Energie-Kommune des Monats: Landkreis Oldenburg

April 2023

Südlich der gleichnamigen kreisfreien Stadt erstreckt sich der Landkreis Oldenburg kreisförmig auf einer Fläche von 1.064 Quadratkilometern im westlichen Niedersachsen. Der Kreis bietet aufgrund der küstennahen Lage und seiner vielfältigen Landschaft – im Kreis finden sich unter anderem Marsch-, Moor-, Altmoränenlandschaften – einer Vielzahl von geschützten Tieren sowie Pflanzen einen Rückzugsort. Damit das auch in Zukunft so bleibt, treibt der Landkreis Oldenburg mit Landrat Dr. Christian Pundt und der engagierten Klimaschutzmanagerin Manuela Schöne die Energiewende voran. Erklärtes Ziel ist, durch die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes die kreiseigenen Treibhausgasemissionen zunächst bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2012 zu senken. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien arbeitet der Landkreis zudem intensiv an der Dekarbonisierung der kreiseigenen Landwirtschaft. Aber auch die Landwirt*innen aus Region sind mit vollem Engagement dabei: Über den Kreislandvolkverband Oldenburg e.V. bringen sie sich in die Diskussion ein und gestalten die Energiewende in der Landwirtschaft aktiv mit.

Das Kreishaus des Landkreises von oben mit PV-Dachanlagen (Foto: Landkreis Oldenburg)

Energiewende im Landkreis erfreut sich zunehmender Beliebtheit

Auszeichnung des Landkreises zur 'Klimaaktiven Kommune' 2017 (Foto: Difu/ Peter Himsel).Wichtige Grundlage für nachhaltige Transformation ist das 2014 erstellte integrierte Klimaschutzkonzept des Landkreises, für dessen Umsetzung die Klimaschutzmanagerin Manuela Schöne verantwortlich ist. 69 Maßnahmen wurden in den Handlungsfeldern energieeffizientes Bauen, Sanieren und Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien in Unternehmen, Mobilität im ländlichen Raum, Kommune als Vorbild sowie Bildung und Öffentlichkeitsarbeit zunächst identifiziert und im letzten Jahrzehnt umgesetzt. Ein Engagement, das auch über die Kreisgrenzen hinaus nicht unbemerkt geblieben ist. „Erfreulicherweise wurde der Landkreis Oldenburg bereits zweimal beim bundesweiten Wettbewerb ‘Klimaaktive Kommune’ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ausgezeichnet - im Jahr 2015 für das Projekt ‘Regionales Energiemanagement kommunal’ und im Jahr 2017 für die ‘Kooperation in der Landwirtschaft’“, erzählt Manuela Schöne. Die Klimaschutzmanagerin des Kreises betont weiter: „Das wäre ohne engagierte Akteure im Landkreis Oldenburg nicht möglich gewesen.“

Abgesichert werden diese Erfolge durch die Bürger*innen vor Ort. Über Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit werden diese aktiv in die Transformation des Kreises einbezogen. Von der Etablierung von Repair-Cafés in allen acht Kommunen im Kreis, über verschiedene Wettbewerbe – wie beispielsweise die „Gelbe Sack Challenge“, den Wettbewerb „Klimafreundliche Gärten und Balkone im Landkreis Oldenburg“ –  oder zahlreiche Aktivitäten in den Schulen des Kreises  werden Jung und Alt gleichermaßen zum Teil der Transformation. Der Landkreis selbst tritt außerdem als Vorbild auf. So werden alle kreiseigenen Gebäude stückweise energetisch saniert, die Kreisverwaltung setzt auf E-Mobilität und auf immer mehr kommunalen Gebäuden stellen PV-Dachanlagen erneuerbaren Strom bereit.

