Energie-Kommune des Monats: Aschheim, Feldkirchen, Kirchheim

Dezember 2009

Die drei Nachbargemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim gründeten gemeinsam eine GmbH, um das Thermalwasser im Landkreis München für die Wärmeversorgung zu erschließen. Die Kommunen wollen in den nächsten Jahren rund 80 Prozent ihrer insgesamt 26.000 Einwohner mit Erdwärme versorgen. Diesem innovativen Geothermieprojekt gewährte die KfW-Bankengruppe ein Darlehen über 19,2 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Erneuerbare Energien“.

Bundesweit erstes interkommunales Erdwärmeprojekt
Nachdem die ersten Überlegungen, geothermische Bohrungen in der Gemeinde Aschheim vorzunehmen, 1993 an fehlenden Bohr-Erfahrungen im süddeutschen Molasse­becken scheiterten, kam die Idee, umweltfreundliche Erdwärme zum Heizen zu nutzen, 2005 im Zuge des Klimaschutzes erneut auf die Tagesordnung des Gemeinderats Aschheim: „Unser Ziel ist es, den Bürgern und Gewerbetreibenden eine klimaschonende und preisstabile Energieform zur Verfügung zu stellen“, erläutert Helmut J. Englmann, erster Bürgermeister von Aschheim.

Bereits im Oktober 2005 erteilte das Bayerische Wirtschaftsministerium die Erlaubnis, Probe­bohrungen in einem Erdwärme-Versuchsfeld durchzuführen. Die erfolgversprechenden Prognosen von 82-85 Grad Celsius heißem Wasser in 2,7 Kilometern Tiefe überzeugten auch Aschheims Nachbargemeinden Feldkirchen und Kirchheim davon, sich an dem Vorhaben zu beteiligen.

Im Februar 2007 tagte erstmals der interkommunale Arbeitsausschuss „Geothermie“, bestehend aus den drei ersten Bürgermeistern und weiteren Ratsmitgliedern, aus dem dann im März 2008 die „A(schheim) F(eldkirchen) K(irchheim)-Geothermie GmbH“ hervorging. Sie stellt somit das erste interkommunale Geothermieprojekt in Deutschland dar und bietet den beteiligten Gemeinden den Vorteil, die zentralen Investitionskosten von ca. 60 Millionen Euro gemeinsam zu tragen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz sowie zum Schutz der Naherholungsgebiete zu leisten.

Anlässlich der Bohrplatz-Einweihung im September 2008 lobte Landrätin Johanna Rum­schöttel vom Landkreis München den „Modellcharakter“ des interkommunalen Projekts und zeigte sich erfreut, dass Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim den Landkreis bei seiner Energie­vision unterstützten, 60 Prozent klimaschädliche Energie bis zum Jahr 2050 einzu­sparen.

Übertroffene Erwartungen – zufriedene Betreiber
Das Heizkraftwerk, das dieser Tage in Betrieb gegangen ist, hat gegenwärtig eine geo­thermische Leistung von etwa 7 Megawatt und versorgt über ein Transportnetz von insgesamt 17 Kilometern zunächst über 300 Wohn- und Gewerbegebäude, ein Einkaufzentrum, ein Pfarrheim sowie ein Seniorenheim mit Fernwärme der AFK-Geothermie GmbH. Für die kommenden Jahre ist stufenweise eine Erweiterung der Anlage bis auf 20 Megawatt geplant, so dass im Endausbau 6.000 Objekte angeschlossen werden können. „Dadurch erreichen wir eine Einsparung von bis zu 30.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr“, erklärt Heinz Hilger, erster Bürger­meister der Gemeinde Kirchheim. AFK-Geothermie-Geschäftsführer Fröhlich ist sehr zufrieden mit dem Zulauf an Kunden: Bereits rund 50 Prozent der poten­tiellen Anschluss­leistung für 2009 wurden verkauft, das sind etwa 12,5 Megawatt. Weitere 16 Prozent seien in Verhandlung. Das ursprüngliche Ziel von 30 Prozent verkaufter Leistung für das Jahr 2009 habe die AFK-Geothermie also mehr als erreicht.

Auch die Erwartungen der Geologen vor Beginn des Projekts seien bei Weitem übertroffen worden – so erlangt das Wasser an der Bohrstelle eine Schütt­menge von 75 anstatt 55 Litern pro Sekunde sowie eine Temperatur von 85 Grad Celsius, die durch eine Wärmepumpe weiter erhöht wird. Die Betreiber erwarten daher, dass der Spitzenlastkessel nur wenige Stunden im Jahr in Betrieb genommen werden muss und der Wärmebedarf der Gemeinden zu gut zwei Dritteln aus Geothermie gedeckt werden kann. Mit zunehmendem Wärmebedarf der wachsenden Kommunen würde jedoch der Einsatz von zusätzlichen regenerativen Energie­trägern notwendig.

