Energie-Kommune des Monats: Murrhardt

Murrhardt setzt bei der Energiewende vor Ort auf den Ausbau der Nahwärme, die in bislang fünf Heizwerken mit Holzhackschnitzel- und Erdgaskesseln sowie Erdgas-Blockheizkraftwerken erzeugt wird. Allein der Einsatz von Holzenergie in den beiden Heizwerken in der Weststadt (2014 errichtet) und der Fritz-Schweizer-Straße (2009 errichtet) spart 280.000 Liter Heizöl pro Jahr ein.
Das integrierte kommunale Klimaschutzkonzept zeigt seit 2012 den Weg auf, wie die Murrhardter ihren Kohlendioxid-Ausstoß in Zukunft weiter reduzieren können.

Die Stadt Murrhardt mit ihren rund 14.000 Einwohnern liegt im Zentrum des schwäbisch-fränkischen Waldes im Landkreis Rems-Murr. Jeder von ihnen verursacht im Jahr 7,3 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Um Wege zu finden, den Klimaabdruck der Murrhardter zu verringern, hat die Stadt ein integriertes kommunales Klimaschutzkonzept im Februar 2012 fertiggestellt. Es basierte auf einer 2008 erarbeiteten Studie mit dem Titel „Murrhardt regenerativ“ über die regenerative Zukunft der Stadt Murrhardt, welche die Potenziale Erneuerbarer Energien auf der Gemarkung analysiert. Die Studie war die Basis für das Klimaschutzkonzept, das die Bürgerinnen und Bürger in verschiedenen Arbeitsgruppen vorbereitet haben. Das Klimaschutzkonzept stellt verschiedene Maßnahmen vor, die Murrhardt auf dem Weg zu mehr Klimaschutz durchführen kann. Nach und nach setzen Gemeinde und Bürger diese Maßnahmen um; außerdem kommen immer wieder neue Bausteine dazu.

Nahwärmeversorgung mit Hackschnitzelwärme

Die Stadtwerke Murrhardt betreiben vier Heizwerke, in denen Gas- oder Ölkessel mit Holzhackschnitzelkesseln kombiniert werden. Eine fünfte Anlage, welches über ein Nahwärmenetz das Heinrich-von-Zügel-Gymnasium und umliegende Anrainer versorgt, besteht aus Gaskessel, Holzhackschnitzelkessel und Blockheizkraftwerk  – dort wird also neben Wärme auch noch Strom produziert. Die gesamte installierte Wärmeleistung aller Heizwerke beträgt mittlerweile sechs Megawatt. In der Saison 2014/2015 haben die fünf Anlagen ca. 3,9 Millionen Kilowattstunden Wärme produziert. Insgesamt benötigen sie dafür rund 6.000 Schüttraummeter Hackschnitzel pro Jahr. Alleine in den zwei Heizwerken Weststadt und Fritz-Schweizer-Straße mit ihrer Nennleistung von 1.000 Kilowatt kommen ca. 3.500 Schüttraummeter zum Einsatz. Die Verwendung von Holz ersetzt in diesen beiden neuen Anlagen pro Jahr 280.000 Liter Heizöl.


Diese Anlagen sind 2015 vorhanden:
•    Heizwerk „Fritz-Schweizer-Straße“: 700 Kilowatt Gaskessel + 400 Kilowatt Holzhackschnitzelkessel = 1.100 Kilowatt,
•    Heizkraftwerk „Weststadt“: 2 x 460= 920 Kilowatt Gaskessel + 600 Kilowatt Holzhackschnitzelkessel + 100 Kilowatt thermisch, BHKW = 1.620 Kilowatt,
•    Heizwerk „Walterichschule“: 2 x 460 Kilowatt Gaskessel + 300 Kilowatt Holzhackschnitzelkessel = 1.220 Kilowatt,
•    Heizkraftwerk „Gymnasium/Trauzenbachhalle“: 2 x 500 Kilowatt Gaskessel + 400 Kilowatt Holzhackschnitzelkessel + 20 Kilowatt thermisch, BHKW = 1.420 Kilowatt,
•    Heizwerk „Brunnen II“: 1 x 450 Kilowatt Ölkessel+ 200 Kilowatt Holzhackschnitzelkessel = 650 Kilowatt,

Die Holzschnitzel werden aus maschinell zerkleinertem Waldrestholz, Landschaftspflegeholz, Käferholz sowie aus Restholz der holzverarbeitenden Industrie gewonnen. Der Rohstoff stammt vor allem aus dem Murrhardter Wald und wird von hiesigen Waldbauern geliefert. Die Kooperation zwischen Stadtwerk und Waldbauern koordiniert der Maschinenring Rems-Murr. In der Regel handelt es sich um minderwertige Holzsortimente wie Unterwuchs, Durchforstungsholz, Baumwipfel oder Schlagabraum. Alleine aus dem städtischen Forst und dem Privatwald auf Murrhardter Gemarkung lassen sich ca. 2/3 der benötigten Gesamtmenge jedes Jahr bereitstellen.

