Hallerndorf

Oktober 2018

EkdM_Hallerndorf_NATURSTROM AGDie bayerische Gemeinde Hallerndorf im oberfränkischen Landkreis Forchheim ist geprägt von vielfältigen Wander-und Radfahrwegen, die sich durch malerische Landschaften ziehen. Besonders der Kreuzberg ist ein beliebtes Ausflugsziel, denn weitreichende Ausblicke in das Umland und kühles Bier aus der alten Brauerei am Fuße des Berges versprechen Erholung und Genuss. Nebenan kann das Herzstück des Nahwärmenetzes der Gemeinde bestaunt werden: Die Energiezentrale mit großer Fensterfront lässt Einblicke in die erfolgreiche Wärmewende Hallerndorfs zu. „In der Wärmewende in Deutschland ist noch Luft nach oben: Nur rund 13 Prozent des Wärme-und Kälteverbrauchs in Deutschland werden durch Erneuerbare Energien gedeckt. Hallerndorf zeigt uns, dass es anders geht“, sagt der kommissarische Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), Nils Boenigk.

Der Winter kann kommen
Das erneuerbare Nahwärmenetz ist erst zwei Jahre alt und versorgt trotzdem schon über 130 Gebäude mit Wärme. Eine Kombination aus Holzhackschnitzel, Pellets und Solarthermie erzeugt die benötigte Wärmemenge von 3 Millionen Kilowattstunden pro Jahr für die Ortschaft Hallerndorf. Die NATURSTROM AG betreibt die Energiezentrale, in der vier modular geschaltete Biomasse-Kessel mit einer Leistung von je 145 Kilowattstunden und ein Kessel mit 300 Kilowattstunden arbeiten. Je nach Wärmebedarf kann die Wärmeerzeugung zurückgefahren oder die Biomasse-Kessel befeuert werden und somit eine Versorgungssicherheit für die Hallerndorfer garantieren. Außerdem werden die Holzhackschnitzel aus der Region bezogen.

Die Solarthermie steht dem Holzhackschnitzel aber in nichts nach: Die solaren Wärmelieferanten stehen auf 1.300 Quadratmetern Fläche und bilden somit die größte Solarthermieanlage in Bayern. Die Idee für das ausgebaute Nahwärmenetz entstand auf Initiative eines Hallerndorfer Vereins, der sich „Generation Erde“ nennt und sich vor Ort für die Energiewende einsetzt. „Für ein Neubaugebiet wollten wir erneuerbare Wärme und haben uns dann gefragt, warum eigentlich nicht für alle?“, so Bürgermeister Torsten Gunselmann. Aus diesem Grund wurden neben den 29 neuen Einfamilienhäusern auch private Bestandsgebäude genauso wie sämtliche gemeindliche Liegenschaften mit in das regenerative Wärmekonzept einbezogen. Nach nur 1,5 Jahren und vielen Informationsveranstaltungen mit dem Netzbetreiber, Politik und Einwohnern ist ein Nahwärmenetz entstanden, welches neben der regionalen Wertschöpfung, kostengünstige und erneuerbare Wärme liefert. Ein positiver Nebeneffekt für die Bürgerinnen und Bürger war die zeitgleiche Verlegung von sogenannten Speedpipes. Es handelt sich um eine Leerrohrinfrastruktur, die für eine zukünftige Glasfaserverlegung bereits im Vorfeld in die vorhandenen Leitungsgräben für eine schnellere Internet-Verbindung parallel mitverlegt wurde. Hiermit konnten zwei moderne Technologien bereitgestellt und die Akzeptanz für die Erneuerbaren Energien gefördert werden.

Mit viel Bürgerengagement zur Energiewende
Nahwärme ist aber kein neues Thema für die rund 4.300 Einwohner: Bereits im Jahr 2012 hatten EkdM_Hallerndorf_Naturstrom_AG_KraftwerkeBürgerinnen und Bürger im Ortsteil Willersdorf eine Energie-Genossenschaft gegründet, um die Abwärme von Biogasanlagen zur eigenen Wärmeversorgung zu nutzen. Das Bioenergiedorf im Ortsteil Willersdorf heizt inzwischen für 83 Anschlussnehmende – darunter auch ein Hotel. Pro Jahr können somit 250.000 Liter Heizöl vermieden werden. Die Gemeindeverwaltung besitzt ebenfalls Genossenschaftsanteile und bezieht Nahwärme für den Kindergarten und ein Grundschulgebäude vom Bioenergiedorf Willersdorf. „Die Initiative der Gemeindebürger zeigt: Die Politik braucht Vorantreiber und Unterstützer für eine erfolgreiche Energiewende“, betont Bürgermeister Torsten Gunselmann.

Ein ähnliches Bürgerprojekt konnte auch mit Solarstromanlagen umgesetzt werden: Auf den Gemeindedächern Hallerndorfs stehen rund 200 Module mit einer installierten Leistung von 28 Kilowatt Peak. Noch heute profitieren die Bürger, die sich als Anleger an dieser Investition beteiligt haben, von einem hervorragenden Zinssatz. „Der Schlüssel für eine erfolgreiche Energie-und Wärmewende sind die Bürgerinnen und Bürger Hallerndorfs. Die dezentralen Energieerzeugungsanlagen als Beitrag zur Energiewende sind nicht mein Verdienst, sondern allein der Erfolg der Hallerndorfer“, erklärt der Bürgermeister Gunselmann.

Zusammen in die Zukunft
Unterstützung und Offenheit für Neues beweist die Gemeinde auch in Bezug auf die Elektromobilität. An der Energiezentrale am Kreuzberg ist bereits eine E-Ladesäule mit Ökostrom errichtet worden. In Zusammenarbeit mit dem Ladesäulenverbund Frankenplus und dem Landkreis Forchheim soll noch mindestens eine E-Ladesäule in Hallerndorf aufgestellt werden. Eine weitere E-Ladesäule wird in Kooperation mit einem privatwirtschaftlichen Betreiber vor dem Rathaus geschaffen. „Die Kooperation mit vielfältigen Partnern von Landkreis, über Unternehmen und besonders den Bürgern zeigt, dass Hallerndorf die Energiewende mit vereinten Kräften anpackt und erfolgreich ist“, so Nils Boenigk, AEE.

Fotos: Kreisstadt Friedberg; Stadtwerke Friedberg