Haßfurt

Februar 2018

EkdM_Haßfurt_Power-to-Gas Elektrolyse SkidBereits seit den neunziger Jahren setzt das fränkische Haßfurt auf Erneuerbare Energien. Laut Bürgermeister Günther Werner spielte dabei vor allem der Schutz von Natur und Umwelt eine zentrale Rolle. „Dies war Motivation genug, Neuentwicklungen und Pilotprojekten im Bereich Erneuerbare Energien schon früh offen gegenüber zu stehen“, so Werner. Außerdem wolle die 14.000-Einwohner-Gemeinde beweisen, dass die Ziele der Energiewende erreichbar sind. Hierbei ziehen die Stadtverwaltung und der Stadtrat, das Stadtwerk und die Städtischen Betriebe, aber auch die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Vereine an einem Strang. 

Besonders stolz sind die Haßfurter auf ihre neueste Errungenschaft, eine containergroße Power-to-Gas-Anlage, die seit Oktober 2016 auf dem Gelände des Haßfurter Mainhafens steht. Sie wird von den Städtischen Betrieben und Greenpeace Energy betrieben. Die Anlage, für die es keine Förderung gab, hat circa zwei Millionen Euro gekostet. „Die Windgas Haßfurt GmbH & Co. KG beabsichtigt die Investitionskosten innerhalb von zehn Jahren zu erwirtschaften“, erklärt Norbert Zösch, Geschäftsführer der Stadtwerk Haßfurt GmbH.

Mittels Elektrolyse wird in Zeiten großen Stromangebots aus Erneuerbaren Energien Wasserstoff erzeugt. Ein Vorteil von Wasserstoff ist es, dass er speicherbar und auch im Wärme- und Verkehrsbereich einsetzbar ist. Und das bei null CO2-Emission.

Stromverbrauch-App dank Haßfurter Schüler
Der erzeugte Wasserstoff ist ein wahres Regionalprodukt, stammt der hierfür benötigte Strom doch aus dem nahegelegenen Bürgerwindpark Sailershäuser Wald und Photovoltaikanlagen. Seit Oktober 2016 konnten damit eine Million Kilowattstunden erzeugt werden. „Der proWindgas Tarif beinhaltet einen Mehrpreis von 0,4 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und liegt aktuell bei 5,9 ct/kWh“, so Zösch. Hinzu kommt der monatliche Grundpreis von 9,90 Euro. Die Kunden sind Haushalte und Firmen. Eine  benachbarte Mälzerei nutzt den beigemischten Wasserstoff mittels firmeneigenen Blockheizkraftwerken (BHKW), um damit Strom und Wärme für den Mälzvorgang der Gerste zu erzeugen. Der hier genutzte Anteil des Wasserstoffes im Erdgas liegt bei 10 Prozent.

Alle Kunden des Haßfurter Stadtwerks, die über einen kostenlos installierten intelligenten Stromzähler, einen Smart Meter, verfügen, können mit Hilfe einer App ihren Strom-, Gas- und Wasserverbrauch kontrollieren. „Dies macht eine effektive Nutzung in kostengünstigen Tarifzeiten möglich, da wir unseren Kunden einen börsenpreisorientierten Stundenpreis anbieten“, erklärt Zösch. Die hierfür benötigte App wurde von Schülern des Haßfurter Gymnasiums entwickelt.

Zu 208 Prozent Erneuerbar
In das Stromnetz der Gemeinde speisen 13 Windkraftanlagen ein. Im vergangenen Jahr betrug deren Produktion 61 Millionen kWh Strom. Weiterhin 10 Millionen (Mio) kWh  steuerten die rund 500 Photovoltaikanlagen bei. Die Anlagen befinden sich unter anderem auf dem städtischen Bauhof, dem Kindergarten, der Kinderkrippe, dem Stadtwerk sowie dem städtischen Freizeitzentrum. Des Weiteren sind Anlagen auf Hausdächern der Baugenossenschaft an denen die Stadt beteiligt ist. Die 14.000-Einwohner-Gemeinde verfügt zudem über eine Biogasanlage. Sie versorgt Privathaushalte mit Strom sowie das Schul- und Freizeitzentrum und ein großes Gewerbegebiet mit Wärme. Im vergangenen Jahr erzeugte die Biogasanlage 12 Millionen kWh.

In einem 2015 neu erschlossenen Neubaugebiet mit circa 130 Wohneinheiten im Endausbau wurde ein sogenanntes „kaltes” Nahwärmenetz verlegt. Der Primärenergiefaktor liegt durch die Kombination von Sonnenkollektoren, Wärmepumpen und einem BHKW bei 0,4 – das heißt, der regenerative Anteil für die Wärmeversorgung liegt bei 40 Prozent.
Weiterhin befindet sich ein Batteriegroßspeicher von der Firma Siemens (Siestorage) mit einer Leistung von 8.000 Kilowatt in der Genehmigungsphase. Die Errichtung ist im April bzw. Mai 2018 geplant.

Die Eigenversorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien erreichte in Haßfurt 2017 rechnerisch 208 Prozent. Die Haßfurter sind durch Bürgerversammlungen und Energieforen  in die Erneuerbare-Energien-Projekte eingebunden. Umfangreiche Informationsmaterialien stellt das Stadtwerk zur Verfügung, zudem wird in der Kundenzeitschrift „Tag und Nacht“, wie auch in der lokalen Tagespresse, über aktuelle  Vorhaben berichtet.

Fünf E-Ladesäulen im Stadtgebiet
Gut aufgestellt ist Haßfurt auch im Bereich Elektromobilität. Die Stadt verfügt über fünf E-Ladesäulen, die mit Ökostrom versorgt werden. Die Ladesäulen werden vom  Stadtwerk betrieben, die über mehrere Elektrofahrzeuge verfügen. Die Stadtverwaltung will sich laut Bürgermeister Werner zudem ein Elektrofahrzeug anschaffen. „Des Weiteren planen wir für die Zukunft die Installation weiterer E-Ladesäulen, unter anderem eine Schnell-Ladestation“, so Werner. Haßfurt setzt Maßstäbe, ist eine derart hohe Anzahl an E-Ladesäulen in einer solch kleinen Kommune außergewöhnlich.

Fotos: Stadtwerke Haßfurt; Stadt Haßfurt