Drei Tage für die Energiewende: Besuch aus Goražde in Greifswald
Der Besuch der Delegation aus Goražde in Greifswald im Rahmen des Projekts „Energiewende Partnerstadt 3.0“ zeigt eindrucksvoll, wie verbindend kommunale Zusammenarbeit über Grenzen hinweg sein kann. Zwischen Fachvorträgen, Wärmeplanung und einem Ausblick vom Deponiehügel entwickelte sich ein Dialog auf Augenhöhe – mit vielen Impulsen für eine nachhaltige Zukunft.
Mehr als 32 Stunden waren die Vertreter*innen für unser Projekt „Energiewende Partnerstadt 3.0“ aus Goražde in Bosnien-Herzegowina unterwegs, um ihre Partnerstadt Greifswald zu besuchen. 16 Stunden hin und 16 Stunden zurück. Ein ziemlich langer Weg, um sich über die Energiewende auszutauschen, doch die drei zusammen verbrachten Tage zeigten einmal mehr, wie wertvoll und verbindend das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt für alle Teilnehmenden ist.
Ankommen, Kennenlernen und erster Austausch
Nach mehreren Online-Treffen und einem Online-Workshop konnten sich endlich alle Beteiligten persönlich treffen. Ganz besonders freuten wir uns als AEE darüber, dass selbst der Bürgermeister Goraždes, Ernest Imamovic, mit nach Greifswald gekommen war, um sich mit dem dortigen Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder zu treffen. Neben einem bilateralen Austausch und einer Hafentour rundete ein gemeinsames Abendessen mit allen Vertreter*innen des Projekts den ersten Tag ab.
Fachlicher Fokus: Klimaschutz und Wärmeplanung
Der zweite Tag startete früh: um 8:30 Uhr begrüßte der 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters Achim Lerm die Gäste aus Goražde in der Stadtverwaltung Greifswald. Nach einem ausführlichen und spannenden Überblick über die Klimaschutzaktivitäten in der Kommune gab es einen Deep Dive in die „Regenerative Energieversorgung von Ein- und Zweifamilienhäusern bzw. Reihenhäusern“.
Herr Dr.-Ing Dorian Holz von der Firma Theta Concepts sprach über technische Lösungen zur Wärmeversorgung und zur Kühlung und ließ zum ersten Mal – auch für die anwesenden Vertreter*innen Greifswalds – einen tiefen Einblick in die Ergebnisse zur Wärmeplanung in Greifswald zu. Auswertungen zur sinnvollen Erweiterung des Fernwärmenetzes und Ausblicke auf notwendige weitere Erneuerbare Energien zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung spielten dabei genauso eine Rolle wie der durch die Auswertung der Daten sich manifestierende, fast schon notwendige und effektivste Einsatz von Wärmepumpen in manchen Siedlungen, Quartieren etc.
Ein Blick zurück: Die alte Deponie als Zukunftsort
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt an diesem Tag lag auf der früheren Mülldeponie Greifswalds. Nach über 30-jähriger Nutzung wurde diese 1996 geschlossen und präpariert. Zahlreiche Maßnahmen mussten ab 1996 ergriffen werden, um ein Oberflächenabdichtungssystem zu errichten und mit der Rekultivierung zu beginnen.
Eine Zeit lang wurde das in der Deponie entstehende Methangas verdichtet und in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Verstromung genutzt. Mittlerweile sind die Mengen des entweichenden Methangases aber zu gering. Ideen zur Nachnutzung des gesamten Areals, wenn es nicht mehr aktiv entgast werden muss, gibt es bereits.
Energiezukunft zum Anfassen: Besuch bei den Stadtwerken
Doch wie sieht die aktuelle Energie- und Wärmeversorgung der Stadt aus und wie soll sie weiterentwickelt werden? Dies erfuhren die Gäste aus Gorazde am letzten Tag des Austausches bei einem Besuch der Stadtwerke Greifswald. Geschäftsführer Thomas Prauße und Nils Patzenhauer, Manager für Klimanotstand und Zukunftsenergien, sprachen ausführlich über den aktuellen Einsatz Erneuerbarer Energien derStadtwerke und standen – genauso wie Berit Müller (Geschäftsführerin der DGS Berlin) – für sämtliche Fragen zur Verfügung.
Ein Teil der besprochenen klimafreundlichen Wärme- und Energieversorgung wurde im Anschluss bei einer Exkursion zum Energiestandort Helmshäger Berg sichtbar. Hier schlägt das Herz der Fernwärmeversorgung. Grundlage dafür ist die derzeit größte Freiflächensolarthermieanlage Deutschlands. 18.732 Quadratmeter groß ist die Bruttokollektorfläche mit einem jährlichen Wärmeertrag von 8,1 Gigawattstunden (GWh). Eine Großwärmepumpe, eine Power-to-Heat-Anlage und ein Heizkraftwerk mit Wärmespeicher runden den Energiepark ab.
Gespräche auf Augenhöhe
Das Treffen der Partnerstädte Greifswald und Goražde zeigte einmal mehr, wie wertvoll der direkte Austausch zwischen Kommunen und Entscheidungsträger*innen ist. Dabei ging es nicht nur um technologische Innovationen – im Mittelpunkt standen vor allem die persönlichen Erfahrungen beider Seiten bei der Umsetzung der Energiewende. Der Dialog eröffnete neue Perspektiven, förderte ein tieferes Verständnis füreinander und regte zum gemeinsamen Nachdenken über alternative Lösungswege an.
Solche Begegnungen schaffen Vertrauen, inspirieren und stärken den Willen, voneinander zu lernen und gemeinsam Zukunft zu gestalten – über Grenzen hinweg. Erste Pläne für die anstehende Reise der Vertreter*innen aus Greifswald nach Bosnien-Herzegowina im August wurden bereits geschmiedet – ein vielversprechender nächster Schritt auf dem gemeinsamen Weg zu einer nachhaltigen Zukunft.
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