Die Verkehrswende erleben mit dem Bürgerauto im Landkreis (Foto: Landkreis Oldenburg/ Manuela Schöne).Gerade deswegen hat sich der Wind im lokalen Klimaschutz in den letzten Jahren im Landkreis gedreht. Zuletzt konnte man das im kommunalen Wahlkampf 2021 beobachten: Klimaschutz war eines der bestimmenden Themen. Dieser Zuspruch beflügelt wiederum das Engagement der Verwaltung: „Mich begeistert die wachsende Zahl von Menschen, die durch unsere Klimaschutzprojekte bereits erreicht wurden und unsere Arbeit unterstützen. Klimaschutz wird zunehmend wahr und ernst genommen ... das motiviert“, resümiert Klimaschutzmanagerin Schöne. Der steigende Zuspruch drücke sich nicht zuletzt in den zunehmend ambitionierten Bestrebungen des Kreises aus. Aktuell arbeitet die Kommunalverwaltung an der Anpassung des Klimaschutzkonzeptes. Diese zielen darauf ab, die angestrebte Klimaneutralität der Kommune von 2050 um fünf Jahre vorzuverlegen. Eine ambitionierte Zielsetzung, die ohne den Rückenwind aus der Bevölkerung nicht möglich gewesen wäre.

Diese Dynamik setzt sich beim Ausbau der Erneuerbaren Energien fort. Auf dem Gebiet des Landkreises wird inzwischen mehr als doppelt so viel Strom produziert, wie vor Ort verbraucht wird. Allein die 130 Windenergieanlagen besitzen eine Produktionskapazität von 280 Megawatt. Zusätzlich dazu befinden sich weitere 16 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 79 Megawatt in Bau bzw. in der Genehmigung. Erklärtes Ziel des Kreises ist es, bis 2026 Vorranggebiete für den Bau von Windenergieanlagen auszuweisen, die 2,2 Prozent der Fläche des Landkreises ausmachen, und so die aktuell ausgewiesene Fläche von 1,1 Prozent des Kreisgebietes zu verdoppeln. Weitere 150 Megawatt Erzeugungskapazitäten werden durch PV-Anlagen bereitgestellt. Zusätzlich produzieren 63 Biogasanlagen auf dem Kreisgebiet verlässlich eine Grundversorgung von 69 Megawatt Strom.

Klimaallianz und Landwirt*innen sichern die Transformation

Die Biogasanlagen des Landkreises produzieren jedoch nicht nur Erneuerbare Energie, sondern sind gleichzeitig zentraler Baustein für die Dekarbonisierung der Landwirtschaft. Entsprechend der deutschen Klimaschutzplanung sollen in den Anlagen 60 bis 70 Prozent des in der Tierhaltung anfallenden Wirtschaftsdüngers – in Form von Gülle oder Mist – in Biogasanlagen als Substrat zum Einsatz kommen. So wird zum einen Biogas produziert und das bei der Vergärung der Reststoffe anfallende Methan nicht in die Luft freigesetzt. Deutschlandweit landet jedoch weiterhin zu wenig Gülle in den Biogasanlagen der Landwirt*innen. Hier setzt die Klimaallianz – eine Kooperation zwischen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dem Landkreis Oldenburg und dem Kreislandvolkverband Oldenburg – an.

Eine von über 140 erstellten Klimaschutzbilanzen im Landkreis. Diese sind Augangspunkt für eine ökologische Umstellung der Betriebe (Foto: Landkreis Oldenburg/ Manuela Schöne).Die Klimaallianz in der Landwirtschaft wurde im Landkreis Oldenburg 2016 initiiert. Diese hilft den Landwirt*innen des Kreises auf dem Weg zur Transformation. Bis heute wurden 140 einzelbetriebliche Treibhausgasbilanzen für landwirtschaftliche Betriebe durchgeführt sowie in über 20 Fachvorträgen Möglichkeiten zum Klimaschutz in der Landwirtschaft vorgestellt. In einer 2019 durchgeführten Studie zur Ist-Situation der Biogaserzeugung wird deutlich, dass das Biogas-Potenzial im Landkreis noch nicht ausgeschöpft ist. Hierfür müssten auch die nötigen Anreize zum wirtschaftlichen Betrieb maßgeblich durch bundesdeutsche Rahmenbedingungen gesetzt werden.