Bürger zeigen großes Interesse
Den drei Gemeinden lag von Anfang an viel daran, die Bürger über das Geothermieprojekt aufzuklären und sie in die Planungen mit einzubeziehen. So wurden schon vor der Gründung der GmbH Umfragen in den drei Gemeinden durchgeführt, die ergaben, dass die Bewohner der Idee nicht nur eine hohe Akzeptanz entgegenbringen, sondern auch ein großes Interesse an eigenen Anschlüssen besteht. „Wir spüren, dass die Bürger starkes Vertrauen in ihre Gemeinden setzen, die hinter diesem Projekt stehen“, folgert Thomas Fröhlich, vormaliger Umweltbeauftragter von Aschheim und heutiger Geschäftsführer der AFK-Geothermie, angesichts einer voll besetzten Infoveranstaltung, die von Gemeinden und GmbH angeboten wurde.

Darüber hinaus stellt die AFK-Geothermie den Bewohnern von Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim ein Expertenteam zur Verfügung, das die einzelnen Haushalte individuell berät und einen Kostenvergleich zwischen aktueller Energieversorgung und der Versorgung mit regenerativer Geothermie erstellt. Werner van der Weck, erster Bürgermeister von Feld­kirchen, fordert seine Bürgerinnen und Bürger per Internet-Grußwort auf, die Anschluss­möglichkeit an Erdwärme zu nutzen, schließlich „investieren wir bei der Geothermie in unseren eigenen Energielieferanten.“ Der Arbeitspreis für eine Kilowattstunde Erdwärme der AFK Geothermie beträgt derzeit 6,96 Cent – damit ist die Erdwärme nahezu so günstig wie konventionelle Energieträger. Zudem verbessern sich die Wettbewerbsbedingungen für Geothermie laufend durch die langfristige Preissteigerung der fossilen Rohstoffe. Neben den regel­mäßigen Beratungs­­terminen in den Kommunen können die Bürger auch Hausbesuche mit den Kunden­beratern vereinbaren. Als besonderen Anreiz bietet die AFK-Geothermie noch bis Ende September 2010 Frühbucherrabatte an, mit denen die Kunden die Anschluss­kosten um bis zu 2.380 Euro reduzieren können.

Erstmalige Förderung durch KfW-Bank
Ein weiterer Vorzug des interkommunalen Vorhabens besteht darin, dass die GmbH für die Gemeinden gemeinsame Fördergelder beantragen konnte. In den zentralen Investitionskosten von rund 60 Millionen Euro sind bisher jeweils 12,5 Millionen Euro Eigenkapital pro Gemeinde vorgesehen. Knapp eine Millionen Euro Zuschuss steuert das Bayerische Wirtschafts­ministerium für die Entwicklung und den Einsatz einer hochinnovativen Wärmepumpe bei. „Nach acht Monaten Prüfzeit kam im Juli 2009 dann der positive Bescheid der KfW-Bank“, freut sich Geschäftsführer Fröhlich: Als bundesweit erstem Geothermieprojekt wurde der AFK-Geothermie ein Darlehen von 19,2 Millionen Euro und ein zusätzlicher Tilgungs­zuschuss von über 6 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Erneuerbare Energien“ der KfW-Bank zugesagt. Damit zählt das innovative Konzept der drei Kommunen zu den am höchsten durch die KfW-Banken­gruppe geförderten Projekten in Deutschland.

Ein Blick über den Gartenzaun
Das geothermische Heizkraftwerk ist nicht das einzige Projekt der Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim in Sachen Erneuerbare Energien. Im Rahmen der Energiespar­förderprogramme der einzelnen Gemeinden wurden seit 1995 zahlreiche Maßnahmen unterstützt. Dazu zählen neben Solarthermieanlagen, Holzpelletheizungen und Wärmepumpen im Eigenheim-Bereich auch drei Bürgersolarkraftwerke auf gemeinschaftlich genutzten Dächern, die eine Jahresproduktion von zusammen 62 Megawattstunden aufweisen.

Die AFK-Geothermie reiht sich ein in ein ganzes Cluster geothermischer Standorte in Bayern. Allein im Raum München sind neben der Anlage der AFK-Geothermie drei weitere Heiz­kraftwerke sowie drei Stromkraft­werke im Bau, die mittels Erdwärme betrieben werden; weitere Anträge laufen. Neu und zukunfts­weisend am geothermischen Heizkraftwerk der AFK-Geothermie GmbH ist die Kooperation der drei Kommunen Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim, die sich – dem Abstimmungs­aufwand zum Trotz – zusammengetan haben, um ihr Projekt zu verwirklichen.