Landwärme für ehemalige Bergarbeitersiedlung

Die erfolgreiche Wärmewende ist kein Selbstläufer. Den Wärmebedarf im für den Klimaschutz erforderlichen Umfang zu senken, erneuerbare Wärmetechnologien jenseits der Bioenergie dynamisch zu entwickeln und den Stromverbrauch für Wärmeanwendungen in Grenzen zu halten, stellt eine große, aber machbare Aufgabe dar. Dabei ist zu beachten, dass die Wärmeversorgung viele unterschiedliche Akteure betrifft – vom Stadtwerk über die Gebäudeeigentümer bis hin zu den Mietern. Zudem ist sie stark regional bzw. lokal strukturiert, denn Wärme lässt sich ohne große Verluste nicht über weite Strecken transportieren. Eine faire Kosten- und Nutzenverteilung, zum Beispiel zwischen Eigentümern und Mietern, wird aufgrund des hohen Anteils an Mietwohnungen in Deutschland für die Akzeptanz und die praktische Umsetzung der Wärmewende essenziell sein.

Die Gemeinde Benndorf, mit ihren knapp 2.200 Einwohnern, liegt an den Ausläufern des Südharzes, am Rande der „Mansfelder Mulde“ und im Zentrum des Landkreises Mansfeld-Südharz. Nach der Gebietsreform 2010 ist die Gemeinde Teil der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra mit sieben weiteren Mitgliedsgemeinden (Ahlsdorf, Blankenheim, Bornstedt, Helbra, Hergisdorf, Klostermansfeld, Wimmelburg) mit insgesamt 15.537 Einwohnern. Benndorfs Geschichte ist vor allem vom Bergbau geprägt. Schon im 13. Jahrhundert rangen die Bewohner dem Boden Kupfer, Silber und Erze ab. In den 1950er und 60er Jahren dominierte der industriell betriebene Bergbau des drittgrößten Arbeitgebers der DDR, dem VEB Mansfeld Kombinat, die Landschaft und das Gemeindebild. Die Halde „Fortschritt“ sowie die Arbeiterwohnsiedlung erinnern noch an diese Zeit. Nun sind die Benndorfer schon seit einigen Jahren dabei, ein neues Kapitel aufzuschlagen: Die Entwicklung hin zur klimaneutralen Gemeinde.

Ein neues Kapitel wird aufgeschlagen

Energie_vom_Land_hält_warm_Benndorf_Paul_Langrock_72dpi„Jetzt beginnen wir hier etwas Neues mit der Nutzung von Biogas, Solarstrom und mit kluger Energiepolitik im Verbund mit anderen“, sagt Bernd Skrypek, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra. „Bei unseren Bemühungen um den Ausbau der Erneuerbaren Energien haben wir schnell erkannt, dass die Aufgaben nur gemeinsam lösbar sind.“ Reger Austausch herrscht mit den Kollegen aus den anderen sieben Gemeinde der Verbandsgemeinde. Denn die Herausforderungen – strukturschwache Region, Bevölkerungsrückgang, Kosten durch Energieimporte – sind für alle die gleichen. Gemeinsam arbeiteten sie zusammen mit den Bürgern an einem integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept. Über Probleme und Lösungsansätze für die kommunale Energiewende tauschten sich die Benndorfer Gemeindevertreter außerdem regelmäßig mit ihren Kollegen der hessischen Gemeinde Wolfhagen aus.

Die Energie- und Klimapolitik der Gemeinde Benndorf orientiert sich am eigenen energie- und klimapolitischen Leitbild. Es umfasst u.a. das Ziel, die CO2-Emissionen der Gemeinde bis zum Jahr 2020 um 45 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, die Kraft-Wärme-Kopplung auf einen Anteil von 100 Prozent am Stromverbrauch auszubauen und den Anteil Erneuerbarer Energien bei Strom auf 100 Prozent und bei Wärme auf 50 Prozent zu erhöhen. Die Verbandsgemeinde arbeitet an einem eigenen Klimaschutzkonzept. Im August 2016 wurde ein Maßnahmenkatalog veröffentlicht, welcher Vorschläge zu Projekten enthält, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz zu verbessern.

Nachhaltiges Wohnen

Neben den Gemeindevertretern ist auch die 1994 gegründete Benndorfer Wohnungsbaugesellschaft mbH ein wichtiger Akteur für die lokale Energiewende. Das kommunale Unternehmen bewirtschaftet die 650 Wohnungen in einer ehemaligen Bergarbeiterwohnsiedlung. An der Baugesellschaft halten die Gemeinde Benndorf 74 Prozent und die Gemeinde Klostermansfeld 26 Prozent der Anteile. Aufgrund dieser Verteilung ist es der Gemeinderat, der Einfluss auf die Entscheidungen rund um die Wohnsiedlung und damit um einen der größten Energieverbraucher der Gemeinde, nehmen kann. Mit großem Erfolg, wenn man die bereits realisierten Projekte betrachtet:

An das Nahwärmenetz, das seit 1995 die Wohnsiedlung mit ihren rund 650 Wohnungen mit Wärme versorgt, ist eine Biogasanlage angeschlossen, deren Abwärme genutzt wird, um klimafreundlich 4.000 Megawattstunden Warmwasser und Heizenergie pro Jahr bereitzustellen. Die zusätzliche Ölheizung kommt seit dem Anschluss der Biowärme nur noch in Spitzenlastzeiten im Winter zum Einsatz. Es bestehen bereits Ideen, sie zukünftig durch ein Blockheizkraftwerk zu ersetzen. Die Abwärme einer Biogasanlage zu verwenden, nutzt allen Beteiligten: Es verbessert sich nicht nur die Energieeffizienz der Anlagen, sondern es bietet auch Einkommensmöglichkeiten für landwirtschaftliche Betriebe und schafft Entwicklungsmöglichkeiten für den ländlichen Raum. Die Abnehmer profitieren von preiswerter sowie umwelt- und klimafreundlicher Wärme.

Die Arbeiterwohnsiedlung ist auch der Ort, wo 2007 die erste Photovoltaikanlage der Gemeinde errichtet wurde. Auf die Dächer verteilen sich Panele mit einer Gesamtleistung von 235,55 Kilowatt peak (kWp). 2009 kam die zweite Anlage hinzu. Rein bilanziell war damit schon die CO2-Neutralität des Ortes sichergestellt. 2012 schließlich kam eine dritte Anlage mit einer Leistung von 322,46 kWp hinzu, die so konzipiert wurde, dass mindestens 50 Prozent des erzeugten Stroms vor Ort selber genutzt werden kann. Da zwischenzeitlich auch die zweite Anlage zum Teil auf Eigennutzung umgestellt wurde, liegt der Eigenverbrauch aller drei Anlagen bei rund 33 Prozent. Den restlichen Anteil speisen die Anlagen ins öffentliche Netz ein. Die Gewinne der Anlagen fließen direkt in den Haushalt der Benndorfer Wohnungsbaugesellschaft und werden dort für die weitere energetische Ertüchtigung der Bergarbeitersiedlung eingesetzt.

Die Inhalte dieses Artikels stammen aus der Broschüre Energie vom Land hält warm der Agentur für Erneuerbare Energien.

Bildquelle
Paul Langrock