Energie-Kommune des Monats: Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber

Februar 2012

Drei Landkreise mit etwa 400.000 Einwohnern, parteiübergreifende Arbeit mit 61 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Vorgaben und Absprachen mit Forstwirten und Ortsvorstehern - die Auflistung der beteiligten kommunalen Entscheider der Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber macht deutlich, dass eine interkommunale Zusammenarbeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energien einer logistischen Meisterleistung gleichkommt. Doch davon haben sich die baden-württembergischen Landkreise Hohenlohekreis, Main-Tauber-Kreis und Neckar-Odenwaldkreis nicht beirren lassen, als sie sich 2007 gemeinsam als Bioenergie-Region bewarben. Das verbindende Ziel: die vorhandenen Potenziale an regenerativen Energien nutzen, um zur Null-Emissions-Region zu werden. Der Bioenergie-Regionen-Wettbewerb des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fokussierte das gemeinsame Interesse und verstärkte die engagierten Bemühungen. Mit Erfolg: 2008 folgte die Ernennung zur „Bioenergie-Region“, eine von 25 in ganz Deutschland. Und schon heute können rein rechnerisch die 400.000 Einwohner der Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber mit Ökostrom aus der Region versorgt werden.

Eine Stelle für vielfältige Projekte
Um die gemeinsamen Interessen zu bündeln und die Organisation zu vereinfachen wurde die Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber GmbH gegründet. Der Geschäftsführer Sebastian Damm erklärt die Funktion der GmbH: „Unsere Aufgabe ist es, als Moderator aufzutreten und den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Wenn Probleme auftauchen helfen wir Lösungen zu finden, die allen gerecht werden und bringen die Verhandlungspartner an einen Tisch.“ Auf diese Weise konnten zum Beispiel auf Informationsveranstaltungen die Bedenken bezüglich der Flächenkonkurrenz von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen ausgeräumt werden. Dabei ist es wichtig, die einzelnen Interessengruppen einzubinden, im Falle der „Tank oder Teller“-Diskussion etwa die Kirchen, die zu einer sinnvollen Einigung beitrugen. Erst so fallen Entscheidungen über Parteigrenzen hinweg, so dass die Konsensfindung und die Projektumsetzung vereinfacht und beschleunigt werden. Inzwischen sind Projekte mit einem Investitionsvolumen von 30 Millionen Euro angestoßen worden, die für eine Vermeidung von knapp 50.000 Tonnen CO2 sorgten. 5 Millionen Liter Heizöl sparen die drei Landkreise dadurch ein und Kaufkraft von knapp 4 Millionen Euro pro Jahr bleibt in der Bioenergie-Region.

Erneuerbare Energien stärken den kommunalen Haushalt und den Mittelstand
Erneuerbare Energien bringen Wertschöpfung in die Region, das merkt auch Sebastian Damm: „Durch die dezentrale Verteilung der regenerativen Energieanlagen hat eigentlich jede beteiligte Kommune etwas davon. Während das 2005 abgeschaltete Kernkraftwerk in Obrigheim für kommunale Wertschöpfung sorgte, schaffen dies die Erneuerbaren in vielen Kommunen.“ Und durch die vorrausschauende Planung achtet die Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber GmbH auf ein sinnvolles Wärmenutzungskonzept bei Biogasanlagen. „Es war uns wichtig die überschüssige Wärme und den Wärmebedarf zusammenzubringen“, erklärt Geschäftsführer Damm. „ In vielen Kommunen wurden Genossenschaften gegründet, die den Bau eines Nahwärmenetzes finanzierten und teilweise sogar selbst ausführten. Auch mittelständische Unternehmen konnten mit eingebunden werden, da diese oft einen hohen Wärmebedarf haben.“ So sind bereits mehrere Null-Emissions-Gewerbegebiete entstanden. In Schöntal-Bieringen wird beispielweise das Werk eines führenden Herstellers von Motoren, Ventilatoren und Regelsystemen, mit der Abwärme einer Biogasanlage versorgt. Damit bleiben die Energiekosten günstig und die Produktion umweltfreundlich - ein entscheidender Standortvorteil.


Künftig im Doppelpack – Die Kooperation mit der Metropolregion Rhein-Neckar
Von dem aufgebauten Know-How in der Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber soll künftig die Metropolregion Rhein-Neckar profitieren. Als Zwillingsregion der Bioenergie-Region entsteht künftig die Möglichkeit, die erfolgreichen Ansätze der Region H-O-T auf die Metropolregion Rhein-Neckar zu übertragen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Das Ziel ist die Steigerung der regionalen Wertschöpfung, sowie der Aufbau und die Etablierung von Netzwerkstrukturen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Dabei werden in erster Linie das bürgerschaftliche Engagement gestärkt und Strukturen für eine aktive Bürgerbeteiligung geschaffen.

Energiepflanzen - Perspektive für die Land- und Forstwirte der Region
Aber nicht nur der Mittelstand profitiert von den Erneuerbaren. Auch für Landwirte bringt die Energiewende neue Wirtschaftsfelder. Die Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber setzt im Bereich der Energiepflanzen auf Innovationen. Obwohl durch die geringe Viehhaltung der Anbau von Mais nicht besonders ausgeprägt ist, setzen die drei Landkreise auf Alternativen. Ein Beispiel für eine alternative Energiepflanze ist die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum). Die mehrjährige Pflanze erreicht eine Wuchshöhe von etwa zwei Metern und ist vergleichsweise anspruchslos. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Acker ist das ganze Jahr über bewachsen, wodurch Bodenerosion vermieden wird. Die Blüten sind bei Bienen sehr beliebt und fördern die Artenvielfalt auf dem Acker. Außerdem muss nicht jedes Jahr neues Saatgut gekauft werden, denn die Silphie blüht etwa 15 Jahre lang. Zwar ist der Anbau derzeit noch in der Versuchsphase, denn die Silphie muss aufwendig vorgekeimt und als Jungpflanze auf den Acker gebracht werden, doch Dank des hohen Ertrags an Biomasse lohnt sich der Anbau, wie Feldstudien zeigen.

Neben der Silphie bieten Kurzumtriebsplantagen eine gute Möglichkeit die Versorgung mit fester Biomasse zu sichern, wie zum Beispiel in Schefflenz. Ergänzend zum Weizen und Raps werden hier auch Pappeln angepflanzt. Der Vorteil ist, dass Pappeln pro Jahr etwa drei Meter wachsen und somit zehn bis fünfzehn Tonnen Trockenmasse pro Hektar produzieren. Alle drei bis fünf Jahre kann geerntet werden, wobei die Wurzelstöcke im Boden verbleiben. Dadurch wird der Boden vor Erosion geschützt und es fallen nur geringe Kosten an, denn Pappeln brauchen weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel. Pappeln eignen sich gut zur Randbepflanzung von Ackerflächen und tragen somit zur Strukturierung bei. Außerdem erhöhen sie die Artenvielfalt, denn sie bieten Lebensräume für verschiedene Tier- und Pflanzenarten.
Innovative Anbaukonzepte, wirtschaftliche Zugkraft sowie die Moderation und Kooperation aus einer Hand, machen die Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber zu einem vorbildlichen interkommunalen Projekt.