Energie-Kommune des Monats: Pfaffenhofen an der Ilm

November 2017

Erfolgreiches Zusammenspiel lokaler Akteure treibt die Energiewende in Pfaffenhofen voran
Das Gemeindegebiet der bayerischen Stadt Pfaffenhofen an der Ilm zeichnet sich durch einen Anteil von 85 Prozent Wald und landwirtschaftlichen Flächen aus. Die knapp 26.000 Pfaffenhofener werden ihrer Verantwortung für den Umwelt- und Klimaschutz durch eine Vielzahl an Erneuerbaren Energien Projekten in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr gerecht. Den Erfolg hinter diesen Projekten erklärt sich Bürgermeister Thomas Herker durch die erfolgreiche Zusammenarbeit der lokalen Akteure: „Die Stadtverwaltung alleine kann nichts erreichen. Es bedarf letztendlich immer der Anstrengung vieler.“

Erstellung des Klimaschutzkonzeptes bot Grundlage für verstärktes Engagement
Auf Initiative des „Energie- und Solarvereins Pfaffenhofen an der Ilm“ konnte der Antrag für ein integriertes Klimaschutzkonzept im Jahr 2013 realisiert werden. „Unter der Einbindung vieler Bündnispartner, angefangen beim eigenen Stadtwerk, über die Energiegenossenschaft, Vertretern der örtlichen Wirtschaft bis hin zu Teilen der Bürgerschaft wurde das integrierte Klimaschutzkonzept erstellt, mit dem Ziel die CO2-Emission bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, auf drei Tonnen pro Bürger“, erläutert Thomas Herker. Mithilfe von lokalem Energiemanagement wird beispielsweise die Schaffung von Strukturen angestrebt, um den Energiebedarf der 30 kommunalen Liegenschaften zu senken. Das Klimaschutzkonzept ermöglichte zudem die Planung und Realisierung von mehreren Erneuerbare Energien Projekten vor Ort.

Meilensteine: Gründung der Energiegenossenschaft und Rekommunalisierung des Strom- und Gasnetzes
Pfaffenhofen organisiert die Energiewende erneuerbar, dezentral und in Bürgerhand: „Eine sozialgerechte Energiewende zu gestalten, mit dem Ziel eine demokratische, dezentrale, erneuerbare Energieversorgung für Pfaffenhofen aufzubauen ist unsere Aufgabe. Die Partizipation der Bürger an diesem Prozess gelingt durch unsere Bürgerenergiegenossenschaft mit rund 650 Mitgliedern und unseren Stadtwerken, womit die Wertschöpfung bei uns vor Ort bleibt“, freut sich Andreas Herschmann, Referent für Energie und Klimaschutz im Stadtrat.

2012 wurde mit der Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Pfaffenhofen eG ein Akteur für die direkte Beteiligung von Bürgern gegründet. Diese beitreibt seitdem Photovoltaikanlagen auf Dächern von kommunalen Gebäuden wie beispielsweise auf einem Carport am Bahnhof. Es werden 75 Haushalte mit Strom versorgt. Darüber hinaus ist das erste Bürgerwindrad mit einer Leistung von 3 MW und 6.177.000 Kilowattstunden Jahreswindertrag seit März 2016 in Betrieb. Die Gründung der kommunalen Stadtwerke im Jahr 2013 betrachtet Bürgermeister Herker als einen wichtigen Meilenstein bei der Umsetzung der Energiewende in Pfaffenhofen: „Wichtig für das Voranbringen der Projekte war insbesondere die Gründung eines kommunalen Stadtwerks mit dem Einstieg in den Strom- und Gasvertrieb auf Basis von Erneuerbaren Energien“. Seit 2016 gehört die Mehrheit der Konzessionsanteile von Strom- und Gasnetz in Pfaffenhofen den Stadtwerken: „Die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze brachte einen technisch sinnvollen Ausbau mit sich“, ergänzt Herker.

Pfaffenhofen profitiert von einer 70-prozentigen Erneuerbaren Stromversorgung aus knapp 900 Stromerzeugern. Biomasse stellt hierbei die wichtigste Energiequelle dar. Die Kommune geht mit gutem Beispiel voran: Der Strom für alle kommunalen Verbrauchsstellen stammt bereits aus 100 Prozent Erneuerbaren Energien, so können 1.500 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.

Für die Zukunft ist eine 100-prozentige Stromversorgung auf Basis von Erneuerbaren Energien geplant. Die Stadt Pfaffenhofen setzt daher unter anderem auf einen verstärkten Zubau von Photovoltaikanlagen mithilfe des bereits erstellten Solarpotenzialkatasters.

