Energie-Kommune des Monats: Rottweil-Hausen

Februar 2010

Hohe Akzeptanz für Biogasheizkraftwerk dank Bürgergutachten
Die alte Römerstadt Rottweil nutzt Biogas für die Wärme- und Stromproduktion. Vorbildlich war die Einbindung der Bevölkerung. Im Rahmen von Bürgerversammlungen erstellten die Anwohner ein Bürgergutachten und nahmen so aktiv an der Planung des Biogasheizkraftwerks teil. „Durch die Einbindung der Bevölkerung während der Planungsphase ist die Akzeptanz auch zwei Jahre nach der Inbetriebnahme sehr hoch“, betont Herbert Sauter, Ortsvorsteher des Stadtteils Hausen.

Ein Forscherteam der Universität Stuttgart begleitete den gesamten Entscheidungsprozess und ging der Frage nach: Wie kann die Akzeptanz in der Bevölkerung für eine Nahwärmeversorgung auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen erhöht werden. Das Forschungsprojekt der Universität Stuttgart ging von der Annahme aus, dass das bestehende Nahwärmenetz mit der Nutzung eines Biogasheizkraftwerks nur dann besser akzeptiert würde, wenn die Bevölkerung sich aktiv in den Planungsprozess einbringen könne. „Das Herzstück des partizipativen Verfahrens war ein Bürgergutachten“, erläutert Dr. Uwe Pfenning von der Universität Stuttgart. „Dabei wandten wir ein innovatives Element an, das sich im Nachhinein als sehr hilfreich erwies: In der empirischen Umfrage bei den Bürgern in Rottweil-Hausen fragten wir anfangs, wie die Bürgerinnen und Bürger an der Entscheidungsfindung beteiligt werden wollten.“ Die von den Befragten angeregte Arbeitsgruppe von einem guten Dutzend „Bürgergutachter“ – auch kritische waren darunter – konnte sich daher als legitimiert betrachten. Dies sei, so Pfenning, ein Grund für die engagierte und motivierte Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger gewesen.

Engagiertes Mitwirken der Bürger
Im Laufe von sieben Monaten kam die Arbeitsgruppe zu neun Arbeitstreffen und zwei Besichtigungen zusammen. Außerdem fanden zwei Bürgerversammlungen statt, die gut besucht waren. „Entscheidend für die aktive Beteiligung der Bürger war, dass sie den ganzen Prozess bis zur Entscheidung als ergebnisoffen wahrnahmen, denn die Vertreter der Energieversorgung Rottweil waren nicht stimmberechtigt und nur als Experten gefragt“, erklärt Pfenning. Die Arbeitsgruppe konnte sich die Schwerpunkte selbst setzen und war maßgeblich daran beteiligt, dass die zweite Bürgerversammlung sich dem Thema der Flächenkonkurrenz widmete. Unter den Bürgern gab es große Skepsis gegenüber der Verwendung von Nahrungs- und Futtermitteln zu Heizzwecken. Doch die Vorbehalte konnten durch die Informationsveranstaltungen ausgeräumt werden. „Die Rohstoffe werden auf ca. 250 Hektar angebaut. Für die Bewirtschaftung werden ausschließlich Flächen verwendet, die zur Stilllegung vorgesehen waren. Wir stehen daher nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion“, erklärt Küppers, Geschäftsführer der Energieversorgung Rottweil. Zum Abschluss des Projektes stellten die „Bürgergutachter“ und Wissenschaftler ihre Ergebnisse in einem gemeinsamen Bürgergutachten zusammen, das feierlich dem damaligen Oberbürgermeister Thomas Engeser übergeben wurde. Besonders das Verbot von Monokulturen, der Verzicht auf gentechnisch veränderte Pflanzen und die Notwendigkeit einer erhöhten Unabhängigkeit von globalen Energiemärkten wurde im Bürgergutachten gefordert.

Langfristige stabile Wärmepreise mit Biogas
Der Rottweiler Energieversorger begann 2007 mit dem Bau des Biogasheizkraftwerkes zur Nahwärmeversorgung und Stromerzeugung. Das Kraftwerk ging Anfang 2008 in Betrieb. Ausschlaggebend für die Errichtung des Biogasheizkraftwerks war das damals defizitäre Erdgasheizkraftwerk. Denn viele Bürger im Ort wollten die steigenden Wärmekosten nicht mehr bezahlen. Der Energieversorger musste handeln und machte sich auf die Suche nach kostengünstigeren Alternativen. Nach einer gründlichen Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten entschied man sich für die Biogasanlage. Die bei der Verstromung des Biogases entstehende Abwärme wird von dem örtlichen Energieversorger mir Hilfe eines Nahwärmenetzes zu den Kunden gebracht. „Für die Kunden konnte der bisherige Preis für die jährliche Wärmeversorgung gehalten werden. Das war uns sehr wichtig“, betont Küppers.

Das Biogasheizkraftwerk Rottweil-Hausen
Landwirte aus der direkten Umgebung liefern pro Jahr etwa 11.000 Tonnen Gras, Kleegras, Mais, Triticale, Weizen sowie Rindermist mit einer maximalen Anlieferungsdistanz von drei Kilometern und bringen die geruchsarmen Gärreste als Düngemittel wieder auf den Anbauflächen aus. „Die BMH Biomasse Hausen GmbH & Co. KG, ein Zusammenschluss von acht Landwirten als Rohstofflieferanten, produziert auf Ackerflächen die Biomasse für das Kraftwerk. Sie sichert somit für die 15jährige Vertragsdauer die betriebliche Existenz der Landwirte, stabile Rohstoffpreise und Planungssicherheit für die Betreiber der Biogasanlage“, hebt der Ortvorsteher Sauter hervor. Das durch Gärung entstehende Biogas wird in einem Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt. Der Gesamtwirkungsgrad liegt bei 84 Prozent. Der gewonnene Strom wird in das Netz eingespeist und deckt so den Bedarf von etwa 1.000 Haushalten. Die Wärme des Biogasheizkraftwerks heizt via Nahwärmenetz eine Schule und etwa 150 Wohngebäude.