"Klimaschutz ist oft ein abstraktes Konzept und es ist ein langer Weg, bis jede Handlung darauf ausgerichtet ist."

Jennifer May ist seit Juli 2022 Referentin für Energiewirtschaft bei der AEE. Wir sprechen mit ihr über ihre vorherige Anstellung als Klimaschutzmanagerin in einer Kommune in Rheinland-Pfalz sowie ihren Wechsel zur Agentur für Erneuerbare Energien.

Sie waren zwei Klimaschutzmanagerinnen in der Bad Dürkheim und sollten das 2019 beschlossene Klimaschutzkonzept und dessen Umsetzung begleiten. Was hat Sie daran gereizt?

Ich fand es sehr spannend, in einer Kommune zu arbeiten und Projekte direkt dort umzusetzen, wo sie auch ihre Wirkung haben. Im Studium arbeitet man sehr viel theoretisch und abstrakt – in der Kommune setzt man hier sein Wissen ganz praktisch und mit viel Hands-on Mentalität um.

War Ihre Werdegang schon früh auf so eine Position ausgelegt?

Ich habe mich schon vorher für den Klimaschutz eingesetzt und wollte nach meinem Studium auf jeden Fall in diese Richtung gehen. Dass ich in einer Kommune lande, hätte ich erst mal nicht gedacht. Durch ehrenamtliche Tätigkeiten hatte ich Erfahrung im Projektmanagement, dadurch hat die Stelle einfach zu mir gepasst.

Wie sah Ihr Arbeitsalltag aus?


Mein Arbeitsalltag war sehr unterschiedlich, keiner war wie der andere. An einem ruhigen Tag habe ich viel eigenständig an meinen Projekten gearbeitet: Konzepte geschrieben, Veranstaltungen organisiert oder mit Dienstleistern zur Umsetzung von Projekten kommuniziert. Ein Arbeitstag konnte aber auch mal stressiger werden: mit vielen Terminen und Absprachen mit dem Bürgermeister, dem Klimabeirat oder lokalen Vereinen;  mit Vor-Ort Begehungen von Gebäuden, die nachhaltig saniert werden sollen, oder mit einer Gremiensitzung, die vorbereitet werden musste.

Womit hätten Sie, als Sie die Position angetreten sind, nicht gerechnet?

Obwohl ich in die vielen Instanzen der Verwaltung eingebunden war, konnte ich sehr viel eigenständig arbeiten. Wir hatten das Klimaschutzkonzept und natürlich unsere Chefs und Gremien, mit denen wir Rücksprache halten mussten. Prinzipiell hatten wir aber auch großen Handlungsspielraum in unserer alltäglichen Arbeit.

Wie wurde Ihre Arbeit bei den anderen Verwaltungsmitarbeiter*innen aufgenommen?

In dem Fachbereich, in dem ich angestellt war (Bauen und Umwelt), wurde vorher schon sehr viel für den Klimaschutz getan, insbesondere in der Gebäudesanierung. Wir wurden somit als Unterstützung angesehen und konnten Projekte umsetzen, die sonst nicht zustande gekommen wären. Wir haben uns aber auch bemüht, dass uns andere Fachbereiche ernstnehmen und uns als wichtige Stelle wahrnehmen. Klimaschutz ist oft ein abstraktes Konzept und es ist ein langer Weg, bis es in allen Fachbereichen so sehr verankert ist, dass jede Handlung darauf ausgerichtet ist.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes?

Für ein Projekt mussten immer sehr viele Akteure einbezogen werden: Bürger*innen, Ausschüsse, Beiräte und die Verwaltung an sich. Bis man sich durch alle Instanzen gekämpft hat, vergeht viel Zeit. Alle Beteiligten wollen natürlich auch mitreden, es gibt immer etwas zu kritisieren und zu verbessern und einen Kompromiss zu finden ist nicht immer einfach. Gleichzeitig muss man auch viel Kritik von allen Seiten einstecken können, denn Klimaschutz ist oftmals für viele Menschen ein emotional aufgeladenes Thema. Die vielen Grundsatzdiskussionen haben die konkrete Umsetzung von unseren Projekten oft erschwert. Zudem haben auch wir schon den Personalmangel vor allem im Handwerk gemerkt und konnten daher Projekte nicht immer so schnell umsetzen, wie wir es gerne getan hätten. Gerade beim Ausbau von erneuerbaren Energien waren wir natürlich auf Fachpersonal angewiesen, das oftmals einfach nicht da war.

Gibt es ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind oder das Sie sehr gern begleitet haben, falls ja, warum?

Wir haben im Rahmen unsere Solarstrategie einige Maßnahmen umgesetzt, die auf den Ausbau von PV in Bad Dürkheim abgezielt haben. Beispielsweise haben wir kostenlose Solardach-Checks für Bürger*innen angeboten, um sie von der Wirtschaftlichkeit von PV zu überzeugen. Umfassendere Energiechecks haben wir auch in Zusammenarbeit mit der Energieagentur für Unternehmen angeboten. Dabei wurden dann konkrete Maßnahmen zur Energieeffizienz und zur Nutzung von Erneuerbaren Energien vorgeschlagen. Wenn sich dann eine Bürger*in oder ein Unternehmen aufgrund unseres städtischen Angebots für Erneuerbare Energien entschieden hat, waren wir immer etwas stolz.

Mittlerweile arbeiten Sie bei uns als Projektleiterin (Referentin) , wie kam es zu dem Wechsel?

Mein größtes Interesse galt immer der Energiepolitik und insbesondere den Erneuerbaren Energien. Als Klimaschutzmanagerin habe ich nur einen kleinen Teil meiner Zeit in dieses Gebiet investiert, bei der AEE kann ich mich voll und ganz diesem Thema widmen.  

Was würden Sie jungen Menschen, die sich für Klimaschutzmanagement interessieren, mit auf den Weg geben?

Gerade für junge Menschen ist es wichtig, sich nicht von den Hierarchien in der Verwaltung einschüchtern zu lassen. Mit etwas Sturheit kommt man auch nach einer langen Reise ans Ziel und auch langjährige Verwaltungsmitarbeiter können noch viel von jungen Menschen lernen. Man sollte eine einigermaßen dicke Haut haben und sich auch mal durchsetzen können. Generell lohnt es sich auf jeden Fall in Verwaltungen zu bewerben, denn nicht alle Vorurteile stimmen. Außer, dass freitags nach 13:00 Uhr niemand mehr arbeitet. Damit hatte ich persönlich nie ein Problem.