Positiver Bürgerentscheid unterstützt den Ausbau der Windenergie vor Ort
Die Bürgerenergiegenossenschaft arbeitet derzeit an der Umsetzung eines Bürgerwindparks mit drei Windenergieanlagen. Bei der Erstellung des Bebauungsplans wurde im Herbst 2016 ein Bürgerentscheid durchgeführt, 57 Prozent entschieden sich für den Bau des Windparks, welcher für Herbst 2018 geplant ist. Bürgermeister Herker macht deutlich: „Windkraft polarisiert immer, die Begeisterung hielt sich auch in Pfaffenhofen in Grenzen. Im gesamtstädtischen Kontext wurde jedoch deutlich, dass wir die gemeinsame Verantwortung haben, im eigenen Einzugsbereich das bestmögliche umzusetzen. Durch dieses Bewusstsein in der Bevölkerung ist der Bürgerentscheid positiv ausgefallen.“

Holzenergie setzt Akzente bei der Erneuerbaren Wärmeversorgung in Pfaffenhofen
Der Erneuerbaren Energien Anteil der Pfaffenhofer Wärmeversorgung liegt bei 35 Prozent. Die Wärmeversorgung von 150 Abnehmern  wurde durch ein 2001 in Betrieb genommenes Biomasse-Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Fernwärmenetz von Öl und Gas auf Erneuerbare Energien umgestellt. So sind sowohl Großverbraucher und Privathaushalte als auch kommunale Gebäude wie das Rathaus, das Bauamt, die Schulen und das Schwimmbad an das Netz angeschlossen. Das BHKW umfasst drei Heizkessel und erzeugt mit Holhackschnitzeln aus der Region 26,7 Megawatt (MW) Wärme und 6,1 MW Strom. Gas wird lediglich für die Spitzenlast benötigt. Durch das Biomasse-BHKW lässt sich der jährliche CO2-Ausstoß von 148.000 Tonnen im Vergleich zum Jahr 1990 um 65.000 Tonnen reduzieren. Zusätzlich nutzen die Pfaffenhofener, neben einem weiteren Holzkraftwerk mit Fernwärmenetz, auch kleine Anlagen auf Basis von Holzenergie, Biomasse, Klär- und Deponiegas, Solarthermie und Wärmepumpen.

In der Zukunft steht vor allem die Sanierung des Gebäudebestandes auf der städtischen Agenda. Darüber hinaus setzt die Kommune bei der Wärmewende auf den Ausbau von Solarthermie-Anlagen auf Dachflächen und auf die Wärmegewinnung aus Biogas, Abfallstoffen und Wärmepumpen.

Power-to-Gas Technologie zielt auf die Energiewende im Verkehr ab
Um den Sektor Verkehr in Pfaffenhofen auf die Umstellung auf Erneuerbare Energien vorzubereiten, wurden mehrere öffentliche Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos in Betrieb genommen. Die Kommune dient als Vorbild, da sich im Fuhrpark der Stadt und der Stadtwerke E-Autos und E-Bikes befinden. Darüber hinaus arbeiten die Stadtwerke Pfaffenhoffen gemeinsam mit der Stadt und der Energiegenossenschaft an einem Projekt zur Vergasung von Strom, um zukünftig Strom optimal speichern zu können. „Infinity One“ startete im Oktober 2017 und setzt auf die Power-to-Gas Technologie: Aus erneuerbaren Strom wird Wasserstoff erzeugt, um nach der Hinzugabe von Kohlendioxid in der örtlichen Kläranlage letztendlich mit Biomethan eine CO2-freie Alternative für rund 250 Gasautos zu schaffen. Die Bürgerenergiegenossenschaft geht derzeit davon aus, dass die Planungen bis 2020 umsetzbar sind, pro Jahr sollen dann circa 616.500 Kubikmeter Biomethan produziert werden.

Auf ihrem Weg zur fossilen Unabhängigkeit bleiben die Pfaffenhofener engagiert: Im Juli 2017 erkannte Pfaffenhofen, als eine der ersten bayerischen Kleinstädte, die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen an. So wurden konkrete Handlungsansätze entwickelt, die sich an den lokalen Nachhaltigkeitszielen orientieren. Zusammenfassend betont Herker: „Pfaffenhofen an der Ilm profitiert von der Tatsache handlungsfähig zu sein und Projekte im Energiebereich selbständig gestalten zu können. Das Gelingen der Planung bis hin zur Umsetzung kann jedoch nur funktionieren wenn alle Akteure eine gemeinsame Stoßrichtung verfolgen“.