Mit dem Boden von gestern und den Pflanzen von heute für das Klima von morgen

Das hält die Landwirt*innen des Landkreises aber nicht davon ab, auch in anderen Bereichen den Klimaschutz in der Landwirtschaft zu stärken. Vertreten werden diese zusammen mit den Branchenkolleg*innen der Städte Oldenburg und Delmenhorst vom Kreislandvolkverband Oldenburg e.V. Der Verband stärkt die Positionen der regionalen Landwirt*innen, organisiert aber auch Veranstaltungen, in denen neue oder neu-entdeckte Ansätze zur Reduzierung des klimatischen Fußabdruckes im Landwirtschaftssektor vorgestellt werden. Im März wurden beispielsweise in der Auftaktveranstaltung „Moderner Zwischenfruchtanbau in konservierenden Ackerbausystemen“ der Vortragsreihe „Wanderfeldtage im Landkreis Oldenburg“ unter dem Motto „Mit dem Boden von gestern und den Pflanzen von heute für das Klima von morgen“ die Vorteile und Möglichkeiten von konservierender Bodenbearbeitung vorgestellt und mit den Landwirt*innen des Kreises sowie Vertreter*innen der Landtechnik diskutiert. Das Konzept der konservierenden Bodenbearbeitung an sich ist nicht neu, jedoch weiterhin im Bewusstsein von vielen Stakeholder*innen kaum verbreitet. Grundsätzlich geht es bei konservierender Bodenbearbeitung darum, die landwirtschaftlichen Nutzflächen möglichst schonend zu bearbeiten. Dies geschieht dadurch, dass auf das Wenden des Bodens möglichst verzichtet wird. Das Vermeiden von Eingriffen verhindert die Erosion der Böden und schützt diese vor Austrocknung. Diesen Ansatz kombiniert die Vortragsreihe mit weiteren Methoden, die in der ökologischen Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Das Konzept zielt darauf ab, in einem ganzheitlichen System Lösungen zu präsentieren. Nicht einzelne Methoden, sondern deren Kombination in ein Gesamtsystem ermöglichen die nachhaltige Transformation. Es werden Bearbeitung, Wirtschaftsweise sowie Fruchtfolgen in den Blick genommen, die in ihrer Gesamtheit den Boden stärken, die Notwendigkeit von Wirtschaftsdüngern reduzieren und gleichzeitig ein ökonomisches Wirtschaften sicherstellen.

Bereits heute gibt es im Landkreis Landwirt*innen, die auf mechanische Bodenbearbeitung vollständig verzichten. Die angebauten Pflanzen werden dann im Direktsaatverfahren ausgebracht. Hier wird die Saat ohne Pflügen unmittelbar nach der Ernte in das unbearbeitete Brachland eingebracht. Die Biomasse der geernteten Kultur verbleibt auf dem Acker und dient als Mulch. Ziel ist es dabei den Boden so wenig wie möglich zu bewegen. Dafür werden im sogenannten „Controlled Farming“ feste Fahrgassen angelegt. Das schützt den Boden außerhalb der Gassen vor Verdichtung. Langfristig werden so Stück für Stück die landwirtschaftlichen Produktionsverfahren im Landkreis an die Klimaveränderungen angepasst. Der Verband begleitet die Landwirt*innen dabei auf ihrem Weg und setzt positive Impulse, um damit eine heimische, regionale Produktion als Grundlage für den Übergang auf klimaschonende Produktionsmethoden zu schaffen.

Das bürgerschaftliche Engagement wird zusätzlich vom Landkreis eingerahmt. Seit 2021 kann dieser sich Öko-Modellregion nennen. Das bereits seit einigen Jahren in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg erfolgreich etablierte Instrument wurde 2020 von Niedersachsen übernommen. Ein Jahr später wurde der Landkreis nach erfolgreicher Bewerbung zur Modellregion. Ziel des vom Land geförderten Projektes ist gleichfalls die Stärkung ökologischer Anbaumethoden sowie nachhaltiger Landbewirtschaftungsformen. Durch die Schaffung einer eigenen Stelle in der Kreisverwaltung stärkt diese die Landwirt*innen beim Aufbau eines Netzwerkes im Kreisgebiet sowie zu den umliegenden Städten Oldenburg und Bremen. Gleichzeitig profitieren die Landwirte von der fachlichen Expertise der Kreisverwaltung, da sie jetzt direkt über den Ansprechpartner vor Ort zum Beispiel bei der Akquise von Fördergeldern unterstütz werden.