Indem Holz aus der Umgebung genutzt wird, sind die Transportwege kurz, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wird deutlich geringer. Die Wertschöpfung von Holz und Arbeitskräften bleibt in Murrhardt bzw. im Landkreis. Die Land- und Forstwirte, die Holz liefern, können ein zusätzliches Einkommen erzielen, insbesondere bei der Holzaufarbeitung und der Lieferung. 

Die Anlagen versorgen über Nahwärmenetze Ein- und Mehrfamilienhäuser, zwei Seniorenheime, Gewerbebetriebe, das Ärztehaus sowie einige öffentliche Liegenschaften wie zum Beispiel die fünf Schulen und die Feuerwehr.

Das Stadtwerk fördert jeden Anschluss an die Nahwärme mit  einen "Sofort-Anschluss-Bonus" in Höhe von 2.000 Euro, wenn der Anschluss in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Neubau einer Wärmeleitung steht. Die Förderung wird unterstützt von der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW, wenn unmittelbar nach dem Anschluss eines Gebäudes auch ein Wärmelieferungsvertrag zustande kommt.

Bürgersolaranlagen

In Murrhardt werden bislang sieben Bürgersolaranlagen betrieben:
•    21,38 kWp auf dem Betriebsgebäude der Stadtwerke (2008 errichtet)
•    54,8 kWp auf drei Dächern des Feuerwehrhauses (2009 errichtet)
•    20,41 kWp auf dem Lagergebäude der Stadtwerke (2009 errichtet)
•    9,16 kWp auf dem Dach des Gymnasiums (2010 errichtet, kristallin aufgeständert)
•    10,8 kWp auf dem Dach des Gymnasiums (2010 errichtet, Si-dünnschicht, flach verlegt)
•    7,7 kWp  Wasserhochbehälter Siebenknie (2010 errichtet)
•    32,76 kWp monokristalline Module auf drei Trackern in der Kläranlage (2012 errichtet)

EnergieGenossenschaft Murrhardt (EGM) eG i.G.

Seit Gründungsbeginn geht es der EnergieGenossenschaft Murrhardt (EGM) darum, die bürgerschaftliche Energiewende weiterzuentwickeln. Die Genossenschaft ist der nachhaltigen Energienutzung und der Umsetzung von „Murrhardt regenerativ“ verpflichtet. Mitglieder können Bürger, Organisationen und Unternehmen werden. Die Genossenschaft bündelt Aktivitäten und schafft Möglichkeiten, Geschäftsbereiche und Energieanlagen in Gang zu setzen, die zu klein sind, um von Beginn an eine eigenständige Struktur als eingetragene Genossenschaft oder in einer anderen Gesellschaftsform aufzubauen. Dieter Schäfer, Vorsitzender der Genossenschaft: „Wir wollten zeigen, dass durch bürgerschaftliches Engagement eine Fortentwicklung der Energiewende in Richtung lokaler Selbständigkeit, lokaler Strommärkte, und lokaler Verantwortung für das Ganze möglich ist.“

Die Genossenschaft plant daher, eine Windenergieanlage auf dem Springstein bei Murrhardt-Siebenknie zu errichten. Wenn die Baugenehmigung 2016 erteilt würde, soll der erzeugte Strom mit einer eigenen Strommarke über einen eigenen Vertrieb vermarktet werden. Bevor es soweit ist, kooperiert die Genossenschaft mit der netzkauf EWS eG in Schönau, deren Strom die Genossenschaft und der eigenen Strommarke verbreibt. Es geht der Genossenschaft um ein Recht auf Selbstversorgung, also darum, vor Ort produzierten Strom auch vor Ort zu verbrauchen. „Davon versprechen wir uns bei einer gerechten Einbettung in ein ökologisch orientiertes Energieversorgungssystem ausreichend lokale/regionale Wertschöpfung für einen sicheren Ausbau aber auch für bezahlbare Strompreise für unsere Mitglieder und Mitbürger“, so Schäfer.

Bis es soweit ist, vertreibt die Genossenschaft als Strom-Dienstleister Ökostrom, welchen sie von den Elektrizitätswerken Schönau bezieht. Dafür hat Schäfer einen eigenen Markennamen für den Ökostrom festgelegt: Die Murrhardter können aus dem Zentrum des Schwäbischen Walds „Schtrom“ beziehen. Mit „Schtrom“ verfolgt die Genossenschaft ein ehrgeiziges Ziel: Sie will möglichst viele Kunden und Mitglieder gewinnen und Nachfrage schaffen, um rasch das Windkraftprojekt Springstein verwirklichen und dort selbst Strom erzeugen zu können.

Für die Zukunft plant die EGM, einen lokalen Strom-Marktplatz aufzubauen, wobei der benötigte Strom komplett vor Ort erzeugt und verbraucht werden soll.