Energie-Kommune des Monats: Schwäbisch Hall

Februar 2011

Die Vierzigtausendeinwohnerstadt Schwäbisch Hall liegt im Norden Baden-Württembergs. Um den Energiehunger der durch Dienstleistung geprägten Stadt zu stillen, setzen die Stadtwerke auf Erneuerbare Energien. Anstrengungen im Bereich der elektrischen Energieversorgung standen dabei in den letzten Jahren im Mittelpunkt. Wasserkraftanlagen wurden reaktiviert und die Photovoltaik gefördert, wie etwa der Solarpark „Solpark“ im Südosten der Stadt. Hinzu kommen ein paar Windräder. Doch in Zukunft möchten die Stadtwerke auch die Wärmeversorgung aus Erneuerbaren vor Ort bestreiten. „Die Stadtwerke Schwäbisch Hall sind bereits seit Jahrzehnten darauf ausgerichtet, Energie sicher und nachhaltig zu erzeugen. Da war es im Zuge des Zubaus Erneuerbarer Energien und von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nur konsequent, auch das Thema Biogas anzugehen und entsprechende Kooperationen mit den Landwirten einzugehen“, erläutert der Abteilungsleiter für Kraftwerke und Contracting Steffen Hofmann.

Landwirte vor Ort kooperieren
Der Landwirt Michael Reber war nach dem Verfall der Schweinefleischpreise auf der Suche nach einer neuen Einnahmequelle. Die Stadtwerke Schwäbisch Hall waren auf der Suche nach Produzenten von Erneuerbarer Wärme. „Wenn ein an Erneuerbaren Energien interessierter Energieversorger vor Ort ist, sollten Landwirte diesen offen auf die eigenen Planungen ansprechen“, rät Landwirt Reber. Die anfallende Schweinegülle war sowieso vorhanden. Zusätzlich pflanzt Landwirt Reber Mais und Weidelgras an. Für den regelmäßigen Betrieb der Anlage bezieht Reber Substrate von Nachbarn. „Die Größe der Anlage fördert die Kooperation mehrerer Höfe“, erklärt Reber. „Die Landwirtskollegen werden mit fairen Substratpreisen an der Wertschöpfung der Biogasanlage beteiligt und so wird auch kein Druck auf die Pachtmärkte ausgeübt.“ Die Anlage ermöglicht also vielen Höfen in der Region ein zweites Standbein. Ein Blockheizkraftwerk verstromt das Biogas in einem Motor und auch die Abwärme, die bei der Verstromung entsteht, wird vor Ort genutzt, um den Stall und den Hof zu beheizen.

Energiestraßen für die Stadt
Da die Biogasanlage aber deutlich mehr Gas liefert, als auf dem Hof verbraucht wird, überlegten sich die Stadtwerke, wie sie den Energieträger, das Biogas, zu dem Energieverbraucher, also der Stadt Schwäbisch Hall, transportieren konnte, ohne einen Energieverlust zu erleiden. Die Lösung war eine acht Kilometer lange reine Biogasleitung, die das Biogas in den nördlich von Schwäbisch Hall gelegenen Vorort Teurershof leitet. Erst hier wird das Biogas verstromt. Idealerweise musste kein komplett neues Kraftwerk errichtet werden, da in Teurershof bereits ein erdgasbetriebenes Heizkraftwerk stand. Einer der Motoren läuft nun mit Biogas. Die anfallende Abwärme wird in das bestehende Nahwärmenetz gespeist. „Die Basis für Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit und Preissicherheit ist eine dezentrale Versorgungsstruktur mit hohen Ansprüchen an die Verteilnetze, den Aufbau eigener Erzeugungskapazitäten in Verbindung mit langfristig verfügbaren und regionalen Energieträgern“, führt Hofmann die Strategie der Stadtwerke aus. „Nicht zuletzt profitiert auch der städtische Haushalt und damit jeder einzelne Bürger von wirtschaftlich erfolgreichen Stadtwerken.“

Die Zukunft ist erneuerbar
Um die Bevölkerung für die Erneuerbaren und die Konzepte von Stadtwerken und Stadt zu begeistern, gab es nach der Eröffnung der neuen Biogasleitung einen Tag der offenen Tür. Ein Shuttlebus fuhr die Strecke der Gasleitung bis zum Reberschen Hof nach. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Hall, Hermann-Josef Pelgrim, ist zuversichtlich, genug Anreize zu schaffen, um die Bevölkerung von der Notwendigkeit und den positiven Auswirkungen der Energiewende vor Ort zu überzeugen. Denn der Plan von Stadtwerken und Rathaus sieht vor, die Bevölkerung nicht vor geschaffene Tatsachen zu stellen, sondern gemeinsam mit den Einwohnerinnen und Einwohnern Wege und Lösungen für eine klimafreundliche, dezentrale und damit zukunftsfähige Energieversorgung zu schaffen. „Unser Ziel 100% Erneuerbare Energien bis 2030 braucht viele kleine Schritte, Biogas, Wasser, Wind, Sonne und mehr“, meint Oberbürgermeister Pelgrim mit Blick auf die Zukunft. Und für weitere kleine Schritte ist gesorgt: Im Heizkraftwerk Teurershof warten noch zwei weitere Gasmotoren auf den Betrieb mit heimischem Biogas.