Mythos #3: Dient Atomkraft der Versorgungssicherheit?

Nein! Fakt ist: Atomkraftwerke sind zu störanfällig und unflexibel, um zur Versorgungssicherheit in einem erneuerbaren Energiesystem beizutragen.  

Im schlimmsten Fall bedeuten Atomkraftwerke ein tödliches Sicherheitsrisiko, wie Tschernobyl und Fukushima bewiesen haben. Davon abgesehen, ist aber auch ihr Beitrag zur Energieversorgungssicherheit nicht so groß und zuverlässig, wie manch einer es gerne hätte. Diese Erfahrung muss gerade die europäische Atomnation Frankreich wiederholt machen. Ein Beispiel war die winterliche Kältewelle im Februar 2012, in der das französische Energiesystem mit seinen vielen Stromheizungen und seinem hohen Atomkraftanteil an seine Grenzen kam, während Deutschland in der Lage war, die europäische Energieversorgung durch Energielieferungen nach Frankreich und in die Schweiz zu stützen.  Auch Anfang 2017 gingen in Frankreich nur deswegen nicht die Lichter aus, weil Spanien und Deutschland aushalfen, den hohen Strombedarf während einer Kältewelle bei gleichzeitigem Stillstand mehrerer AKW zu decken. Die jüngste Serie von Meldungen über die mangelnde Zuverlässigkeit der alternden Atomkraftwerke in Frankreich gibt es seit Ende 2021. Zeitweise standen 17 von 56 Atomkraftwerken gleichzeitig still. Ein Grund dafür war, dass einige AKW aufgrund akuter Sicherheitsmängel außerplanmäßig abgeschaltet werden mussten. Der französische Kernphysiker Bernard Laponche, der die Atomkraft in Frankreich seinerzeit mit aufbaute und über viele Jahre die französische Regierung in Energiefragen beriet, warnt heute vor der Nutzung der Atomkraft und vor allem vor weiteren Laufzeitverlängerungen bestehender Kraftwerke. Er habe verstanden, dass ”die Atomkraft keineswegs eine saubere und sichere Energiequelle ist”, stattdessen müsse man auf Energiesparen und Erneuerbare Energien setzen.   

Ein anderer Aspekt ist die Frage, inwieweit Atomkraftwerke eine gute Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien darstellen. Sind sie geeignet, die schwankende Verfügbarkeit von Wind und Sonne auszugleichen? Eigentlich sind AKW auf einen kontinuierlichen Betrieb in der Grundlast ausgelegt, aber können sie auch flexibel betrieben werden? Mit diesem Thema, im Fachjargon als “Lastfolgefähigkeit” bezeichnet, hat sich das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) intensiv auseinandergesetzt. Hintergrund waren die im Jahr 2010 beschlossenen (und nur wenige Monate später wieder kassierten) Laufzeitverlängerungen deutscher Atomkraftwerke. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass der sogenannte Lastfolgebetrieb von AKW sowohl sicherheitstechnische als auch ökonomische Auswirkungen hat. Zwar lassen sich AKW in einem begrenzten Bereich nahe ihrer Nennleistung flexibel regulieren, im praktischen Betrieb wird jedoch ein Unterschreiten von 50 bis 60 Prozent der Nennleistung vermieden. Jeder Lastzyklus belastet das Material durch Temperatur- und Druckwechsel in Kühlkreisläufen oder häufige Betätigung von Steuereinrichtungen. Bei häufiger Wiederholung kommt es zu Ermüdungserscheinungen. Außerdem sind AKW sehr kapitalintensiv, schon aus wirtschaftlichen Gründen müssen sie daher viele Volllaststunden laufen. Nicht nur das TAB, sondern auch aktuelle Studien kommen daher zu der Einschätzung, dass AKW mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien nicht zusammenpassen. Atomkraftwerke sind schlicht nicht flexibel genug zu betreiben, um eine gute Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien darzustellen. Entsprechend wären bei weiteren Laufzeitverlängerungen hohe Abregelungen der Erneuerbaren Energien zu erwarten, wie auch Carolin Dähling von Green Planet Energy es ist unserem Video-Interview darstellt.  


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