Energie-Kommune des Monats: Schipkau

März 2012

Auf dem Gebiet des brandenburgischen Schipkau war einst die Energieversorgung der DDR beheimatet - die Gemeinde liegt mitten im Lausitzer Revier. Hier lagerten die wichtigen Braunkohlereserven dicht unter der Oberfläche und wurden von riesigen Schaufelbaggern abgebaut. Dafür wurden nicht nur Unmengen an Erd- und Gesteinsmassen bewegt, sondern auch 136 Orte von der Landkarte getilgt. Als die Braunkohle abgebaggert war, blieben die riesigen Löcher und eine völlig zerstörte Landschaft. „Die Grenze des Tagebaus Klettwitz verlief dicht an der Ortsgrenze von Schipkau entlang“, berichtet Klaus Prietzel, Bürgermeister der 7.100-Einwohner*innen-Gemeinde. „Teile von Schipkau und Klettwitz verschwanden völlig. Die Menschen mussten damals umgesiedelt werden“, erklärt Bürgermeister Prietzel. „Da, wo sich jetzt die Windmühlen drehen und den Jahresverbrauch an Strom von knapp 50.000 Haushalten produzieren, klaffte ein 70 Meter tiefes Loch im Boden.“

Klimaschutz im Braunkohlerevier

Auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus Klettwitz werden seit 1999 Windenergieanlagen errichtet. Der Untergrund besteht aus Abraum aus dem Tagebau und stellt eine technische Herausforderung für die Ingenieure da. Da es jedoch auch an fruchtbarem Boden fehlt und kaum Grundwasser existiert, ist eine Konkurrenz mit landwirtschaftlicher Nutzfläche ausgeschlossen. Die 50 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 100 Megawatt entstanden in vier verschiedenen Bauabschnitten über mehrere Jahre. Für die ältesten Anlagen steht demnächst ein Repowering an. Die Anzahl wird sich von 50 auf 37 Anlagen reduzieren. Der Windpark in Klettwitz ist aber nicht nur ein wichtiger Beitrag der Region zum Klimaschutz - die Anlagen vermeiden etwa 120.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr. Er ist gleichzeitig eine Attraktion für Besuchergruppen. Nach vorheriger Anfrage ist das Besteigen eines Windrads möglich - Panoramarundblick inklusive.

Von der Spitze des Windrads aus erkennt man die Narben, die die Braunkohlebagger in der Landschaft der Lausitz hinterlassen haben und die nach der Wende als Folgelandschaft neugestaltet wurden. Einer dieser Riesen steht heute auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus Meuro, das seit 2011 einen der größten Solarparks Europas beherbergt. „Die 300.000 Solarmodule und 2.555 Wechselrichter sorgen für genug Strom, um etwa 17.500 Haushalte zu versorgen“, ergänzt Prietzel. „Und der Solarpark bildet gemeinsam mit dem Bagger als Industriedenkmal ein Ausflugsziel für Besucher.“ Die Erben des industriellen Zeitalters treffen auf die Boten einer nachhaltigen Hightech-Welt. Und während Bagger die Landschaft zerstörten, sind Windräder und Solarmodule ein Teil der Folgelandschaft in der Lausitz.

Wirtschaftliches Erbe

Mit der Ausbeutung der Braunkohlevorkommen war auch ein Verlust der Wirtschaftsleistung in der Region verbunden. Die leeren Löcher im Boden gingen mit verlorenen Arbeitsplätzen einher. Die Menschen wanderten aus Schipkau ab. Die Gewerbesteuereinnahmen durch die Erneuerbaren Energien ermöglichten es der Gemeinde, ihre Infrastruktur zu verbessern und so die Attraktivität von Schipkau als Wohnort wieder zu erhöhen. Und auch die Pachteinnahmen, die zum Beispiel an die Großräschener Agrargenossenschaft eG fließen, halten die Wertschöpfung vor Ort. Außerdem bestehen Planungen, die Energie vor Ort zu vertreiben und durch eine sichere Preispolitik Gewerbe in der Region zu binden. Auch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft ist sich zunehmend der eigenen Verantwortung für die Folgen des Tagebaus bewusst und versucht, den Städten und Kommunen Alternativen zu eröffnen.

Für die Gemeinde Schipkau selbst gehört diese Verantwortung für das Klima und die nachfolgenden Generationen zur eigenen Handlungsmaxime. Unter dem Stichwort „Innovativer Energieort“ bringt die Kommune selbst Photovoltaikanlagen auf kommunale Dächer. Energetische Sanierung sowie effiziente und dezentrale Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung, also der Erzeugung von Strom und Wärme, gehören auch dazu. Auch das Thema erneuerbare Mobilität steht in Schipkau auf der Tagesordnung.

Nachhaltiger Rennspaß

Neben dem Solarpark Meuro bietet Schipkau auch den Lausitzring als spektakulären Tourismusmagnet. „Bei Autorennen denken die wenigsten an Klimaschutz“, weiß auch Bürgermeister Prietzel. „Wir versuchen aber, den Lausitzring zu einem ökologischen Vergnügen zu machen. Dazu zählen die Biogasanlage, die für Strom und Wärme sorgt, die Solarports, die jedes Jahr etwa 1.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid vermeiden und Pläne, Rennen mit Elektroautos zu veranstalten.“ Hinzu kommt eine neue Windenergieanlage in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke, die zu den leistungsstärksten in Europa gehören wird.

Schipkau zeigt, dass Erneuerbare Energien den Wohnwert und die touristische Attraktivität von Kommunen und Region nicht einschränken, sondern durch die Einbindung der Anlagen in ein Gesamtkonzept sogar zu attraktiven Ausflugszielen und nebenbei noch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Region werden können.