Energie-Kommune des Monats: Gemeinde Buttenwiesen

März 2023

Die 6300 Einwohner*innen zählende Gemeinde Buttenwiesen liegt im Regierungsbezirk Schwaben im süd-westlichen Teil von Bayern. Wenngleich nicht ganz so lang wie die 800-jährige Geschichte des Ortes blickt man in Buttenwiesen auf zwei Jahrzehnte der Erfahrung im Bereich der energetischen Transformation zurück. In der Gemeinde ist die Energiewende fest verankert – mehrfach wurden die ambitionierten Erneuerbare Energien-Projekte des Ortes bereits ausgezeichnet. Alles begann 2012 mit den ersten Biogasanlagen und der Einsicht, dass diese zwar Strom produzieren können, die dabei erzeugte Wärme jedoch verloren geht. Engagierte Gemeindemitglieder wollten dieses Potenzial nicht länger ungenutzt lassen. Die produzierte erneuerbare Wärme der Anlagen wird deshalb seit 2012 der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Davon profitieren Betreiber*innen und Gemeinde gleichermaßen. Während erstere einen Vorteil aus der gesteigerten Wertschöpfung ziehen, treibt die Gemeinde die kommunale Wärmewende voran; außerdem bleibt generierte Wertschöpfung in der Kommune. In Folge dieser Erwägungen wurde das erste Nahwärmenetz verlegt – „in aller Laienhaftigkeit“, wie der Bürgermeister der Kommune, Hans Kaltner, es beschreibt. Dann hat das im Ort ansässige Unternehmen GP Joule die Sache in die Hand genommen und schon Ende 2012 die ersten Häuser angeschlossen.

Luftaufnahme des Firmengeländes eines vor Ort ansässigen Unternehmens mit Anschluss ans Nahwärmenetz sowie PV- und Biogasanlagen im Hintergrund (Foto: Eckhart Matthäus/ www.em-foto.de).

Große Nachfrage nach erneuerbarer Wärme – Buttenwiesen und GP Joule bauen Wärmenetz aus

Verlegung des Nahwärmenetzes durch GP JOULE in Buttenwiesen (Foto: GP JOULE).Das Unternehmen ist Träger des Bayerischen Gründerpreises 2011, des Umweltpreises der Wirtschaft Schleswig-Holstein 2019 und des German Renewables Award 2020. Als ein Pionier im Bereich Sektorenkopplung gründeten GP Joule sowie die Kommunalverwaltung als Gemeinschaftsprojekt die Renergiewerke. 55 Prozent daran gehören den Buttenwiesener*innen, 45 Prozent dem Unternehmen. Die Renergiewerke zählen heute insgesamt 153 Anschlussstellen, die zuverlässig mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Ein ganz wichtiger Schritt sei das gewesen, meint Bürgermeister Kaltner und erläutert: „Als Verwaltung hat man einen jährlichen Etat – es ist nicht möglich, ein Projekt über zwanzig Jahre hinaus zu denken und zu finanzieren. Da hat ein Unternehmen ganz andere Möglichkeiten“. Gründer sowie Geschäftsführer von GP Joule, Heinrich Gärtner, selbst Landwirt aus Buttenwiesen, sei anfangs wegen seiner großen Ideen noch belächelt worden. Auch für ihn waren die Renergiewerke ein Pilotprojekt. Die Akzeptanz vor Ort musste zunächst durch Überzeugungsarbeit erarbeitet werden. Während einige Buttenwiesener*innen schon früh an das Wärmenetz angeschlossen werden wollten, lehnten andere das Vorhaben in den Anfangsjahren ab. Heute hat sich der Wind jedoch gedreht. Stark gestiegene Energiepreise gepaart mit der langfristigen Unsicherheit auf den Energiemärkten seit Beginn des letzten Jahres haben auch bei ehemals Unwilligen ein Umdenken bewirkt. Bürger*innen profitieren von einer bezahlbaren und klimafreundlichen Wärmeversorgung und so wächst das Netz stetig. Momentan arbeiten die Renergiewerke Buttenwiesen an einem mehrjährigen Ausbauplan, der sich neben den Straßenzügen in Buttenwiesen auch mit dem Ausbau der Ortsteile Wortelstetten und Lauterbach sowie der dafür benötigten Erweiterung der Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien wie Sonne und Wind befasst. Perspektivisch wird auch eine Großwärmepumpe (Luft-Wärme) in Buttenwiesen bzw. im Ortsteil Wortelstetten Wärme liefern. Aber nicht nur für Hausbesitzer*innen rechnet sich die günstige Wärme – auch größere Betriebe heizen jetzt nachhaltig. So bezieht etwa „Das große Wäschehaus Erwin Müller“ für seinen Firmenneubau bereits die Wärme aus der Region. Weitere Bestandsgebäude werden noch in diesem Jahr angeschlossen.

Zwei Neubausiedlungen (eine umfasst 12 Gebäude, die andere 30) wurden direkt an das Netz angeschlossen – und zwar verpflichtend. Der Gemeinderat diskutierte lange darüber, dann wurde beschlossen, dass die Kosten für Wärme genau wie für Wasser und Abwasser Teil des Bauplatzpreises werden. Dahinter steht das Ziel, alle sieben Ortsteile künftig mit Fernwärme zu versorgen.

