Wasserstoff als Sektorenkopplungselement

Zum Erreichen der Ziele des nationalen Klimaschutzplans 2050 – im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen – ist der Einstieg in die Wasserstofftechnologie unverzichtbar. Der große Vorteil in der Nutzung des Energieträgers Wasserstoff liegt darin, dass erneuerbare Energie über lange Zeiträume gespeichert werden kann. Zudem kann Wasserstoff einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr effizient zu koppeln. Der Beschluss einer Nationalen Wasserstoffstrategie sowie die Förderung vielfältiger Wasserstoff-Modellregionen (z.B. „Reallabore der Energiewende“ und „HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“) zeigen den wachsenden Bedarf an Wasserstofftechnologien.

Entscheidend bei der Entwicklung einer nachhaltigen Wasserstoffstrategie sind vor allem zwei Faktoren:

  • Der Aufbau einer integrierten Wasserstoffinfrastruktur, die im Einklang mit der Nachfrage und dem voranschreitenden Ausbau der regenerativen Erzeugungskapazitäten wächst.
  • Eine Wasserstofferzeugung, welche langfristig auf 100 % CO2-neutralen Wasserstoff abzielt.

In der jüngst verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie werden diese Punkte in verschiedenen Maßnahmen aufgegriffen. Explizit ist festgehalten, dass für eine erfolgreiche Energiewende ausschließlich grüner Wasserstoff langfristig geeignet ist. Zudem wird geprüft, ob die grüne Wasserstoffproduktion von Steuern, Abgaben und Umlagen befreit werden kann – insbesondere von der EEG-Umlage. Das verstärkte Ausschreiben von Flächen für Wasserstoff- und Power-to-X Produktion aus Offshore Windenergie ist ein erster Schritt in Richtung des manifestierten Ziels von 5 Gigawatt (GW) installierter Elektrolyseleistung bis 2030. Der Nationale Wasserstoffrat, bestehend aus Expert*innen der einzelnen Einsatzbereiche, berät und unterstützt den Ausschuss der Staatssekretäre für Wasserstoff, damit das Budget von insgesamt 9 Milliarden Euro für den Markthochlauf bedarfsgerecht investiert wird.

Aufbau einer integrierten Wasserstoffinfrastruktur
Die schrittweise Etablierung einer integrierten Wasserstoffinfrastruktur lässt sich im Wesentlichen anhand von drei Phasen beschreiben.

Kurzfristig (bis ca. 2025) – Einstiegsphase
In der Einstiegsphase liegt der Schwerpunkt auf der Vernetzung relevanter Akteure sowie in der Initiierung erster Wasserstoffprojekte. Die Machbarkeit wird mit Hilfe von Pilotanlagen demonstriert. Wasserstoff findet vorrangig in den Sektoren Verkehr (ÖPNV und Schwerlastverkehr) sowie in der Industrie Anwendung. Zudem gilt es, einen energiepolitischen Rahmen für wirtschaftliche Anwendungen zu schaffen und eine Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern im Energiesektor anzustoßen.

Mittelfristig (bis ca. 2035) – Ausbauphase
In der zweiten Phase ist die Umstellung oder Weiterentwicklung bestehender Strukturen wie des Strom-, Gas- und Wärmenetzes von essenzieller Bedeutung. Der Aufbau CO2-neutraler Wasserstoff-Erzeugungskapazitäten, wie z.B. Elektrolyseure oder Anlagen zur Biomassevergasung, wird forciert. Stationäre Brennstoffzellen-KWK-Anlagen werden zunehmend zur Versorgung von Gebäuden und Quartieren mit Strom und Wärme eingesetzt. Im Verkehrssektor findet Wasserstoff verstärkt Anwendung in Nutzfahrzeugen und Pkw.

Langfristig (nach 2035) – Flächendeckende Umsetzung
In der letzten Phase wird sukzessive eine flächendeckende und vernetzte Wasserstoffinfrastruktur errichtet, die große Mengen an Gas speichern und dadurch temporäre und saisonale Schwankungen einer volatilen erneuerbaren Energieerzeugung ausgleichen kann. Neben der heimischen Erzeugung wird zur Deckung des Bedarfs CO2-neutraler Wasserstoff importiert. Durch die Vernetzung über Wasserstoffpipelines wird die Versorgungssicherheit weiter erhöht.

(Foto: Grafik/ www.emcel.com/ CC-BY-SA)

Möglichkeiten zur Erzeugung von Wasserstoff
Gegenwärtig kursieren verschiedene Bezeichnungen wie grüner, grauer, blauer und türkiser Wasserstoff. Diese Kennzeichnungen beziehen sich auf die Erzeugung und die damit verbundenen direkten und indirekten CO2-Emissionen.

Grüner Wasserstoff
Grüner Wasserstoff wird ausschließlich aus regenerativen Energieträgern erzeugt. Dazu wird vorrangig das Verfahren der Wasserelektrolyse genutzt, bei dem Wasser mit Hilfe von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Weitere Möglichkeiten, grünen Wasserstoff zu erzeugen, bestehen in der Vergasung und Vergärung von Biomasse sowie der Reformierung von Biogas. All diese Verfahren sind CO2-neutral.

Grauer Wasserstoff
Die Produktion von grauem Wasserstoff erfolgt mittels fossiler Energieträger. Gängigstes Verfahren in Deutschland ist die Dampfreformierung, bei der Erdgas unter Einfluss von Wasserdampf und Wärme in Wasserstoff und CO2 umgewandelt wird. Auch die Elektrolyse mit dem aktuellen deutschen Strommix wird aufgrund der hohen CO2-Emissionen als grau bezeichnet.

Blauer Wasserstoff
Die Herstellung von blauem Wasserstoff ist in Bezug auf den Einsatz der Primärenergie gleichzusetzen mit der Herstellung von grauem Wasserstoff. Der Unterschied der Farbkennzeichnung liegt darin, dass das frei gewordene CO2 unterirdisch mit Hilfe der CCS-Technik (Carbon Capture Storage) gespeichert oder in der Industrie weiterverarbeitet wird. Dadurch kann der Wasserstoff bilanziell als CO2-neutral betrachtet werden.

Türkiser Wasserstoff
Türkiser Wasserstoff wird durch die Methanpyrolyse hergestellt, bei der Methan in einem thermochemischen Verfahren in festen Kohlenstoff und gasförmigen Wasserstoff zerlegt wird. Sofern die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus regenerativen Energieträgern bereitgestellt wird, handelt es sich bilanziell um ein CO2-neutrales Verfahren.

Beispielprojekt – Wasserstoff Rheinland
Das Ingenieurbüro EMCEL bietet seit nunmehr einem Jahrzehnt Beratungs-, Engineering- und Service-Dienstleistungen speziell zu den Themenfeldern Brennstoffzelle, Wasserstofftechnologie und Elektromobilität an.

EMCEL erstellte als Projektleitung ein Feinkonzept zum großskaligen Rollout von Wasserstofftechnologien im Projekt „H2R – Wasserstoff Rheinland“. Mit dem Feinkonzept nimmt die Region am Wettbewerb „Modellkommune/-region Wasserstoff-Mobilität NRW“ teil, der die Umsetzung von Wasserstoffprojekten fördert und die oben beschriebenen Phasen adressiert.

Ansprechperson
Jan Völpel
Key-Account-Manager EMCEL GmbH
jv@emcel.com
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Fotos: www.emcel.com CC-BY-SA