluss gefasst in der Samtgemeinde Windkraftanlagen zu errichten. „Im Vorfeld wurden die einzelnen Schritte mit den Bürgermeistern besprochen“, erklärt Bannehr das Verhältnis zu den Gemeindevertretern.  Als nächsten Schritt wurden Windgutachten und andere Untersuchungen durchgeführt und daraufhin eine Auswahl geeigneter Gebiete getroffen. Mit den Grundstückseigentümern wurden Nutzungsverträge geschlossen und im November 2001 die erforderlichen Bauanträge und Genehmigungen bei den zuständigen Behörden eingereicht. Im August 2002 erfolgten die Fundamentierung, der Wegebau, die Umrüstung des Umspannwerkes und die Netzanbindung. Zwischen September und Dezember 2002 konnten die Anlagen fertig gestellt werden. Für den Betrieb wurde eine Betreibergesellschaft gegründet. Die Planung, Projektierung und Betreuung der Anlagen liegt in den Händen des E-Werks. Wirtschaftliche und juristische Beratung holte sich das E-Werk in dem für sie bis dahin noch unbekannten Terrain. Nach den entsprechenden Ausschreibungen wurden Aufträge an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Rechtsanwaltssozietät und ein Kreditinstitut vergeben. Das 36 Megawatt-Projekt hatte ein Investitionsvolumen von 40 Millionen Euro. Zu viel für einen Versorger mit einer Bilanzsumme von zehn Millionen Euro. Daher holten sich die Dahlenburger Unterstützung von der Bremer wpd think energy GmbH & Co. KG im Bereich der finanztechnischen und betriebswirtschaftlichen Fragen. Die wpd ist ein langjähriger Marktführer im Bereich der Kapitalanlagen bei Erneuerbare Energien und konnte einen Großteil der notwendigen Investitionssumme über Beteiligungsformen einbringen. „Wir haben uns damals entschieden, einen erfahrenen Partner für die Einwerbung des restlichen Eigenkapitals einzubinden. Die Aufgabe hätte uns sonst überfordert“, stellt Bannehr fest. Viele Kunden des E-Werks konnten mit vergünstigten Konditionen an dem Projekt teilnehmen. Über die Hälfte des Eigenkapitals stammt von Geldgebern aus der Region. Mit einer Beteiligung von 33 Prozent des Eigenkapitals ist das E-Werk größter Anteilseigener.

Bioenergiepark Dahlenburg

Neben der Windenergie wird mit Hilfe der Bioenergie ein Großteil des Erneuerbaren-Energien-Stroms produziert. Das E-Werk betreibt mit 20 Anteilseignern, vornehmlich zuliefernde Landwirte, den Bioenergiepark Dahlenburg auf dem Gewerbegebiet nordöstlich der Ortschaft. Die Biogasanlage frisst 30.000 Tonnen Mais und Getreideganzpflanzensilage, die von 20 landwirtschaftlichen Betrieben aus der Region angebaut und geliefert werden. Bei der Anlage handelt es sich um eine Trockenfermentationsanlage, d.h. keine Gülle oder Abfälle, sondern nur nachwachsende Rohstoffe werden vergoren und verstromt. Zu den Besonderheiten der Anlage vom Hersteller Bioconstruct GmbH gehört, dass sowohl Fermenter als auch Gärrestelager geruchsdicht und gasdicht abgedeckt sind. Durch die Abdeckung des Gärrestebehälters wird der Wirkungsgrad erhöht und die Methanausbeute optimiert. Drei Blockheizkraftwerke mit 526 kW elektrischer Leistung liefern über 7.800 Stunden im Jahr nicht nur sauberen Strom, sondern auch Wärme. „Wir haben viel Wert darauf gelegt, die erzeugte Wärme bei der Biogasanlage optimal zu nutzen“, betont Bannehr. Die Wärme eines der Blockheizkraftwerke wärmt eine ortsansässige Orchideenzucht, während die beiden anderen Anlagen große Mengen Holzhackschnitzel trocknet. Damit wird die Wärme restlos genutzt, der Wirkungsgrad der Gesamtanlage liegt bei über 85 Prozent.

Am Markt bestehen - Dank Erneuerbarer Energien

Um auch in Zukunft unabhängig als lokaler Energieversorger agieren zu können, bietet das E-Werk seinen Kunden besondere Dienstleistungen an. Dazu gehören, neben Energiespartipps, auch ein Förderprogramm für Erneuerbare Energien für Privatkunden und das Projekt „Dahlenburger Naturstrom“. Im Rahmen des EWD-Förderprogramms bietet das E-Werk seinen Kunden Informationen über Einspeise- und Anschlussbedingungen und eine Wirtschaftlichkeitsberechung bei der Installation einer Photovoltaik-Anlage. Außerdem entfällt die Grundgebühr für den Solarstromzähler, sofern die Anlage keine Energie aus dem Netz bezieht. Auch wird bei der Modernisierung oder dem Neubau einer Heizungsanlage mit integrierter Wärmepumpe ein einmaliger Zuschuss zwischen 250 – 750 € gezahlt – je nach Art der Wärmepumpe.

Projekt „Dahlenburger Naturstrom“

Um den Betrieb von bestehenden Erneuerbaren-Energien-Anlagen auch langfristig zu sichern und den Bau von neuen Anlagen zu fördern bzw. zu realisieren, wurde das Projekt „Dahlenburger Naturstrom“ ins Leben gerufen. Die Kunden haben die Möglichkeit als Verbraucher über die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien mitzubestimmen. Und das funktioniert so: Die Kunden erhöhen den Bezugspreis für Strom auf freiwilliger Basis um einen Cent oder mehr pro Kilowattstunde. Die Mehreinnahmen werden garantiert und transparent für weitere Projekte im Bereich Erneuerbare Energien, wie z.B. für den Bau einer Solarstromanlage, verwendet. Der aus regenerativen Energien gewonnene Strom wird nur in das Versorgungsnetz eingespeist. Jeder Cent wird in die Betriebssicherung bzw. in den Bau von neuen Anlagen in unserer Region investiert. Ein Beirat aus Kunden, die das Projekt „Dahlenburger Naturstrom“ unterstützen, überwacht in regelmäßigen Abständen die Verwendung der zusätzlichen Gelder und fungiert wie ein Aussichtsrat. So können die Dahlenburger aktiv die Umstellung ihrer Energieversorgung auf Erneuerbare Energien mit gestalten.