Erfolg für die Energiewende – Buttenwiesen versorgt sich vollständig selbst mir grünem Strom

Buttenwiesener Solarfeld mit den drei Windenergieanlagen der Kommune (Foto: Eckart Matthaeus: www.em-foto.de).Die Erneuerbaren vor Ort (drei Windenergieanlagen, zwei Solarparks, fünf Biogasanlagen, Bürgersolardächer auf allen geeigneten öffentlichen Gebäuden, drei Wasserkraftwerke) liefern bereits zweieinhalb mal so viel Strom, wie die gesamte Gemeinde samt Gewerbe verbraucht. Die bereits vorhandenen Windenergieanlagen wurden vor rund 15 Jahren ohne Einbindung der Gemeinde von einem privaten Investor aufgestellt, allein die Grundstücksbesitzer profitieren von der Pacht. Ein Modell, das der Bürgermeister nicht weiter verfolgt, da es deswegen in den Folgejahren zu Akzeptanzproblemen in der Gemeinde gekommen ist. Ein neues, noch in Planung befindliches Windrad wird bis 2024 von den Renergiewerken gebaut werden und jeder in der Bevölkerung wird Anteile daran kaufen können. Damit stellt die Gemeinde sicher, dass produzierte Wertschöpfung in der Region bleibt und die Akzeptanz der Buttenwiesener*innen weiter gesichert wird.

Auch die Solarenergie hat in der Gemeinde eine lange Erfolgsgeschichte. Vor mehr als 18 Jahren gründete sich ein kleiner Verein mit der Idee, alle geeigneten Dächer öffentlicher Gebäude mit Solarmodulen zu bestücken, mit Erfolg. Heute ist das Projekt abgeschlossen und alle geeigneten Dächer mit PV-Modulen bestückt. Gerade wird eine große PV-Anlage geplant auf einem Hallendach der Kläranlage im Ortsteil Lauterbach. Der produzierte erneuerbare Strom wird nach Fertigstellung die Stromkosten im Eigenverbrauch der Kläranlage mindern.

Klimaschutzmanager*in berät Buttenwiesener*innen in Zukunft zur kommunalen Energiewende

Jüngst wurde eine Stelle für eine*n Klima(schutz)manager*in beantragt – dafür gibt es einen Zuschuss vom Bund. Die Person wird eine Vollzeitstelle haben und soll Eigenheimbesitzer beraten, ihre Hausdächer für Solarenergie nutzbar zu machen. „Um die Energiekosten zu senken und die Energie vom Dach künftig auch für ein Elektroauto zu nutzen“, so die Vorstellung des Bürgermeisters. „Da kann man einen brutalen Gewinn machen“, während man mit Öl und Gas nur noch verlieren könne. Sobald die Stelle besetzt sei, könnten neue Herausforderungen im Bereich der Energiewende angegangen werden, für die die Verwaltung der kleinen Gemeinde aktuell keine weiteren Kapazitäten hat. Die neue Fachkompetenz wird in Zukunft helfen, die guten Ideen der Gemeinde noch besser zu verwirklichen. „Alles ist machbar“, sagt der Bürgermeister. „So eine Gemeinde ist ja ein riesiger Bauchladen, da gibt es viele Anliegen und für einige braucht man auf jeden Fall einen guten Partner.“

Schon in der Vergangenheit konnte sich die Gemeinde auf ihre Partner*innen für die Umsetzung der Energiewende verlassen. Insbesondere handele es sich bei GP Joule „um einen Glücksgriff“, resümiert der Bürgermeister. Der Unternehmensgründer habe die Potenziale der Erneuerbaren früh erkannt. Durch seine Ideen sei viel an Wertschöpfung in den Ort gekommen. Alles, was an Projekten realisiert würde, rechnet sich – wenn auch manchmal erst nach vielen Jahren. So ist aus dem kleinen Ein-Mann-Unternehmen GP Joule über die Jahre ein internationaler Player der Energiewende geworden. Dadurch wurden bis heute zahlreiche Arbeitsplätze in der Gemeinde geschaffen. Auch die Renergiewerke haben sich vor Ort etabliert. Sie feiern in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum und angesichts dieses Jahrestags sinniert Kaltner: „Es braucht Pioniere und Individualisten und starke Partner, die Dinge voranbringen können, die ein Bürgermeister oft erst nach zähem Ringen seinen Gemeinderäten verkaufen kann.“

Insofern ist die Idee, die Energieversorgung einer Gemeinde gemeinsam zu organisieren, ein Konzept, bei dem die Rechnung aufgeht und von dem alle profitieren. Nicht zuletzt das Klima: Buttenwiesen spart mit den Erneuerbaren und der nachhaltigen Wärmeerzeugung pro Jahr rund 2.000 Tonnen CO2 ein.

Weitere Informationen zum Projekt Forum Synergiewende finden Sie hier: https://www.unendlich-viel-energie.de/projekte/forum-synergiewende/projekt-forum-synergiewende